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Dvorak-Requiem und Orgelmusik

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Symphoniker und Singakademie vereinten sich unter Zdenek Kosler zu eindrucksvoller Wiedergabe von Anton Dvoräks „Requiem“, op. 89 für Soli, Chor und Orchester. Man kann das Werk nicht besser würdigen als durch die Feststellung, daß es neben den Vertonungen des gleichen liturgischen Textes durch Mozart und Verdi genug Eigenes zu sagen hat, um neben ihnen in Ehren bestehen zu können. An dem hohen Niveau der Wiedergabe hatten alle Ausführenden ihren gewogenen Anteil: die umsichtige, temperamentvolle und doch das rechte Maß wissende Leitung des Dirigenten; das hervorragende Solistenquartett Helen Donath, Ljuba Barizova, Ivo Zidek und Gerd Nienstedt, mit entschiedenem Vorrang der Damen; der präzis und sauber, aber auch mit geistigem Duktus singende Chor, von Hans Gillesberger mit stilistischer Sorgfalt einstudiert; das Orchester nicht zuletzt, das trotz machtvoller Tonentfaltung Transparenz wahrte; das Zusammenwirken aller Kräfte im Sinne des Komponisten, das Werk und Aufführung den begeisterten Beifall sicherte.

In einem Konzert des österreichischen Rundfunks spielten die Wiener Symphoniker unter Hans Swarowsky die Symphonischen Metamorphosen Weberscher Themen von Paul Hindemith, von denen der zweite Satz (Thema der Turandot-Ouver-türe) die unmittelbarste, fast volkstümliche Wirkung hat, das ganze Werk aber eine so universale, daß man bedauert, es so selten zu hören. Die Programmfolge brachte noch das Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur, op. 11 von Franz Liszt mit der bravourösen solistischen Leistung von Paul Badura-Skoda sowie eine sehr gekonnte Wiedergabe von Richard Strauss' Tondichtung „Also sprach Zarathustra“. Das Orchester bot unter Swarowskys bewährter Leitung eine abgerundete Leistung. *

Richard Beck leitete ein Orchesterkonzert der Wiener Symphoniker. Das Programm umfaßte die „Tragische Ouvertüre“ von Johannes Brahms, sodann dessen selten zu hörendes Doppelkonzert für Violine und Violoncello mit Orchester, op. 102, und abschließend Beethovens VII. Symphonie. Mittel- und Höhepunkt war das Doppelkonzert mit den Solisten Walter Weller (Violine) und Wolfgang Herzer (Violoncello). Die beiden jungen Solisten bewiesen ebenso Mut wie enormes Können und kämpften sich zu sehr anerkennenswerter Bewältigung durch. Der Dirigent begleitete behutsam, ließ aber in der folgenden Beethoven-Symphonie seinem Klangrausch die Zügel schießen. Wir hörten diese Symphonie noch nie so laut. — Auf dem Programm des zweiten von Richard Beck geleiteten Konzerts standen Schumanns „Manfred-Ouvertüre“, Beethovens 4. Klavierkonzert (mit Raymond Trouard als Solisten) und Bruckners IV. Symphonie.

Das Vlach-Quartett (Prag) spielte nach einer etwas farblos geratenen Wiedergabe von Felix Mendelssohns Streichquartett a-Moll, op. 13, das zweite Streichquartett („Intime Briefe“) von Leos Janäcek und offenbarte hier seine subtile Aus-druokskunst bei aller Verhaltenheit eines fast klassisch anmutenden Spiels. In noch stärkerem Maße hatte man diesen Eindruck bei Friedrich Smetanas Streichquartett e-Moll (Aus meinem Leben). Der Stil dieses Musizierens ist nicht unbedingt entgegenkommend. Man muß sich hineinhören, um dann aber ungetrübte Freude an Adel und Noblesse dieser Ausgewogenheit zu empfinden. Das Publikum verstand und dankte mit viel Beifall. *

Marie-Claire Alain, den Orgelenthusiasten bereits vertraut und stürmisch begrüßt, baute das Programm ihres Orgelabends diesmal mit einer Ausnahme ganz auf Tradition auf, wobei Dietrich Buxtehudes Präludium und Fuge a-MoM sowie drei Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach, dazwischen zwei Choräle von Franz Tunder, des Amtsvorgängers Buxtehudes, und somit der ganze erste Ted! der deutschen Orgelkunst gewidmet waren. Der zweite (französische) Teil umfaßte das „Livre d'Orgue“ von Pierre du Mage (1676 bis 1751), sieben kleine, klanglich wie struktiv eigenartig profilierte Stücke, und nach Cesar Francks „Pastorale“ das einzig moderne Werk, die „Suite pour orgue“ von Jehan Alain, dem viel zu früh verstorbenen Bruder der Künstlerin, von dessen Schaffen bei längerem Leben wohl eine wesentliche Bereicherung in der Entwicklung neufranzösischer Orgelkunst ausgehen hätte können. Das Spiel Marie-Claire Alains sprüht von Lebendigkeit der Farben und agogi-schen Nuancen und riß beim letzten Stück zu Beifallstürmen hin.

Als Gäste der Österreichisch-Polnischen Gesellschaft musizierten die Mitglieder der Capella Bydgostien-sis alte Musik verschiedener Herkunft auf alten Instrumenten oder mit Begleitung solcher. Das Vokalquartett (Renata Janiszewska, Irena Tkaczyk, Eugendusz Sasiadek und Wieslaw Brychcy) zeigte eine sorgfältig studierte Kunst des Zusammensingens, die begeisterte und durch den aparten instrumentalen Klang seine einmalige Färbung, diese alber jedesmal anders, erhielt Das überaus reiche Programm (27 Nummern) wirkte nirgends ermüdend, weil man stets neue Nuancen zu setzen wußte. Ein sehr dankenswerter Abend als Beweis musikalischer Kultur des Nachbarlandes, dessen Gäste herzlich begrüßt und bedankt wurden.

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