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Bruckners neue Interpreten

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Zweimal innerhalb einer Woche . erklangen im Großen Musikvereinssaal Bruckner-Symphonien, und zweimal konnte man mit Freude und Befriedigung feststellen, daß Bruckners Werk auch unter den jüngeren Dirigenten Sachwalter gefunden hat.

In der „Großen Symphonie“ überraschte Christoph von Dohndnyi, den man bei uns als guten Musiker und überzeugenden Orchesterleiter zwar längst schätzen gelernt hat, dem man aber eine so sichere Bewältigung eines Werkes von Anton Bruckner nicht nur in inhaltlicher, sondern auch in formaler Hinsicht vielleicht doch nicht zugetraut hat, mit einer hörenswerten Wiedergabe der 6. Symphonie. Gewiß war es sehr klug von ihm, gerade diese seltener aufgeführte, musikalisch weniger problemreiche Symphonie zu wählen. Aber er hat sie im formalen und klanglichen Aufbau so gut angelegt, das Orchester (die ausgezeichnet disponierten Wiener Symphoniker) zu einer so ausdrucksvollen Leistung geführt, daß man neugierig auf seine weitere Auseinandersetzung mit Bruckner wurde.

• Vor Bruckner spielte an diesem Abend Alfred Brendel Beethovens 4. Klavierkonzert. Der Pianist hat sich zu einem Beethoven-Interpreten persönlicher Art mit gefühlsinniger Beziehung zum Werk entwickelt. Bei aller Klarheit in Ton und Phrasierung hob er das in diesem Konzert besonders ausgeprägte poesievolle Element sehr stark hervor, legte einen Schleier verträumter Romantik über die Musik, ohne aber damit der klassischen Grundhaltung Abbruch zu tun.

Im dritten Abonnementkonzert der Wiener Philharmoniker dirigierte Lorin Maazel Brahms und Bruckner. Diesmal war es die „Romantische“ des oberösterreichischen Meisters, und der Dirigent erwies sich an ihr als bedeutender Interpret. Schon die Klangverteilung war von beachtenswerter Ausgewogenheit; die Lyrismen blühten richtig auf; die Steigerungen hatten langen Atem und kulminierten dn monumentalen Höhepunkten (Unisono im Finale!). Ungemein stimmungsdicht das um einige Grade dunkler als üblich gefärbte Andante und das fast illustrativ wirkende Scherzo.

Vor Bruckner spielten die Philharmoniker — gleich meisterlich in der orchestralen Ausführung — die 3. Symphonie von Johannes Brahms. Auch hier zeigte sich Maazel als Gestalter von Format. Seine Tempi waren bisweilen langsamer als üblich, der musikalische Ausdruck aber dadurch nach der lyrischen Seite vertieft. Der Dirigent ließ das Werk eine erhabene Ruhe ausstrahlen, und das tat gut in unserer Zeit, die auch in der musikalischen Interpretation nur zu oft das Hektische, Motorische bevorzugt.

Ein Abend, der zu gleichen Teilen Mozart und der Jugend gewidmet war, brachte im Mozart-Saal die er freuliche Begegnung mit Georg Fischer. Der junge Dirigent zählt nach diesem Konzert zu den großen Hoffnungen für die Zukunft. Ob er mit behender Leichtigkeit die kleine A-Dur-Symphonie (KV. 318) oder mit großem Emst die kleine g-Moll- Symphonie (KV. 183) aufführt — immer ist er mit dem Herzen dabei. Erst recht in der festlichen „Krönungsmesse" bewies Fischer, daß er sowohl ein ausgezeichneter Schlagtechniker ist, als auch ein Musiker, der das zu realisieren versteht, was zwischen den Noten steht. Das Wiener Kammerorchester folgte den Intentionen des Dirigenten meistens sehr getreu, hatte aber gelegentlich Schwierigkeiten mit der klanglichen Präzision. Mustergültig hingegen der Wiener Kammerchor (Einstudierung: Hans Gillesberger)! Die Solisten Ljuba Barizova (Alt), Klaus Gerboth (Tenor), Herbert Lackner (Baß) und vor allem Lucia Popp (Sopran) waren bestens disDoniert.

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