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Vorwiegend Beethoven
Im Zyklus „Die große Sympho-n i e“ spielten die W i e n e r Symphoniker unter Carlo Maria G i u 1 i n i die 1888 erstandene Symphonie d-Moll von Cesar F r a n c k, deren Glanz immer noch leuchtet und deren musikalische Substanz immer noch besticht, wenn auch die bei ihrer, Erstaufführung entfachte Turbulenz nicWwehr?versränaßeB ti£ Wesentlich näher'steht uns allerdings die R h a p so-die e“s p a g n o 1 e von Maurice Ravel mit ihrem Rhythmen- und Farbenzauber und ihrer durch Verhaltenheit und temperamentvolle Entladungen bedingten Spannung. Zwischen beiden stand das 1. Violinkonzert D-Dur, op. 19 von Serge Prokofieffmit«Wanda Wi 1 ko-m i r s k a als Solistin, deren energischer, fast robust einsetzender Ton sich zu subtilster Lyrik verfeinern kann und dennoch auch im rein Artistischen und Grotesken im symphonischen Geschehen bleibt, das aus Gegensätzen (Träumerei—Motorik) zur ruhigen Kantilene findet. Der impulsive Dirigent und das ausgezeichnet disponierte Orchester ernteten wie die Solistin spontanen Beifall.
Im „B e e t h o v e n - Z y k 1 u s“ spielte Ricardo Odnoposoff nach einem Grave von J. S. Bach die Frühlingssonate (F-Dur, op. 24) und die Sonate c-Moll (op. 30/2) von Beethoven, nach der Pause das Concert D-Dur, op. 21, für Klavier, Violine und Streichquartett von Ernest Chausson (Erstaufführung), ein liebenswürdiges etwas altvaterisch anmutendes Werk (1890 veröffentlicht), bei dem das junge Thomas-Quartett in sehr ansprechender Weise sekundierte, das aber in einen Abend des Beethoven-Zyklus nicht recht passen wollte, als Ganzes auch leichter wog als jede der beiden Beethoven-Sonaten, die der Künstler geigerisch, stilistisch und ausdrucksmäßig hervorragend interpretierte, von Helmuth Barth auf dem Klavier begleitet.
Ein Beethoven-Abend von Paul Badura-Skoda umfaßte die Sonaten op. 27/2, op. 28, die Phantasie g-Moll, op. 77, und die Sonate für das Hammerklavier B-Dur, op. 106. Badura-Skoda, einer der begabtesten jungen heimischen Pianisten, geht Beethoven von verschiedenen Seiten an: von der titanischen, der verhaltenen, lyrischen — und von der vir^ tuosen. Nicht immer gelingt es ihm, alle diese Seiten zur lückenlosen Einheit zu verschmelzen. Das technische Können verleitet zuweilen zu spielerischen Passagen, die dem geistigen Impuls nicht immer gehorchen. Allerdings gibt es Stellen, wo Pathos, Gelöstheit und musikalische Aussage meisterlich vereint sind; ein Beweis richtigen künstlerischen Empfindens, das die noch fehlende Einheit zu erreichen strebt.
Auch Alfred Brendel spielte Beethoven. (Sonaten, op. 31, 1 und 2, op. 90 und op. 57.) Weniger glänzend, in seinem absolut dienendem Wollen jedoch überzeugender und irgendwie in größerer persönlicher Nähe des Meisters. Sein Zug zu immer tieferer Verinnerlichung befähigt ihn, auch das Rankenwerk in die Ausdruckswelt einzubeziehen. Eine gewisse noch nicht gefundene Lockerung des Spiels würde das geistige Bild noch klarer profilieren, was zweifellos von Brendel künftig zu erwarten ist.
Franz Krieg Der Konzertdirektion „Artia“ danken wir — nach dem erfolgreichen Auftreten der polnischen Geigerin im Zyklus „Die .große. Symphonie“ — eine Wiederbegeg-nung mit Wanda. W i 1 k q m i r s k a im Rahmen eines Soloabencts“' im P ä 1 a i s Auersperg. Auch sie begann mit Beethoven (Frühlingjsonate), ließ dann Bachs Partita E-Dur Sf Violine allein folgen und schloß mit der 2. Sonate für Violine solo von Eugene Ysaye. Dazwischen stand das für uns interessanteste Werk des Abends, Karol Szymanowskis dreiteilige Tondichtung „M y t h e s“, op. 30, für Violine und Klavier. Für diese drei poetischen Stimmungsbilder „La fontaine d'Are-thuse“, „Narcisse“ und „Dryades et Pan“ ist einmal der Ausdruck „Tondichtung“ voll gerechtfertigt. Mit diesem hochsensiblen, nervös-differenzierten Werk hat der größte polnische Komponist seit Chopin, der die Einflüsse von Debussy, Skrjabin und des frühen Schönberg sehr eigenwillig verarbeitete, nicht nur die Violinliteratur, sondern auch die Klangwelt der Geige (und des begleitenden Klaviers, das Kurt Rapf sehr fein und nuanciert spielte) wesentlich bereichert.
Schade, daß so wenige Geiger sich an dieses Werk wagen; aber das wird wohl seine Gründe haben. Wanda Wilkomirska, die heute zu den technisch brillantesten und faszinierendsten Geigerinnen zählt, ist den hohen Anforderungen Szymanowskis an Technik, Intelligenz und Sensibilität vollauf gewachsen. Diese Musik und diesen Ton bekommt man nicht so leicht wieder aus dem Ohr. Daneben wirkt manches ..klassische“ ein wenig simpel und altbacken.
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