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Keilberth, Swarowsky, Horvat

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Im Zyjclus „Die große Sympho-nie“ dirigierte Joseph Keilberth die Wiener Symphoniker. Am Beginn stand das Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77 von Johannes Brahms. Man war einigermaßen gespannt, wie die Solistin Ida H a e n d e 1 in dieser betont männlichen Musik ihren Mann stellen werde. Sie stellte ihn, alles in allem, ausgezeichnet, mit großer klarer Bogenführung, energischem Ton, der sich nur gelegentlich im Pianissimo verzärtelte sowie mit dem Ausdruck menschlicher und künstlerischer Reife, besonders in den beiden ersten Sätzen, während der letzte etwas blasser wirkte und den Vergleich mit den großen männlichen Interpreten nicht aushielt. Die nachfolgende „Eroica“ von Beethoven war exakt und schwungvoll musiziert, aber gleich der Jahreszeit nicht so warm wie erwünscht.

Armin Kaufmann (Große Streichmusik), Karl S c h i s k e (Konzert für Klavier und Orchester, op 11) und Karl R a n k 1 (Sechste Symphonie) kamen diesmal im Konzert „Österreichisches Musikschaffen der Gegenwart“ zu Wort. Kaufmanns Streichmusik, straff in der Form und kompliziert im Klang, verdichtet sich von Satz zu Satz mehr und weiß in den diffusen Lichtern des „Nachtstück“ und der Turbulenz der „Fuge“ zu spannen und zu fesseln. Karl Schiskes Klavierkonzert (Solist Dr. Hans Weber) war Mittel- und Höhepunkt des Programms. In ihrer absoluten Lebendigkeit kommt diese Musik unmittelbar an als Verbindung von Geist, Form und Klang, wie man sie in solcher Dichte selten zu hören bekommt. Toccata, Passa-caglia und Sonata (so heißen die drei Sätze), sind meisterhaft beherrschte Formen als Bauelemente, die sich weder aufdrängen noch verleugnen. Gegen diese konzentrierte und knappe Aussage kam die Symphonie von Rankl nicht auf. Sie ist ein halbstündiger Ablauf ohne Überraschungen. Das Tonkünstlerorchester unter Hans Swarowsky bot eine erfreulich schöne und niveauhohe Leistung.

Die Auswahl von Brahms-Lie-d e r n, denen Irmgard S e e f r i e d einen Liederabend widmete, ist an sich als vorbildlich zu bezeichnen, da sie alle Stim-munesnuancen dieser zwischen Schubert und Wolf stehenden Liedgattung aufzeigte. Aber viel mehr noch war dieser Abend durch die glänzende Disposition und innere

Ruhe der Sängerin ein Erlebnis, das den Klavierbegleiter Erik Weiba mit einschloß. Lieder wie das „Guten Abend, gut Nacht“ aus ihrer Versunkenheit in helles Licht hoher Kunst zu heben, dürfte wenigen Interpreten in gleicher Weise gelingen.

Die Zagreber Philharmoniker, die im Großen Konzerthaussaal unter ihrem ständigen Dirigenten Milan H 0 r v a t konzertierten, sind ein virtuoses, klangmächtiges Orchester. Die imponierende Präzision der Streicher konnte man in Smetanas Ouvertüre zur „Verkauften Braut“ ebenso bewundern wie in Bartök „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“. Vor Modernem scheint sich dieses Orchester nicht zu fürchten: das

Achtminutenstück „Skolion“ 'des 1924 geborenen Milko Kelemen ist eine sehr avancierte serielle Komposition von hohem Klangreiz und nicht ohne persönliche Aussage. Den zweiten Teil des Konzerts bildete D v o f a k s Symphonie „Aus' der Neuen Welt“. Milan Horvat, ein geborener Kroate, der von 1953 bis 1957 das Dubliner Rundfunkorchester leitete und seither auch viel im Westen konzertiert, ist ein kraftvoller, energischer Herr und sicher auch ein harter Probierer, der sein Orchester mit den Gesten eines Dompteurs führt — und vorführt. Das so erzielte Resultat ist technisch hervorragend, aber auch ein wenig bedrückend. Dem gleichfalls ein wenig merkwürdigen Publikum hat alles ausgezeichnet gefallen, sogar die Musik von Kelemen. H. A. F.

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