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Solistenkonzerte

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Obgleich der riesige Raum des Großen Konzert haussaa1es für eine Sologeige nicht günstig ist, vermochte Leonid Kogan durch sein Spiel 2000 Zuhörer zu faszinieren. Die Souveränität, mit der hier J. S. Bachs Chaconne für Violine allein mit aller ihrei angedeuteten und ihrer wirklichen Poly- phonie zu einem klaren, tönenden Bild gestaltet wurde, legitimierte den Interpreter entscheidender als ein langes Programm, darin nur bei Prokofieff (Sonate D-Dur op. 94) eine innere Verbundenheit festzustellen war, während das Verhältnis zu Brahms (Sonate G-Dui op. 78 und Scherzo) bei aller Rundheil der Wiedergabe mehr vom Klavier (Naum Walter) als von der Geige her belebl wurde und auch die „Schlager“ (eine spanische Volkssuite und eine Transkription von Rossinis Figaro-Arie) den schönen Geigenton nicht erwärmten. Der Widerspruch dieser distanzierten Kühle zu dei sympathischen, unbetonten Erscheinung des Künstlers wurde durch den Beifall des Publikums ausgeglichen. F. K.

Im vollbesetzten Großen Musik- vereinssaal gab Mischa Elman, am Steinway-Flügel von Joseph S eigen begleitet, einen Violinabend. Der untersetzte, ungemein rüstige Siebzigjährige stammt aus der russischen Geigerschule von Leopold Auer, der auch Efrem Zimba- list und Jascha Heifetz ausgebildet hat. Sein Äußeres entspricht gar nicht der Vorstellung, die wir von Virtuosen seiner Generation haben: man könnte ihn ebensogut für einen großen Internisten oder den Leiter eines Konzerns halten. Auch seine kleine und rundliche Hand, besonders die Linke, ist nicht die des geborenen Geigers. Elmans Stärke liegt also vornehmlich in dem meisterhaft Und virtuos geführten Bogen. Auf dem Programm standen die D-Dur-Sonate von Händel, die Frühlingssonate von Beethoven, das Violinkonzert von Mendelssohn und, im zweiten Teil: das Poeme von Chausson sowie kleinere Vortragsstücke von Achron, Benjamin und Wieniawski. — Die „alte Schule“ ist aus diesem Programm deutlich abzulesen, denn heute wagt es wohl kaum mehr ein Geiger, das Mendelssohn-Konzert und das Poeme von Chausson vom Klavier begleiten zu lassen. Den Ton Mischa Elmans bezeichnet der Geiger Carl Flesch einmal als „strotzend von sinnlichem Wohllaut, mit italienischem Belcanto in orientalischer Aufmachung". Davon war im ersten Teil des Programms nichts zu kcn::Elmaqs, Ton ist heute von klassisch«» Färbung und' Ausgeglichenheit. Auch der Virtuose trat weitgehend zurück, um so glänzender manifestierte sich ein großartiger. warmherziger Musiker — der dann im zweiten Teil die üblichen Konzessionen in Gestalt gefällig-virtuoser Geigenkunststücke machte, allerdings zuweilen mit dem Lächeln des Schalks, der zu verstehen gab, das er eben auch das könne. Nach diesem Abend kann man Elman jedenfalls bestätigen, daß das Alter fast spurlos an ihm vorübergegangen ist und er auch heute noch zu den ersten Geigern zählt.

Im Brahmssaal des Musikvereins gab Magdalena Ernst einen Klavierabend. Ihr Spiel hat mehr kammermusikalischen als konzertanten Charakter — dem, klugerweise, auch der größte Teil des Programms angepaßt war. Bachs Toccata con fuga c-moll hätte man stellenweise mehr „Ton“ gewünscht, der das Konzert beschließenden „Fantasia baetica“ von de F a 1-1 a (nach der Bätischen Provinz der Römer so genannt, die etwa dem heutigen Niederandalusien entspricht) mehr Brillanz. Schuberts fast halbstündige Sonate E-Dur mit Spannung zu erfüllen ist für den Interpreten keine leichte Aufgabe. Dagegen zeigt Regers nur halb so lange Sonatine e-Moll op. 89/1 von 1905 sehr glückliche Proportionen, die von der Interpretin gut wahrgenommen und heransgearbeitet wurden. Improvisatorischfrei ist die Form von Leoš Janäceks 1913 geschriebenen, aber erst 1924 veröffentlichten Impressionen „Im Nebel“. Die vier kurzen Sätze haben den Reiz des Unkonventionell-Spröden. Hier vor allem, aber auch schon vorher, bei Schubert und Reger, zeigte sich, was für eine feine Musikerin Magdalena Ernst ist.

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