6632390-1956_45_11.jpg
Digital In Arbeit

Ballett und Konzert

Werbung
Werbung
Werbung

Im Konzerthaus gastierte an sechs Abenden mit zwei verschiedenen Programmen R o s a r i o und ihr Ballet d'A r t E s p a g n o 1. Die Truppe besteht aus zehn bildhübschen Tänzerinnen und Tänzern, zwei Gitarristen, einem Sänger und zwei Pianisten. Unter der Leitung der Choreographin und Primaballerina, die eine gute, aber keine erstklassige Tänzerin ist, wurden teils echte, teils gefällig adaptierte spanische und südamerikanische Tänze vorgeführt. Am echtesten erschienen uns. neben den prächtigen Kostümen, einige Stücke im ersten Teil des Porgramms (Andalouse, Valenciana, Sacromonte und andere) und die Ensembleszene „Cafe de! Burrero“ im Stil des 19. Jahrhunderts, in der — von heiserem Gesang, Händeklatschen. Kastagnetten-, geklapper und schnarrenden Gitarren begleitet —. sich der gertenschlanke, feurig-wilde Juan Alba Sonderapplaus holte. (Unter den Tänzern findet man noch Namen, wie Juarez. Velasquez und Diaz!) Die Choreographie ist manchmal etwas lässig, einige der talentierten Solotänzerinnen treten, von der Leiterin auf den zweiten Platz verwiesen, nicht genügend hervor. • ' ' .,

Nachdem wir in einem Bildkommentar über die. Inszenierung; und in einem „Querschnitt“ in der letzten Folge der „Furche“ über die unerfreulichen Vorgänge während und nach - der „TannhäUjSer“-. Premiere bereits berichtet haben, bleibt uns nur noch, über die Besetzung der Hauptpartien zu referieren. Rudolf Lustig in der Titelrolle kämpfte am Anfang mit einer Indisposition und verbesserte seine Leistung von Akt zu Akt. Sehr intensiv, vielleicht im Spiel etwas zu heftig, gestaltete ka Mahn i u k die Partie der Venus. Hervorragend als Schauspieler und Sänger waren Eberhard Wächter (Wolfram), Traute Richter (Elisabeth) und Ludwig Weber (Landgraf). Rudolf M o r a 11 und die P h i 1 h a r-m o n i k e r erwiesen sich wieder einmal als zuverlässige Stützen des Hauses.

Das aus einer der bekanntesten amerikanischen Musiklehranstalten, der Juilliard School, hervorgegangene und seit 1946 konzertierende Lasall e-Quartett spielte im Mozart-Saal nach- Werken von Haydn (A-dur, op. 55) und Beethoven (f-moll, op. 95) das 1926 entstandene 3. Streichquartett von Arnold Schön berg, ein besonders gelungenes Werk; in dem die Eierschalen der Spät' romantik abgestreift sind, das aber noch nicht die unerbittliche harmonische Härte und die überkomplizierte rhythmische Struktur der späteren Werke zeigt. Freilich fehlt dem amerikanischen Quartett für die filigranen Feinheiten und das musikantische Brio mancher Teile jenes Höchstmaß an technischer Perfektion und subtiler Einfühlung, das für Werke dieser Art erforderlich ist. Trotzdem wurden die Gäste für ihre respektable Leistung sehr lebhaft gefeiert.

Frühwerke von Schubert aus den Jahren IS 13 bis 1816 hatte das Konzerthausquartett auf das Programm seines 2. Abends gesetzt. Zwischen den Quartetten D-dur, Nr. 6, und B-dur, mit der irreführenden Opuszahl 168, die künstlerisch keine Revelationen sind, sondern ein großes Talent in der Entwicklung zeigen, spielten Anton Kamper und Walter K1 i e.n die bereits viel persönlichere Sonatine D-dur, ein melodisch reizendes und jugendfrisches..Frühwerk, sowie; das. auf Bestellung geschriebene „Rondeau brillant“ von 1826: ein wirkungsvoll-flottes, fast ein wenig reißerisches Stück. Lag's am Programm, lag's an der Ausführung (ein wenig“wohl an beiden!): dieses Konzert wirkte mehr didaktisch als genialisch.

Wesentlich reizvoller, allerdings auch bunter, war ein von Francis Madeira und seiner Gattin, der Altistin Jean Madeira, veranstaltetes Konzert mit dem Kammerorchester im Mozart-Saal. Nach der sauber und dramatisch vorgetragenen Titus-Ouvertüre von Mozart sang“ Jean Madeira eine Arie aus „Orpheus und Eürydike“ von Gluck, darnach folgte die witzige Miniatursuite Nr. 1 für kleines Orchester von Strawinsky und „El a m o r B r u j b“' 'von Manuel- de F a l'l a. Die interessante Sängerin mit der tiefen und vollen Nattirstimme war hier ebenso in ihrem Element wie der Dirigent, <der diese zugleich brisante und elegante Musik viel leichter und quasi mozartischer interpretierte als wir es gewohnt sind. Den Abschluß (den der Referent nicht mehr hören konnte) bildete Haydns Symphonie D-dur, Nr. 86. Helmut A. Fiechtner

Mit der hervorragend echten und temperamentvollen Wiedergabe einiger Gesänge von Debussy und de Falla legitimierte sich Jean Madeira auch in der kleinen Form als große Künstlerin. Mit einiger Distanz gelang ihr dies auch bei Henry Purcell, am wenigsten allerdings bei Schumann und Brahms. Man verstand dies angesichts der lateinamerikanischen, übrigens scharf und rassig profilierten Persönlichkeit Madeiras, nahm es als Verbeugung vor der deutschen Liedkunst und freute sich um so mehr an den exzellenten Darbietungen des ihr Verwandteren, an der schönen, volltönenden dunklen Stimme, die nur an den Rändern ein wenig von ihrem Glänze einbüßt, sowie an der disziplinierten Haltung, die durch ständigen Wechsel des Gesichtsausdrucks allein fast dramatische Darstellung gewinnt.

Von den jungen heimischen Pianisten spielt sich Alexander J e n n e r immer mehr in die erste Reihe der Demus, Badura-Skoda, Gulda. Dje durchsichtige Klarheit Joseph Haydns (Sonate F-dur), die vielgestaltige Romantik Robert Schumanns (Carnaval) gelingen ihm ebenso persönlich gestaltet (oder doch noch ein wenig mehr) als die irisierenden Klänge Claude Debussys (Aus den „Preludes“) und der „Mikrokosmos“ Bela Bartöks (Sechs Tänze im bulgarischen Rhythmus). Mit Franz Liszts Mephisto-Walzer allerdings war wenig zu beweisen. Jenners Spiel fußt auf einem außerordentlich klaren Anschlag, sicherer, unbetont deutlicher Phrasur und“ stilistischem Fingerspitzengefühl, für das sein eigener Stil stark genug ist, die Mitte zu wahren. Daher konnte er ein so vielseitiges Programm mit Erfolg wagen.

Der 2. Abend des Musikvereins-Quartetts begann mit Robert Schumanns Streichquartett A-dur, op. 41/3, das an manchen Stellen wie eine Vorausnahme des Impressionismus anmutet in seinem Reichtum und seiner Feinheit der Nuancen. Die vorbildlich hingebungsvolle Ausführung war eine der schönsten Ehrungen Schumanns zu seinem 100. Todestag. Artur Honeggers 1. Streichquartett ist mit seiner Fülle neuartiger Klänge und „Instru-mentierungs“-Effekte eine höchst persönlich profilierte Bereicherung der Kammermusik, deren Rahmen sie in der Vielfalt ihrer Ausdruckskraft nahezu sprengt. Der dritte Komponist des Abends. Mozart, erwies sich als der' jüngste unter allen dreien. Seinem Streichquintett D-dur, KV 593, entströmte herrlichstes unermüdetes Leben, das erfrischt, verjüngt und zu begeistertem Beifall hinreißt. Und so geschah es.

Das erste Konzert un Zyklus „O esterreich i-chisches Musikschaffen der Gegenwart“ stellte einer Gruppe älterer Komponisten (Geburtsjahrgänge 1896 bis 1908) eine junge Gruppe (1912 bis 1933) gegenüber. Da war es denn natürlich, daß die Aelteren: Manfred J. M. N e d-b a 1 (Erdenklage), Otto S i e g 1 (Partita für Klavier) und Hans Bauernfeind (Heitere Musik für drei Instrumente) gelöster in der oft strengeren Form, sicherer im Zugriff, klarer in der Thematik und daher unmittelbarer in der Wirkung waren, die Jüngeren dagegen interessanter in ihrer wohl vielfach noch unfreien formalen, harmonischen und personellen Profilierung. Sie hielten sich durchweg innerhalb der Tonalitätsgrenze und mieden (bewußt?) alles Problematische, hierin den Aelteren ebenbürtig.“ Die persönlichste Handschrift zeigte Kurt Schmiedek (Sonatine für Klarinette und Klavier, op. 30). Bei aller tastenden Vorsicht ist hier der Wille zum eigenen Weg erkennbar. Im (ganz schlichten) Mittelsatz ersteht eine eigenartig herb-süße Stimmung. Noch etwas steif präsentiert sich Ludwig Makovsky (Sonate für Klavier). Die Aussage ist noch verworren, die straffe Gliederung trägt noch keine persönliche Note. Aehnliches gilt für Hermann Reiters zwei Lieder zu Texten nach R. Tagore, für Sopran und drei Instrumente, Die noch gesichtlose Elegie findet nicht zur höchst persönlichen und zarten Poesie der Worte. Ilona Steingrubers instrumental-objektive Stimme und souveräne Intonationssicherheit, die Professoren Dr. Hans Weber (Klavier) und Karl Oesterreicher (Klarinette) sowie das Wiener Streichtria sfehertea der Wiedergabe ein bedeutendes künstlerisches Niveau. In einem Zyklus „Oesterreichisches Musikschaffen der Gegenwart“ hätte man im ersten Konzert: die Spitzen dieses Musikschaffens erwartet: Joseph! Marx, Hans Erich Apostel. Hans Jelinek, Anton Heiller, Karl Schiske u. a. Indes, sie können auch im letzten kommen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung