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„Penthesilea“ und „Sanger der Vorwelt“

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Man wollte, zur Feier des 10o. Geburtstages von Hugo Wolf, ein großes, repräsentatives Festkonzert in einem großen Saal veranstalten. Da blieb wohl nichts anderes übrig, als auf Hugo Wolfs Ureigenstes, das intime lyrische Klavierlied zu verzichten und nach den wenigen Orchesterwerken zu greifen, die er hinterlassen hat. Auch könnten sich die Veranstalter darauf berufen, daß gerade die Aufführung der symphonischen Dichtung „Penthesilea“ — dieses Schmerzenskindes, das beim Probespiel Anno 1886 durch die Wiener Philharmoniker unter Hans Richter so arg mißhandelt wurde — den Komponisten sicher gefreut hätte. — Das Orchester der Philharmoniker unter der Leitung von Heinz W a 11 b e r g hat durch eine glänzende und überzeugende Wiedergabe gutgemacht, was damals an Wolf verübt worden ist. - Die reizende, geistvoll-elegante, ganz aus romanischem Geist geborene „Italienische Serenade“ hörten wir in der Orchesterfassung, vier Mörike-Lie-d e r sang (ohne besondere Kennzeichen) Christiane S o r e 11, und zum zweiten Höhepunkt dieses Festkonzertes im Großen Musikvereinssaal wurde eine virtuose und klangschöne Wiedergabe der Ballade für Chor und großes Orchester „Der F e u e r r e i t e r“, bei der sich der Singverein besonders auszeichnete. — Nach der Pause gab Unterrichtsminister Dr. D r) m-m e 1 eine Würdigung des Wolfschen Lebenswerkes' und eröffnete damit auch die nebenan im Kammersaal untergebrachte Ausstellung.

An der Wiener Staatsakademie gibt es ein von Dr. Friedrich Cerha geleitetes „Praktikum für zeitgenössische Musik“, und es war eine ausgezeichnete Idee, ein öffentliches Konzert hierzulande größtenteils fast unbekannten Werken Strawinskys aus den Jahren 1913 bis 1923 zu widmen. Es handelt sich hierbei um jene Periode, in der sich der Komponist vom russischen Folklorismus im engeren Sinn, für den etwa „Der Feuervogel“ und „Petruschka“ charakteristisch sind, zu lösen und zu einem universellen, europäischen, wenngleich noch un-überhörbar russisch getönten Stil vorzustoßen. Diese Entwicklung ist durch eine Reihe kleiner Meisterwerke gekennzeichnet, in denen bereits alle jene „Gmndfiguren“ auftauchen, die für die - spä**“ Werke Strawinskys so charakteristisch sind. Wir hörten, von Solisten und dem Ensemble der Akademieschüler tadellos dargeboten, folgende Werke: ein Concertino für zwölf Instrumente, drei' japanische Lieder, vier Scherzlieder für Singstimme und acht Instrumente, ein Bläseroktett drei Stücke für Streichquartett, die Katzenwiegenlieder, drei leichte Stücke für Klavier zu vier Händen (mit einer kleinen Achtjährigen am Sekundopart), die Piano-Rag-Music und zum Abschluß „Rag-Time“ für elf Instrumente; eine Reihe kleiner Kostbarkeiten, geistvoll, konzentriert und unterhaltsam, wie sonst kaum etwas auf dem Gebiet der neueren Musik.

Dr. Helmut A. F i e c h t n e r *

Im „Trio italiano d'archi“ bewiesen drei junge Italiener ihre geistige und stilistische Vertrautheit mit Max Reger und mit Beethoven, ganz abgesehen von der Präzision ihres Zusammenspiels, die an sich schon erwärmen konnte. Ihr hervorragender

Klängsinn bewahrte sie vor allen dynamischen und expressiven Entgleisungen, zu welch letzteren besonders Reger locken mochte. Im „Trio per archi“ von Enrico M a i n a r d i (Erstaufführung) boten sie subtile Profilierung, wie die Komposition sie selbst bietet: elegante Eigenwege .auf bereits erobertem' Ter-räiii. .„J'• ., f '..' .' ' -''

Edith- F a r n a d i gab nach längerer Pause wieder einen Klavierabend. Ihr Spiel ist reifer, innerlich erfüllter geworden. Es ist gleichsam ein Spiel aus dem Vollen, vital, saftig, temperamentvoll und doch gebändigt durch eine stupende Technik und Sinn für

Maß. Die Stücke aus dem „Mikrokosmos“ von Bela Bartok bildeten die Spitze ihres Programms und ihrer Leistung, die sich in den Marosszeker Tänzen von Zoltan Kodäly und — mehr äußerlich — in drei Stücken von Franz Liszt (Petrarca-Sonett Nr. 104, Valse Improptu und Ungarische Rhapsodie Nr. 11) in gleicher Intensität hielt, während Brahms (Sonate fis-moll, op. 2) ein unklares Porträt blieb.

Isolde A h 1 g r i m m vermochte wie stets einen Cembalo-Abend zu einem Erlebnis für Kenner und Liebhaber zu gestalten. J. S. Bachs Französische Suite G-dur (BWV 816) und Partita B-dur (BWV 825) sowie seine Chromatische Fantasie (BWV 903) vermögen, besonders die beiden ersteren, auf dem Cembalo intimen Schönheiten zu offenbaren als auf dem Klavier, wenigstens, wenn Isolde Ahlgrimm sie interpretiert. Der zweite Teil des Programms umfaßte drei klanglich und einfallsmäßig besonders aparte Toccaten von Paul Angerer, die Suite aus der Oper „Capriccio“ von Richard Strauss, die dieser der Künstlerin mit einem angefügten Schluß ak Eigentum überließ. Bei der Sonate F-dur von Joseph Haydn ergeht es einem wie bei den oben genannten Werken Bachs: man meint sie für das Cembalo komponiert. Abschließend — und bei aller Variationstechnik etwas abfallend — hörten wir die Toccata und Arie des 1683 als Opfer des Türkenkrieges ums Leben gekommenen Wiener Hoforganisten Alessandro Poglietti.

Anläßlich des zehnjährigen Bestandes der Chorvereinigung de Österreichischen Gewerkschaftsbundes sang dieser zwei Chorwerke von Carl Orff: „Die Sänger der Vorwelt“ und die „Carmina Burana“. Mit seinen frischen jugendlichen Stimmen machte der Chor — und ebenso durch saubere Intonation — einen positiven, leistungsfähigen Eindruck, was der Erziehungsarbeit seines Leiters Erwin Weiß das beste Zeugnis ausstellt. Die Darbietung selbst litt allerdings empfindlich darunter, daß man das Orffsche Orchester durch zwei Klaviere ersetzte. Franz Krieg

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