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Karl Böhm in Oper und Konzert

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Im Redoutensaal wurde in der .Salzburger Inszenierung” von O. F. Schuh und in den Kostümen Caspar Nehers Mozarts burleske Verkleidungskomödie „Cosi fan tutte” aufgeführt. Lisa Della Casa und Christa Ludwig waren die beiden wankelmütigen Schönen, Anton Dėrmota und Erich Kunz verkörperten und sangen die beiden flotten Offiziere. Als Despina brillierte Emmy Loose in einer für sie ausgezeichnet passenden Charakterrolle. Trotz des leichten und intelligenten Spiels, trotz der virtuosen Gesangskunst dieses hervorragenden Quintetts empfing man den stärksten Eindruck von dem Marchese Don Alfonso in der Gestaltung Paul Schöfflers. Die italienisch singenden Solisten wurden von den Philharmonikern unter Dr. Karl Böhm nicht nur „begleitet”, sondern musikalisch „dirigiert” und beschwingt. — Unser Urteil über diese Leistung wurde von einigen gegenwärtig in Wien zu Besuch weilenden französischen Musikkritikern bestätigt, die sich im Gespräch dahin äußerten, daß man eine Aufführung von solcher stilistischer Geschlossenheit und musikalischer Vollkommenheit gegenwärtig wohl nirgends anders zu sehen und zu hören bekommt.

In den Philharmonischen Konzerten sind Novitäten (auch solche aus dem Jahre 1942) Raritäten. Eine davon danken wir Dr. Karl Böhm, der Hindemiths „M etamorphosen” aufs Programm gesetzt hatte: ein ausgelassenes, effektvoll instrumentiertes, stellenweise etwas lärmendes Divertissement über Themen von C. M. von Weber. Dem Stück ging ein mit besonderer Verve und Klangschönheit musizierter „echter” Weber voraus: die Ouvertüre zu „Oberon”. Den zweiten Teil bildete die monströs-geniale „Domestica” von Richard Strauss, als dessen Meisterinterpreten wir Böhm immer wieder bewundern.

In einem außerordentlichen Konzert der Philharmoniker leitete Herbert von Karajan eine Aufführung der 8. Symphonie Anton Bruckners. Der lange unterbrochene Kontakt zwischen dem Dirigenten und dem Orchester machte sich nur im ersten Satz bemerkbar. Dann wurde, besonders im Scherzo und in dem erhabenen Adagio, intensiv und klangprächtig musiziert. Am Schluß des Konzerts gab es lang anhaltenden Beifall für die Wiedervereinigten.

Mit einem Festkonzert erinnerte das Wiener Kammerorchester an sein zehnjähriges Bestehen. Das von Paul Angerer zusammengestellte Programm spiegelte die zwar erst kurze, aber eigenständige Tradition dieses Ensembles: weniger bekannte ältere Werke und Neues, das der Leistungsfähigkeit und der Besetzung des Kammerorchesters entspricht. Ein Optimum markierte die sehr sonore und expressive Wiedergabe der „M etamorphosen” für 23 Solostreicher von Richard Strauss Theodor Bergers reizendes „Rondino giocoso” bildete den festlich-freundlichen Ausldang. — Der erste Teil des Konzerts vermittelte uns die dankenswerte Bekanntschaft mit einer siebensätzigen Serenade Mozarts (D-dur, K.-V, 185). Für das elegante und gehaltvolle Cembalp.-Konzert d-moll von J. S. Bach war Ralph K irk patrick als Solist gewonnen worden, der die raschen Ecksätze mit feinmechanischer Präzision snielte und mit der aufmerksamen und diskreten Begleitung durch Paul Angerer sichtlich zufrieden war.

Yehudi Menuhin macht sich’s an seinen Soloabenden nicht leicht: er greift nach dem technisch Schwierigsten und geistig Anspruchsvollsten. In Werken, welche beide Anforderungen stellen, erreicht seine Interpretationskunst Höhepunkte. So kulminierte auch diesmal sein Abend im überfüllten Großen Konzerthaussaal in J. S. Bachs Partita Nr. 3 in E-dur und in Bartöks Violinsonate, über die Serge Moreux schrieb: „Das Werk ist von einer erschütternden Schönheit und zugleich lehrreich durch seine überlegte, sinnvolle Freiheit, durch seinen rhapsodischen Stil, der die schwebende Form mit ihrem Reichtum an leidenschaftlichem Ausdruck belebt.” Mit den übrigen Stücken des Programms hatte der Referent weniger Freude. Szymanowskis „Dryades et Pan” und Corellis „La Follia” sind zwar mehr als Virtuosenstücke, aber Paganinis „I Palpiti” ist ein wahrhaft fürchterliches Machwerk, sowohl was seine Banalität als auch was seine technische Vertracktheit betrifft. Hat Menuhin, dieser großartige Künstler, es nötig, die erstere in Kauf zu nehmen, um die Meisterung der letzteren zu beweisen? Besonders als Partner in der Bartök- Sonate zeichnete sich Manuel V i 11 e t am Flügel aus.

Peter Pears sang, begleitet von Benjamin Britten, im Mozart-Saal Lieder von Purcell, Schubert und englische Volkslieder sowie Brittens Vertonung von sieben Michelangelo-Sonetten. Bei der Wiedergabe dieses Meisterwerkes konnte man die wirklich einzigartig freie und disziplinierte Art der Darbietung bewundern, die lediglich durch häufige fehlerhafte Aussprache des Italienischen (das unser „Cosi-fan-tutte”-Ensemble wesentlich besser beherrscht) etwas gestört wurde.

seinen 7. Abend mit Joseph Marx’ Streichquartett „in modo classico”. Bezeichnenderweise sprechen die’ beiden am wenigsten stilisierten Sätze mehr an: das ausdrucksvolle Adagio, welches die Linie der großen deutschen Romantiker (Reger-Pfitzner-Strauss) fortsetzt und das Finale, das auch ein wenig Pariser Luft in den Konzertsaal bringt. Die Wiedergabe durch die Herren Barylli, Straßer, Streng und Brabec war besonders sorgfältig. Eine Parallelveranstaltung hinderte den Referenten, die übrigen Werke des Programms zu hören: Beethovens op. 18 Nr. 3 und Schuberts Forellenquintett.

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