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Drei große Orchester
”1’ htozÄrts „Haffner-Syrnphqnie“ eröfjnete das 2. Abonnementkonzert der “Wiener Philharmoniker, wenn man von dem überaus herzlichen Empfang des Dirigenten Dr. Karl Böhm durch das Publikum absieht. Als markierter Mozartdirigent wußte er dem eigentlich aus einer Serenade entstandenen Werk allen mozarti- schen Glanz zu entlocken und besonders den unkonventionellen ersten Satz (Variationen- statt Sonatensatz) zu fröhlicher Transparenz auszuleuchten. Das interessanteste Werk im Programm war Frank Martins „Petite Symphonie concertante“ für Harfe, Cembalo, Klavier und zwei Streichorchester (mit den Solisten Hubert Jelinek (Harfe), Isolde Ahlgrimm (Cembalo) und Iwan Eröd (Klavier), eine Komposition, die bewußt des sonst nur als Continuo verwendete Instrumente so- listisch vorstellt. Klang, Rhthmus und Farbe sind ebenso geistvoll als mu- sikaptisch in ganz persönlicher Eigenart zu einem Ganzen verwoben, das den Hörer nicht sogleich anspringt, ihn aber bald immer stärker fesselt. Mit einer großartigen Wiedergabe der 1. Symphonie von Brahms setzten Dirigent und Orchester den Schlußpunkt zu einem Konzert, wie es im geistigen und künstlerischen Profil nur ihnen gelingt.
Die Wiener Symphoniker begannen ihre Konzertsaison unter Leitung von Thomas Ungar mit Joseph Haydns Symphonie C-Dur, Nr. 60 (11 Distratto). Sie war als Bühnenmusik komponiert worden und wurde 1803 von Haydn selbst als „alter Schmarrn“ bezeichnet, wohl ihrer „zerstreuten“ Form wegen. Sie ist dessenungeachtet an Effekten nicht arm, hat heitere Einfälle (so das „Stimmen“ der Geigen im 6. Satz) und verwendet viel volksliederartiges Melos mit ungarischen und südslawischen Anklängen. Das Cellokonzert A-Moll, op. 129 von Robert Schumann, darin das Örchester mehr als sonst in ähnlichen Werken nur eine „begleitende“ Rolle spielt, offenbarte seine klangliche Schönheit durch Enrico Mai- nardis Interpretation in voller Wärme und in seinem romantischen Zauber. In der abschließenden Symphonie „Mathis, der Maler“ von Paul Hindemith, kam die Gegenwart zu Wort und wurde durch die straffe und temperamentvolle mitreißende Führung des Dirigenten, dem das Orchester beschwingt folgte, zum Erlebnis.
Franz Krieg
Den Zyklus „Die Große Symphonie“ im Musikverein eröffnete das Leipziger Gewandhausorchester unter der Leitung von Vaclav Neumann. Hauptwerk des Abends war Bruckners Siebente, und man darf nach dieser eindrucksvollen Interpretation das größtenteils aus jüngeren und „mittelalterlichen“ Musikern bestehende Ensemble durchaus zu den Bruckner-Orchestern zählen. (Sein kultiviertes, klangschönes und sicher intonierendes Blech verdient besonders hervorgehoben zu werden.) Weniger wußten Dirigent und Orchester mit Strawinskys geistvollsarkastischem „Kartenspiel“ anzufangen, einer Ballettmusik, die 1936 für Balan- chine und seine Truppe geschrieben wurde. In großer Besetzung wurde diese eher kammermusikalisch angelegte Partitur genau und sauber exekutiert, aber keiner von den Ausführenden (mit Ausnahme einiger Holzbläser) scheint den Witz der ganzen Sache begriffen zu haben. In dem hochinteressanten, abwechslungsreichen, kraftgenialischen, aber ein wenig mosaikartig zusammengesetzten 1. Klavierkonzert von Prokofieff (bereits 1911, noch während der Konservatoriumszeit, geschrieben) brillierte die junge, schlanke Blondine Annerose Schmidt. Der zum Teil halsbrecherische Solopart wurde von ihr auf einem hellharten Steinway mit aller jener Bravour und Kraft gemeistert, die bereits dem jungen Prokofieff mit seinen abnorm großen Händen und stählernen Fingern eigen waren.
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