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Ausklang des I. Europäischen Chorfestes

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Unter der Leitung des Komponisten Werner E g k fand, als Veranstaltung der Konzerthausgesellschaft im Rahmen des Internationalen Chorfestes, eine konzertante Aufführung der Oper „Irische Legende“ statt, die wir erstmalig bei den Salzburger Festspielen 195 5 gehört haben und die damals an. dieser Stelle ausführlich besprochen wurde. Da Werk gewinnt bei jeder Wiederbegegnung. Der vom Komponisten nach W. B. Yeats gestaltete interessante und ethisch hochwertige Text ist auf originelle und faszinierende Art komponiert. (Die erste große Arie der Gräfin Kathleen, die Traumbeschwörung im zweiten Bild, das Duett zwischen dem Dichter Aleel und Kathleen sowie der Ausklang des- letzten Bildes gehören zu den besten Eingebungen Egks.) Durch einen eigentümlich orientalisierenden Akkord erhält die ganze Oper eine einheitliche Atmosphäre, die durch die gleißenden Orchesterfarben (besonders bei der Gestaltung der dämonischen Sphäre) noch verdichtet wird, — Von dem Dutzend Solisten seien wenigstens zwei hervorgehoben : Mimi Coertse, die innerhalb von wenigen Tagen (für die vorgesehene Hauptrollenträgerin einspringend) die ungewöhnlich schwierige Partie der Kathleen sicher studierte und brillant sang, sowie Otto Wiener, ein Künstler im Vollbesitz einer großartigen Stimme, die mit reifer Intelligenz und edlem Ausdruck eingesetzt wird. Sehr ambitionier,t und mit bestem Gelingen wirkten auch das Orchester der „P h i I h a r m o n i a H u n-g a r i c a“ und die Singakademie bei der Aufführung mit, so daß es am Schluß zahllose „Vorhänge“ für den Komponisten und alle Ausführenden gab — wie nach einem glanzvollen Opernabend. .

Hans Pfitzners romantische Kantate „Von deutscher Seele“, nach Sprüchen und Gedichten Eichendorffs, wurde unter der Leitung loseph Keilberths durch die vereinigten Rundfunkchöre von Köln und Hambürg, das Kölner Rundfunksinfonieorchester und die Solisten Gerda Scheyrer, Grace Hoffmann, Lorenz Fehenberger und Otto Wiener aufgeführt. Diese Kantate ist nicht nur echtester Pfitzner, sondern auch ein sehr romantisches und ein sehr deutsches Werk. Seine Ausdrucksskala reicht vom Zart-verträumten bis zur banal lärmenden völkischen Kundgebung (nach „Das Land ist ja frei!“), vom Hochraffinierten, fast schon „punktuellen“ Stil bis zur Trivialität. Die Aufführung kann als mustergültig bezeichnet werden, wenn man von der unadäquaten Besetzung der (sehr wichtigen) Sopranpartie absieht.

Der Budapester Chor und das Budapester Staatliche Konzertorchester unter seinem ständigen Dirigenten Nikolaus F o r r a i interpretierten drei

Meisterwerke neuerer ungarischer Chormusik genau so, wie man sie sich von einem ungarischen Ensemble vorstellt: temperamentvoll, hart-realistisch und sicher. Wobei die Sicherheit in K o d ä 1 y s „Te D e u m“ und „P s a 1 m u s H u n g a r i c u s“ merklieh größer war als in der moderneren „Cantata p r o f a n a“ von B a r t ö k.

Vom Konzert des Wiener Akademie-Kammerchors unter Leitung von Günther T h e u r i n g konnte der Referent nur den zweiten Teil hören. Ernst Kreneks„K antäte,vonder Vergänglichkeit des Irdischen“ auf Texte von Gryphius, Opitz, Johann Klaj und Fleming . zeigt einen merkwürdigen Mischstil, der vom „atonal“ wirkenden Eingangschor über Impressionistisches und Lautmalerisches bis zum volksliedmäßig Getönten reicht. Auch was die Besetzung betrifft, zerfällt das ziemlich ausgedehnte Werk in mehrere Teile, die sich nicht recht zusammenfügen wollen (Teile für gemischten Chor, Klavier und Sopran, Chor mit Klavier und A-cappella-Stellen). — Zwei kurze Chorwerke von Schönberg („Dreimal tausend Jahre“ von 1949 und „Friede auf Erden“ von 1907) zeigen, über die Zeitspanne von 42 lahren hinweg, die gleichbleibende differenzierte und nicht immer ganz klare Handschrift des Komponisten. Der Chor sang die schwierigen Werke sauber und rhythmisch präzise.

Das von der Gesellschaft der Musikfreunde veranstaltete I. Internationale Chorfest ist im wesentlichen beendet. (Zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes stehen nur noch zwei Veranstaltungen aus: die Aufführung von Bachs Hoher Messe in h-Moll unter Karajan und ein Chorkonzert der Singakademie unter Friscay im Konzerthaus.) — Nach der Würdigung der vielen Gäste und aller jener, die auf dem Podium mitgewirkt haben, geziemt es sich, nun auch jener zu gedenken, die durch detaillierte organisatorische und künstlerische Vorarbeit dieses so glänzende Festival ermöglicht haben. Wir meinen den Generalsekretär der Gesellschaft der Musikfreunde, Professor Rudolf G a m s j ä g e r, der alles so genau vorbereitet hatte, daß auch eine schwere körperliche Behinderung zu Beginn der Festwochen sich nicht als „Sand in der Maschine“ auswirken konnte„ und Dr. Reinhold Schmid, der sich durch ununterbrochene, über ein halbes Jahr erstreckte intensive Probenarbeit um alle Werke, bei denen der Singverein mitwirkte, hochverdient gemacht hat. Dem Chor aber, der während der letzten drei Wochen täglich eine Probe zu absolvieren hatte, und dem Orchester der Wiener Symphoniker gebührt der besondere Dank aller Besucher dieses Musikfestes.

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