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Mozart-Requiem und „Golgotha“

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Am Gründonnerstagabend holten wir im Großen Musikvereinssaal Mozarts j.Ryiiiem“ in einer scnb'nen'und würdrjAufführung durch den Sing-

Wiener Symphoniker,- Dr. Josef Nebois an der Orgel und ein erlesenes Solistenensemble. Merkwürdig war diese Aufführung insofern, als der Chor — durch Dr. Reinhold Schmidt — offensichtlich bestens studiert war, das gesamte große Ensemble aber — unter Herbert von K a r a j a n s Leitung — ebenso offensichtlich nicht viel geprobt hatte. So gab es kleine klangliche Unebenheiten, Unsicherheiten und unpräzise Einsätze (etwa im „Confutatis“, im „Libera“ und im „Sanctus“), und während Ka-rajan-Aufführungen sonst wie auf zwei geölten Schienen laufen, war der Maestro diesmal vollbeschäftigt, was anderseits freilich auch dem unmittelbaren Ausdruck und der unstilisierten, unmanierierten Wiedergabe zustatten kam. Von vollkommener Schönheit des Tones und von edlem Ausdruck, der Sopran Wilma Lipps, von ihrem ersten Einsatz bei „Te decet Hymnus“ bis zum Benedictus, wo er sich mit dem schönen Timbre Anton Dermotas. dem vollen Wohllaut der Altstimme von Hilde Rössel-Majdan und dem jugendlichen Bariton Eberhard Wächters vereinigt (der in diesem Satz den sonoren Baß Otto Edelmanns ablöste).

Am Abend davor fand im Großen Sendesaal des Österreichischen Rundfunks eine Aufführung von Frank Martins Oratorium „G o 1 -g o t h a“ unter Anton H e i 11 e r s Leitung statt, der ein besonderer Verehrer und gründlicher Kenner des Genfer Komponisten ist. Dieses bedeutende und ergreifende Werk wurde anläßlich seiner Wiener Erstaufführung durch den Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde unter Ernest Ansermets Leitung an dieser Stelle bereits besprochen, und wir nennen hier nur die Ausführenden der eiwähnten eindrucksvollen Aufführung, die auch im Sender I zu hören war: Laurence Dutoit, Gertrude Burgstaller, Kurt Eqiiiluz, Harald Buchsbaum, Ludwig Welter, Hans Haselböck sowie Chor und Orchester des Österreichischen Rundfunks. H.A. F.

Im Kuppelsaal des Palais Schwarzenberg mit seinem schönen Ausblick zum Belvedere brachte der Con-centus Musicus (Alice und Nikolaus Harnoncourt, Leopold Stastny, Kurt Theiner, Josef de Sordi, Ernst Knava, Hermann Höbarth, Eduard Hruza, Peter Ronnefeld) seltene Werke von Giovanni Legrenzi, G, B. Vitali, Heinrich I. F. Biber und J. S. Bach und spielte, getreu den Bestrebungen der Vereinigung um eine möglichst genau den historischen Bedingungen entsprechende Wiedergabe alter Musik, auf ihr gemäßen Instrumenten. Die Sonata sesta aus „la Cetra“ von Legrenzi, der sogar für die Stelle des Wiener Hofkapellmeisters ausersehen war, ist neben einer zweiten Sonate aus dem gleichen Opus das einzige italienische Musikstück, das für Gambenchor geschrieben wurde. Sehr interessant war die Violinsonate von. Biber„ zu welcher die Geige umgestimmt werden mußte.“Von “ Biber ist 'außer“ den violm-sonaten bis jetzt noch nichts veröffentlicht worden. Vitali zeichnete sich durch rhythmische Feinheiten aus. Für Bachs Triosonate wurde neben einer Barockgeige eine einklappige Buchsholzflöte aus der Zeit verwendet. Der Kuppelraum unterstützte das vortreffliche Klangbild.

Gänzlich dem Schaffen Schumanns war der Abend des Konzerthausquartetts im Mozart-Saal gewidmet (diesmal mit Walter Weller am Sekundariuspult). Das 1. Klaviertrio, op. 63, aus dem Jahre 1847 (mit Jörg Demus am Flügel) zeichnete sich durch das leidenschaftliche Espressivo, vor allem im Anfangssatz, aus, das Klavierquartett, op. 47, durch die Kontrastierung des Vorwärtsdrängens und der echten romantischen Versonnenheit; prachtvoll war hier das Andante cantabile mit der Zwiesprache von Violine und Cello. Das berühmte Klavierquintett in Es, op. 44, beschloß den schönen Abend.

Der Matineenzyklus,' den im gleichen Saal das Kammerorchester der Konzerthausgesellschaft unter Paul Angerer im Zeichen Mozarts und Lanners fortsetzte, war gekennzeichnet durch die tänzerische Note. Sehr differenziert im Klang gelang die Sinfonia concertante von Mozart. Die Raritäten Lanners --was gibt es nicht zu entdecken! — wurden mit Anmut und vor allem mit gemessener Rhythmik dargeboten: der Trennungswalzer (Erinnerung an den Zwist mit Strauß), noch ohne Introduktion formal ebenso bemerkenswert wie der Dampfwalzer mit dem originellen Schluß, der statt der ausgeweiteten Coda einen Galopp besitzt.

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