6779195-1969_35_12.jpg
Digital In Arbeit

Dirigenten und „Regisseure“

Werbung
Werbung
Werbung

Uber die ersten Mozart-Konzerte der Wiener Philharmoniker im Großen Saal des Mozarteums ist an dieser Stelle schon referiert worden. Vom dritten, dem besten dieser Reihe, wäre zu berichten, daß Karl Böhm es zusammengestellt und geleitet hat. Man kennt und schätzt den Dirigenten seit langem als sorgfältigen Programmgestalter, als Strategen einer wirksamen musikalischen Schlachtordnung.

Sie bewährte sich aufs Schönste auch an diesem unkonventionell disponierten Abend schon bei dessen Beginn mit der Serenata notturna in D-Dur (KV 239). Dem duftigen Klang des kleinen Philharmonikerensembles entband sich zu solistischem Höhenflug der schmelzreiche Klang der Solovioline von Konzertmeister Walter Weller. Für den Mittelteil, die Konzertante Symphonie für Violine, Viola und Orchester in Bs-Dur (KV 364), waren als Solisten der frühere philharmonische Konzertmeister Wolfgang Schneiderhan und der Stimmführer der Bratschen, Rudolf Streng, aufgeboten. Ohne Übertreibung durfte man von einem Aufgebot sprechen. In reicher, fast überdimensionierter Besetzung erklang am Ende die B-Dur-Symphonie (KV 319), in erstaunlich durchsichtigem Vortrag. Sawallisch hatte zehn Tage davor mit dem gleichen Orchester Mozart wie Militärmusik klingen lassen.

Auch das zweite Böhm-Konzert, eine (Wiener) philharmonische Matinee im Großen Festspielhaus, hatte schon von der Stückwahl her großen Reiz: Beethovens und Schumanns „Vierte“ mit Mahlers „Liedern eines fahrenden Gesellen“ in der Mitte, die Christo Ludwig (als Binspringe-rin für den erkrankten Hermann Prey) auch zum Mittelpunkt machte: durch naturburschenhaft... frisches Singen wie durch künstlerisch gereiften Ausdruck. Böhm und'-die' Philharmoniker musizierten Schumann und Beethoven mit Elan, Intensität und Präzisionsbrillanz. Kein „Vierer“ gebührte ihnen für die beiden „Vierten“, sondern eine römische „Eins“. Das Publikum schrieb sie

mit langer und lauter Zustimmung groß in den Saal.

Drei Abende lang war Herbert von Karajans jüngstes Prcrtekttanskiind in Salzburg zugegen und tätig: das gar nicht so junge Orchestre de Paris, das aus dem ehemaligen Orchestre National entschlüpft und hörbar ein wenig zu früh zu Salzburger Festspielehren gekommen ist. Nicht, daß dem Ensemble jegliche Qualität abzusprechen wäre: sie ist zumal In den einzelnen Gruppen vorhanden, zuvörderst in den Bläsern, doch auch in hart aufglänzenden Streichertutti. Nur mischen tut sich der Klang nicht so recht, es bleiben Reste, zu tragen peinlich, zumal im Brahmsisch-romantiscben Cisar Franck (d-Moll-Symphonle), den Serge Baudo am ersten Abend vor Debussy („L'apres midi d'un faune“) und Ravel („Daphnis und Chloe“, 2. Suite), dirigiert hatte. Bsim Berlioz-Rectuiem stiegen die Gäste gut. aus, zumal Seiji Ozawa die hier nötige Klangregie besser beherrschte als das Dirigieren von Mozart-Musik in „Cosi fan tutte“. Da zudem von Ozawas Protektoren auch für entsprechende Applausregie gesorgt war, gestaltete sich die Re-

quiemaufführung ähnlich triumphal wie Verdis „Aida“-Triumphakt in Verona. Fehlten bloß noch ein paar Elefanten.

Karajan schließlich und Rostropo-vitch musizierten im dritten Konzert des französischen Orchesters. Ursprünglich hätte der Cellist daj Haydn-Konzert in D-Dur spielen sollen, doch die Noten waren nicht zeitgerecht zur Stelle — wie das schon so passiert bei Festspielen, die der Schlendrian regiert. Flugs kamen Tschaikowskys nicht unbedingt für Festspiele gedachte Rokokovariationen an die Reihe. Des Cellisten Virtuosität und Musikalität, sein Ton und seine Phrasierung konnten schon begeistern. Eine Bach-Sarabande war die Zugabe, mit der das Publikum in die Pause gehen durfte. Darnach Berlioz' „Phantastische“ wie von Karajan zuletzt vor ein paar Jahren am gleichen Ort gehabt. Damals — ich glaube, es spielten die Berliner Philharmoniker — war die Aufführung noch fulminanter. Möglicherweise täuscht die Erinnerung; sicher ist, daß sich Stücke dieser Art rasch abspielen.

Kurz nur muß eine Matinee der Wiener Philharmoniker mit dem israelischen Dirigenten Eliahu Inbal gestreift werden, der mit Dvofdks „Neuer Welt“ eine Talentprobe ablegte und den sehr konturiert spielenden Pianisten Bruno Leonard Gelber (Ravel-Konzert in G-Dur) ordentlich begleitete; kurz auch nur das der Stückwahl nach interessante iibbado-Konzert mit einer gelungenen Wiedergabe von Strawinskys „Oedipus rex“-Oratorium (mit La.;'o Kozma, Loren Driscoll, Vera Souku-pova, Tom Krause, Victor van Halem und Michael Heitau als Solisten.) und einer eher blaß geratenen „Ersten“ von Brahms; und kurz auch, weil nur in, SuDerlativen zu erträrvkaav eine philharmonische Beethoven-Matinee mit dem großen alten George Szell, der die „Egmont“-Ouvertüre, die „Fünfte“ und dazwischen das 3. Klavierkonzert dirigierte, mit Emil Gilels als Solisten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung