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Suleika und der Feuervogel

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Gemeinsam betraten Christa Ludwig und Walter B e r r y, unser jüngstes prominentes Sängerehepaar der Staatsoper, das Konzertpodium. In Hugo Wölfs Suleika-Liedern hatten sie auch den Dialog gefunden, der in ihrer Interpretation wie für sie beide komponiert schien. Alle Zartheit privaten Zweiseins sangen sie einander zu, vergeistigt in der Kunst

Der Pianist Geza Anda spielte im Großen Konzerthaussaal Werke von Haydn, Brahms und Chopin ihres Gesanges, die intimste und diskreteste aller Liebesszenen, und wären zweifellos^ damit die Lieblinge de Publikums geworden, wenn sie es nicht schon lange wären. In den Michelangelo-Gesängen zeigte Berry seine künstlerische Gestaltungskraft der großen Einsamkeit des Schaffenden, in Schumanns „Frauenliebe und -leben“ verstand Christa Ludwig ein heute „unmodernes“ Mädchenschicksal ins ewig Gültige zu heben. Mit harmlosen Zwie-gesängen Schumanns, durch die Frische der Ausführung beschwingend, endete der Abend, einer der erfreulichsten für ein mitlebendes Publikum und gewiß auch für die Interpreten, zu denen vollgültig auch Erik Werba, der pianistische Mitgestaltet, zählt.

An einem Bela-Bartök-A.bend der Musikalischen lugend wird man sich lange erinnern durch die feinsinnige Wiedergabe der „Kontraste“ für Klarinette, Violine und Klaviere, ein selten gehörtes, aber kaum je so dezidiert gespieltes Werkchen. Sechs Tänze in bulgarischen Rhythmen spielte Ivan Eröd mit allen Bartökscheri Pröfi-lierungskünsten. Gegen diese Leistung fiel die Wiedergabe der Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug ein wenig ab, da die Beteiligten nicht in gleicher Homogenität des Musizierens am Werke waren. Neben Ivan Eröd fiel die Geigerin Ismini Chryssochou durch Temperament und Sicherheit des Tones auf. Der Abend beeindruckte die Zuhörer durch die Größe und den geistigen Ernst von Werk und Wiedergabe.

Im Nicolai-Konzert der W i e n e r P h i 1-harmoniker (Beethovens IX. Symphonie) unter Herbert von K a r a j a n triumphierte die Klarheit der Form und die geistige Deutung (auch der Nebenlinien) über die gefühlstrunkene Versunkenheit des Adagio. Der Schlußsatz vor dem Eintritt der Singstimmen war nicht nur Vorbereitung auf diese, sondern für sich eine meisterhaft gestaltete Symphonie. Im folgenden gewaltigen Hymnus an die Freude (Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde) boten die Solisten (Hilde Güden, Christa Ludwig, Antpn Dermota, Otto Wiener) einen selten erreichten Höhepunkt des ausgewogenen Zusammensingens. Der Chor sang seinen Part auswendig, ebenso Anton Dermota.

Im Zyklus „S t r a w i n s k y - T s c h a i k o w-s k y“ (Symphoniker, dirigiert von Wolfgang S a-wallisch) kam Strawinskys „Cantata“ für Sopran, Tenor, zwei Flöten, Oboe, Englischhorn und Violoncello zu sehr präziser und (bei aller Sprödigkeit des Klanges) ausdrucksvollen Wiedergabe. Von den beiden Solisten ist Gerda Scheyrer die gestaltungsreichere. Ivo Z i d e k (Tenor) hat allerdings den weit längeren und gesanglich Undankbareren Teil zu bewältigen. — Eine exzellent rhythmisch und figural festgefügte, temperamentvolle und beschwingte Wiedergabe der Feuervogel-Suite beschloß das Konzert, dessen Beginn die 1. Symphonie von Tschaikowsky war, eine kaum bekannte, der späteren inneren Spannung Tschaikowskyscher Symphonien noch entbehrende, aber doch schon seine Handschrift tragende Musik. Franz Krieg

| Im Großen Musikvereinssaai gab Eüsäheth Schwarzkopf, von Heinrich1 Schmidt begleitet, einen ausschließlich Hu go Wo I f gewidmeten Liederabend. Kein Wundert daß die Künstlerin während der letzten Jahre in Salzburg und anderswo immer wieder nach Hugo Wolf greift, denn sie ist seine derzeit wohl beste Interpretin. Hierzu befähigen sie ein absolutes Verstehen der oft schwierigen und hintergründigen Texte (Goethe, Mörike, Keller), eine fast unvorstellbare Fülle von Ausdrucksnuancen sowie eine jedem plötzlichen und schroffen Wechsel in allen Lagen gehorchende Stimme. Daß die Opernsängerin den „dramatischen“ Liedern den Vorzug gibt, ist wohl selbstverständlich. Sie dramatisiert auch die „lyrischen“, aber sie tut es immer mit so viel Intelligenz und Geschmack, daß man ihren Darbietungen nicht nur mit Genuß, sondern auch mit einein nicht eine Minute nachlassenden geistigen Interesse folgt. — Von den 20 Liedern stammten etwa die Hälfte aus dem spanischen und dem italienischen Liederbuch. Heinrich Schmidt hat den schwierigen Klavierpart virtuos und sensibel ausgeführt und sich dem Vortragsstil der Künstlerin bestens angeglichen.

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