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Sieben Uraufführungen

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Im Zyklus „Österreichisches Musikschaffen der Gegenwart“ (Tonkunst-lerorches.ter unter Kurt Wöß) hörten wir unter fünf Werken drei Uraufführungen. Das Konzert für Oboe, Streichorchester und Harfe von Fritz Skorzeny bietet der Oboe (und dem Oboisten: hier Manfred Viellechner) eine breite Plattform der Entfaltung ihrer selten genutzten solistischen Möglichkeiten, dies, allerdings trotz echt musikantischen Schwunges zuweilen auf Kosten harmonischer Spannungen, immer aber in melodisch gesättigtem Fluss*e. Sechs heitere Claudius-Lieder für eine tiefe Männerstimme und Orchester von Robert L e u k a u f beweisen einen sicheren In-strumentalisten von aparten und humorigen Einfällen, überladen jedoch die harmlosen Verse mit Klangmassen, gegen die sich die schöne und tragende Stimme Kurt Ruzickas kaum durchsetzen konnte. Die vom Rhythmus marschierender Massen sichtlich inspirierte Symphonie in B von Marcel Rubin zeigt einen knappen und begabten Gestalter, der auch Gegensätzliches — einen Wiener Ländler und einen französischen Gassenhauer — zur formalen und inhaltlichen Einheit zu fügen vermag und den Hörer in Spannung hält. Außer diesen Uraufführungen erklangen ein thematisch geschickt und plastisch erfundenes Präludium und Fugato für Orchester von Kurt Schmidek und „Kontraste“, Zehnminutenvariationen von Robert Scholl um (nach einer Zwölftonreihe), das für den Hörer anspruchsvollste, aber auch interessanteste Werk. Dirigent und Orchester widmeten sich mit Hingabe und Erfolg ihrer zum Teil lehr diffizilen Aufgabe. i

Gleich vier Uraufführungen gab es im Konzert des Wiener-Lehrer-A-eappella-Chores unter der Leitung von Alois A p f e 1 a u e r, von denen Ernst . T i 11 e 1 s Kantate „Lob des Weines“ und Fritz Skorzenys Capriccio „Wir wünschen eine gute Reise“ kleine Meisterwerke der zyklischen Form bedeuten, die man gerne öfter hören würde. Während Tittel in kanonischen Führungen und größter Satzdichte dennoch ein gelockertes Klangbild erreicht, baut Skorzeny in ganz lockeren Sätzen und Momentbildern einen sich immer mehr vertiefenden Eindruck. Franz Hasen-ö h r 1 s „Ein Mensch“ ist ein vom Text her inspiriertes Chorlied, dessen Humor die Musik nicht ganz gerecht wird, während Alois Apfelauers „Chörsuite Wien“ ein für den Komponisten sichtlich

zu hoch gestecktes Ziel bedeutet. Intonation und Chorklang sind leider nicht ohne Mängel, was auch bei den Chorliedern von Schubert, Mozart, Weber und Hubay nicht zu überhören war.

Das Collegium Canticorum (Leiter Lajos Szamosi) gab einen Kammermusikabend vorklassischer Musik, für deren Ausführungspraxis Prof. Josef Mer-t i n in sehr klugen Worten um Verständnis warb. Gilt in dieser Praxis auch das Gleichgewicht aller Stimmen, wurde das Programm doch von den Sängern getragen, denen ein Geiger und eine Cellistin weder klanglich noch technisch gleichwertig waren. Von den keineswegs fertigen, doch sichtlich ausgezeichnet geschulten Stimmen war Astrid Hellesnes (Norwegen) zweifellos die beste, der sich Afsaneh Khoda-bandelouh (Iran), Louise Kausch (USA) und Läszlö Marusek (Ungarn) gesellten. In Werken von Monteverdi und Frescobaldi bis Buxtehude und Händel bewiesen die jungen Sänger, von Gertrud Schmitzer (Cembalo) ebenso diskret wie sicher geführt, ihre stimmliche und geistige Eignung für objektives Musizieren.

Enrico M a i n a r d i und Carlo Z e c c h i, die im Äußeren so verschiedenen Dioskuren, erfreuen und erstaunen immer wieder durch die lückenlose Einheit ihres Zusammenspiels. Der durchgeistigt pathetische, von einem romantischen Hauch umgebene Celloton Mainar-dis und das mozartisch-spielerische, leichte und doch subtile Klavierspiel Zecchis ergänzen sich in so persönlich unwieder-holbarer Weise, daß jeder Abend der beiden Künstler zum Erlebnis wird. Diesmal spielten sie drei Beethoven-Sonaten (F-Dur, op. 5/1, D-Dur, op. 102/2 und A-Dur, op. *9).

Franz Krieg

*

Sehr erfreulich, daß Christoph von Dohnanyi nicht nur im Musikverein, wo er den Bach-Beethoven-Zyklus dirigiert, sondern auch beim Wiener Musikpublikum „festen Fuß“ gefaßt hat. Jedesmal, so auch im letzten Konzert, als er Bachs 4. Brandenburgisches Konzert, die „Petite Symphonie concertante“ von Frank Martin und Beethovens 3. Klavierkonzert dirigierte, ist man angetan von der natürlichen, posenfreien, genauen und kraftvollen Art seines Musizierens, in der er durch die Tonkünstler und Alexander Jenner am Klavier auf vollkommene Weise unterstützt wurde. Lebhafter und lang-

anhaltender Beifall, auch für das zeitgenössische Werk, das sich als eines der erfolgreichsten seit 1945 behauptet.

Das an dieser Stelle wiederholt besprochene Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“ von Franz Schmidt wurde im Großen Musikvereinssaal in Glanzbesetzung aufgeführt. Unter der Leitung von Heinz W a 11 b e r g spielten die Wiener Symphoniker und sang der von Reinhold Schmidt einstudierte Singverein. Die Solisten waren: Melitta Muszely, Christa Ludwig, Anton Dermota, Horst Weymar, Walter Berry und Johannes Kathol. An der Orgel: Kurt Rapf.

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