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Roussel, Bartok und Wagner-Regeny

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Andre C 1 u y t e n s, gern gesehener Gast als Operndirigent, nicht nur in Wien, sondern auch Bayreuth und andernorts, leitete das 6. Konzert im Zyklus „Die große Symphonie“. Und zwei von den Werken, die er aufs Programm setzte, haben etwas Opernhaft-Illustratives: die 2. Suite aus dem Ballett „Bacchus und Ariadne“ von Roussel (1931 mit großem Erfolg in Paris uraufgeführt) und Cesar Francks Monumentalsymphonie in d-moll (1889 uraufgeführt und damals sehr umstritten). In der Ballettsuite mit „dionysischer Verzückung“, „bacchantischem Taumel“ und „Schlußapotheose“ (nachdem rein musikalisch nicht eben sehr viel passiert ist) gilt es, eher zu dämpfen als anzufeuern, und auch Francks im Grunde unfranzösisches Pathos bedarf keines Nachdrucks. Dazwischen: Beethovens 5. Klavierkonzert in Es-dur, dessen Solopart der etwa 30jährige Japaner Takahiro S o n o d a spielte, ein Mann, der viel kann, der zu differenzieren versteht, der Kraft und Temperament besitzt. Aber, merkwürdig: das alles kam mehr dem Detail als dem Ge-samteindrUck zugute. — Unter der freundlichen, eleganten und lebhaften Leitung von Andre Cluytens zeigte sich das Orchester der Wi e n e r Symphoniker in guter Musizierlaune, und auch dem Publikum hat dieses abwechslungsreiche Konzert bestens gefallen.

Im Mittelpunkt des öffentlichen Rundfunkkonzertes am vergangenen Sonntagvormittag, das gleichfalls von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Hans Swarowsky ausgeführt wurde, stand das Konzert für Violine und Orchester von Bela B a r 16 k (das man künftig, nach der Freigabe des noch recht unpersönlichen Jugendwerkes, als das zweite“ wird bezeichnen müssen). 1938 vollendet, und zwar als letztes Werk, das in Ungarn geschrieben wurde, zeigt es Bartok auf der Höhe seiper Meisterschaft. Es ist ausdrucksvoll in jedem Takt, konzis, allgemeinverständlich und mit einem Solopart ausgestattet, der von genauester Kenntnis des Instrumentes zeugt. Andre G e r 11 e r, ein ebenso kultivierter wie temperamentvoller Musiker, der auch ein hervorragender Interpret des Violinkonzertes von Alban Berg ist, spielte den schwierigen Part mit noblem, kraftvollem Ton und mit vollendeter Sauberkeit und Musikalität. In bester Form waren auch die Symphoniker, die zu Beginn des Konzertes Beethovens Ouvertüre zu „Die Geschöpfe des Prometheus“ und im 2. Teil die „Sinfonia domestica“ von Richard S t r a u s s spielten.

Ein interessantes Programm hatte auch ein R u n d-funkkonzert mit dem nicht sehr glücklichen Titel „Fast vergessen — zuwenig bekannt“, das von Kurt Richter geleitet und vom Rundfunkorchester ausgeführt wurde. Der Siebenbürger Rudolf Wagner-Regeny, lahrgang 1903, war, bevor er seine Erfolgsoper „Der Günstling“ schrieb, Kapellmeister bei Rudolf von Laben. Das im Auftrag der Berliner Staatsoper geschriebene Ballett „Der zerbrochene Krug“ besteht aus einzelnen geschlossenen Nummern, die keinerlei Illustrationen des Geschehens, sondern so etwas wie einen „klingenden Tanzboden“ für die einzelnen Episoden geben wollen. Wie in 6einen Opern ist auch hier das rhythmische Element sowie der Klang der Bläser und des Schlagwerks vorherrschend. — Sehr reizvoll ist die Mischung von barocken, motorischen und rumänisch-folkloristischen Elementen. — Der Name des Dänen Carl Nielssen (1865—1931) tauchte in den zwanziger Jahren gelegentlich auf den Programmen der IGNM-Veranstaltungen auf. Sein Konzert für Klarinette und Orchester (Solist Ottokar Drapal) ist eine echte Spielmusik: unromantisch, unproblematisch, aber auch frei von virtuosen Banalitäten. — Karl S c h i s k e, einer der besten aus Österreichs mittlerer Komponistengeneration, schrieb seine 1. Symphonie 1942, damals bereits im Vollbesitz des handwerklichen Könnens und mit schon ziemlich ausgeprägtem Eigenstil. Besonders charakteristisch ist die von starken Bewegungskräften belebte Intrada und der als Finale stehende Sonatensatz. Dazwischen ein langsamer Teil und ein Scherzo, also ein nur leicht variiertes klassisch - romantisches Schema. Aber Schiskes Tonsprache wirkt herber, seine Melodik ist archaisch getönt, die Farben sind unvermischter als im Tonsatz des 19. Jahrhunderts. Erfreulich und überraschend, daß trotz dieser Charakteristika keine „Spielmusik“ entsteht, sondern eine „echte“ Symphonie. Kurt Richter hat alle drei Stücke klar und plastisch dargestellt.

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