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Figurine von Hill Reihs-Gromes

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Hatte, das den Vorstadt-Theaterstil von vorneherein nicht bewältigen konnte. Schon das Bühnenbild des Zürchers Jörg Zimmermann “bot .Verkleinerung, Verengung: eine Art stilisierter tßajrpckt bühne ä la Stockholms Drottningholm war in der Mitte der Breitwandbühne Holzmeisters abgegrenzt, zwei Seitenbühnen wurden lediglich für Auftritte und Abgänge und für Kulissenablage benützt.

Viele Einzelheiten waren schon in der Konzeption festspielfeindlich: die Kostümierung des Papageno, die allzu „konkrete“ Schlange, deren Tod einen Krach verursacht, der Mozarts Musik erheblich stört (derlei setzt sich später beim Auftritt der wilden Tiere und beim Kettenrasseln der allzu vielen Sklaven fort!), die Strip-tease-Kostümierung der drei Damen, die geschmacklich den zwanziger Jahren zugehört, die Verbreiterung der Sklavenszene, die sich zum Zir-kusklamauk steigert, der Fraktionsparlamentarismus bei Sarastro, der billige Pra-terbudenzauber der Feuer- und Wasserprobe, um nur ein paar Beispiele mißglückten Inszenierens anzuführen. Schenk hat Einfälle — aber er ordnet sie keinem weiträumigen Konzept unter, wie es bei seinen Inszenierungen moderner Opern im Theater an der Wien bestand. Schade um die viele Mühe!

Der Samstag brachte zunächst am Vormittag ein ziemlich improvisiertes Konzertgastspiel des Straßburger Domchors unter Abbe Hoch und abends den bisherigen musikalischen Höhepunkt: Wilhelm Backhaus' Beethoven-Abend, der zum Schönsten zählte, was der dem Achtziger entgegengehende Meister innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts einem Weltpublikum zu geben vermochte. In der Residenz gab es die erste Reprisenpremiere der Festspiele bei angenehm ruhigem Wetter: Mozarts „Entführung aus dem Serail“, bei deren Generalprobe bereits die Souveränität der Erika K o e t h als Konstanze, der muntere Singspielton, wie ihn Renate Holm als Blondchen traf, die Sicherheit eines Gerhard U n g e r, des denkbar besten Pedrillo, die angenehme Komik Ludwig W e 11 e r s als Osmin und die schönen Belcanto-Bestrebungen Donald Grobes festzustellen waren. Heinz Haberland hatte uns durch eine natürliche Regieführung überrascht, Bernhard C o n z stand der Aufführung als konziser und flüssige Tempi bevorzugender Dirigent (das Mozarteumorchester überbot sich in seiner Leistung) vor.

Der Sonntag wurde durch eine intensiv musizierte Mozart-Matinee eingeleitet, in der Professor Paumgartner das Festspielpublikum erstmals mit der von dem verewigten Musikforscher Wilhelm Fischer in Stift Lambach aufgefundenen Svmphonie des Zwölfjährigen bekanntmachte, deren Serenadenton im Mittelsatz aufhorchen ließ. Solisten waren Rudolf

F i r k u s n y, der Exiltscheche aus den USA, der das „Jeunehomme“-Klavierkonzert überzeugend spielte, und Maria van D o n g e n, die ansprechend zwei Konzertarien sang. — Einen Fortschritt im Rückschritt erbrachte die erste „Jede r-m a n n“-Aufführung auf dem Dompiatz. Helene T h i m i g s Regie bestach durch Einfachheit. Sie inszenierte wie man ein Volkslied interpretiert: schonungsvoll, lyrisch, menschlich. Walther R e y e r s Jedermann wuchs so zu der von ihm längst erwarteten Größe. Die beiden wichtigsten Neubesetzungen sind als überaus glücklich zu bezeichnen: Maria Emo, die die BuH-schaft in eine innige Geliebte verwandelte, und Leonhard S t e c k e 1, der seine Mammon-Szene zu einem Höhepunkt, ja zum Angelpunkt des Spiels vom Sterben des reichen Mannes machte. Ein „Heimkehrer“ : Paul Hartmann, der die Stimme des Herrn sprach. Alma S e i d 1 e r (Jedermanns Mutter), Sonja S u 11 e r (Gute Werke), Kurt H e i n t e 1 (Tod) und Heinrich Schweiger als entfesselter Teufel, waren sich mit Helene Thimig, die wieder wie einst den „Glauben“ verkörperte, ganz einig. — Südslawischen Musiziercharakter trug der Abend des Sonntags: Im ersten Kammerkonzert entfaltete Antonio J a n i g r o und sein Ensemble Frische und Unbekümmertheit, und in der ersten Serenade führte Rudolf K1 e p a c, der Wahlsalzburger, seine Bläserkammermusik sicher an.

Während auf dem konzertanten Sektor am Montag ein Schubert-Strauß-Liederabend Hermann P r e y - Günther Weissenborn geboten wurde, konnte

WIEN sich das Opernpublikum mit den Mozart-Ambitionen des Dirigenten Lorin M a a z e 1 vertraut machen, der nun als musikalischer Leiter „Figaros Hochzeit“ übernommen hatte. Die Premiere war auch für das umgebaute Alte Festspielhaus eine Feuerprobe, die vor allem in akustischer Hinsicht prächtig bestanden wurde. Maazel hat auch als Mozart-Interpret Format: ungemein beweglich, ist er hinter jeder Phrase, jeder Gegenstimme her und formt die Partitur bis in letzte Einzelheiten aus, ohne die große Linie zu gefährden. In der vom Vorjahr her bekannten S e 11 n e r -Inszenierung, die sich diesmal erheblich gewichtiger Detailarbeit befleißigte, war als Gräfin Hilde G ü d e n neu. Sie bestand in Ehren. Freilich: Susanna, Cherubin und Gräfin hätten ohne Bedenken die Akte über ihre Partie wechseln können: sosehr sind die Sopranstimmen Evelyn L e a r s (deren Cherubin im gesamten wie in jeder Einzelheit bezaubert), Grazieila S c i u 11 i s (deren Susanna unter steifen Tönen in der höheren Mittellage chronisch leidet) und Hilde G ü d e n s, die all ihre verfeinerte Vortragskunst in den Dienst der für sie neuen Aufgabe stellte, einander nahe. Dietrich Fischer-Dieskau hat seinen Grafen erneut ein wenig verwandelt, diesmal mehr auf einen vergnüglichen Draufgänger hin. Geraint Evans als Figaro ist ein breiter, wuchtiger Baßbariton, der seine Szenen intelligent ausspielt. Neu auch Peter L a g g e r s großspuriger Bartolo. lohn van Kesteren macht aus dem Musikmeister Basilio eine perfekte Charakterstudie. An Michael R a f f a e 1 i s Bühnenbilder gewöhnte man sich wieder langsam. Den Wiener Philharmonikern ist höchst inspiriertes Musizieren nachzusagen.

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