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Siegfried - Palestrina — Elektronen

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Der neuinszenierte „Siegfried“ in der Staatsoper folgt in Bühnenbild (Emil Preetorius), Regie und Interpretationsstil der Musik (Herbert von Karajan) genau dem Konzept der vorausgegangenen „Walküre“. Es gibt weder Geschmacklosigkeiten noch kühne Neuerungen, das Pathos erscheint gedämpft, Dramatik und Lyrismen blieben erhalten, das Orchester spielte vorbildlich sauber und transparent, die Besetzung war wohl die beste, die sich gegenwärtig auf einer Bühne realisieren läßt: in der Titelrolle Wolfgang Windgassen, Brünhilde — Birgit Nilsson, Wotan — Hans Hotter, Alberich — Gustav Neidlinger, Erda — Hilde Rössel-Majdan, Mime — ?£er “Klein, FaftfeV - ! Gottlob Trick, Stimme , des

Palestrinas „Missa Papae Marcelli“, 1562 oder 1563 geschrieben, war das Hauptwerk des Festkonzertes, welches der Wiener Staatsopernchor anläßlich seines 30jährigen Bestandes in der Staatsoper veranstaltete. Unter Herbert von Karajans Leitung geriet dieses Meisterwerk altklassischer Polyphonie stilistisch und klanglich ebenso vollkommen wie die liturgischen Gesänge, welche unter dem Titel „Gregorianischer Choral“ den ersten Teil des Programms bildeten. — Die Regie (schwarz ausgeschlagene Bühne und fahlgespenstisches Licht auf die Damen und Herren des Chors in Schwarz) verwechselte das Sakrale mit dem Makabren. — Fünf Vorhänge für Meßgesänge und Stundengebete — das hat's wohl noch nie gegeben ...

Mit Elan und Präzision leitete der junge Holländer Lorin M a a z e 1 eine Aufführung von H a y d n s „Jahreszeiten“ im Großen Konzerthaussaal. Der von Prof. Hans Gillesberger trefflich vorbereitete Chor der Singakademie, die hervorragend spielenden Symphoniker und ein erlesenes Solistentrio (Gloria Davy, Anton Dermota und Frederick Guthrie) waren die Ausführenden. — Zum Stil des Werkes standen die hemmungslosen und häßlichen Dirigierbewegungen des jungen Maazel, die eher für ein Konzert mit Jazz at the Philharmonie passen würden, in einem eklatanten und störenden Widerspruch.

Der gleiche Dirigent leitete das 2. Konzert des Zyklus „Neue Musik“ im Großen Konzerthaussaal. Der hochbegabte und originelle Luigi Dallapiccola drischt in den ersten acht seiner elf „Variationen für Orchester“ aus dem Jahre 1954 trockenes punktuelles Stroh; erst in den letzten drei erklingt eine ergreifende, hochexpressive Musik, die aus der „Lulu“-Sphäre zu kommen scheint. — Hört man die Vertonung von Arthur Rimbauds „Illu-minations“ durch den 25jährigen Benjamin Britten, so hat man den Eindruck, daß der Komponist nicht einmal die einzelnen Worte dieser esoterischen Verse verstanden hat, geschweige denn der inneren Erleuchtung teilhaftig geworden ist, die sie erhellen könnte (Gloria Davy war die glänzende Interpretin der Sopranpartie). — Salvatore Martiranos „Contrasto“ wurde durch die nachfolgende „Sym-phony in three movements“ (1945) von S t r a-w 1 n s k y glatt überfahren, obwohl sich der Dirigent mit dem Spätstil des Komponisten durchaus unvertraut zeigte und so etwas wie einen zweiten „Sacre“ zelebrierte.

Heinz W a 11 b e r g, ein junger, aufstrebender deutscher Dirigent, leitete ein außerordentliches Konzert der Symphoniker im Musikverein. Auch er packte S t r a w i n s k y (Concerto für Klavier und Blasorchester) ein wenig grob an, nahm den ersten Satz um eine Nuance zu schnell und verdarb sich und dem jungen ausgezeichneten (aber gleichfalls etwas derb spielenden) Walter Klien viel. Hi n d e-miths „Mathis“-Symphonie geriet tadellos. Hier, wie besonders auch im letzten Satz von B r a h m s ' I. Symphonie, kam das operndramatische Temperament Heinz Wallbergs zum Durchbruch, der mehr mit dem Säbel als mit dem Florett ficht.

• Zwei Novitäten gab's auch in einem von Paul Angerer geleiteten Konzert des Kammerorchesters im Mozart-Saal. Joseph Mathias Hauers „Romantische Phantasie“ op. 37 aus dem Jahre 1925 klingt ungewohnt pompös und steht stilistisch — im Unterschied zu anderen Werken Hauers — Stuck und Klinger näher als Hölderlin. Der Interpretation des geistvoll-spielerischen, im Prelude dezent mit Jazzeffekten garnierten „Concertino“ op. 17 (1951) von Hanns J e 1 i n e k fehlte der vorletzte Schliff.

Das letzte Konzert der IGNM war dem zeitgenössischen Lied gewidmet. Von Prof. Friedrich Wildgans eingeleitet und von Otto Pecha begleitet, sang Ilona Steingruber im 1. Teil Lieder von Hindemith, Bartök, Milhaud, Hauer, Berg und Webern. Auf das Liedschaffen der jüngsten österreichischen Komponisten hat nur A. von Webern spürbaren Einfluß, sowohl was aphoristische Kürze als auch punktuelle Technik und Textbehandlung betrifft. Dichter des Fernen Ostens und ihnen Wahlverwandte sind daher bei den jungen Komponisten beliebt (Friedrich Cerha, Kurt Schwertsik, Gösta Neuwirth), während Wilhelm H ü b n e r Georg Trakls „Elis“ recht eigenwillig, ohne Eingehen auf des Dichters impressionistischen Lyrismus, vertont hat.

Unerwartetes Interesse fand eine von der IGNM veranstaltete Vorführung elektronischer Mu-s i k. Hierfür wurden die von der „Deutschen Grammophon Gesellschaft“ in Zusammenarbeit mit der Universal-Edition, Wien, herausgegebenen Platten nach Tonbändern aus dem Studio des Westdeutschen Rundfunks benützt (Studien und Kompositionen von Herbert Eimen, G. M. Koenig, Karlheinz Stockhausen und Ernst Krenek). Kurt B 1 a u k o p f erläuterte die technischen Voraussetzungen dieser Musik, Prof. Hanns Jelinek führte instruktiv in die einzelnen Werke ein.

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