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Musik aus England

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In drei Konzerten und unter drei Dirigenten hat das „London Sym-phony Orchestra“ seine Qualitäten entfaltet und das Publikum begeistert. Neben einer Haydn-Symphonie in jedem der Konzerte, wovon die Es-Dur-Symphonie Nr. 103 unter Colin Davis am vollkommensten in der Wiedergabe war, umfaßte jedes Programm ein typisch englisches Werk und ein solches der Weltliteratur. Benjamin Brittens „Sinfonia da Requiem“, im ersten Satz etwas dumpf, ist im zweiten von erregender Dramatik, im dritten voll poetischer Verklärung. Ihr gegenüber stand (unter Georg Solu) die 1. Symphonie von Johannes Brahms in fast beethovenscher Straffheit und Ausgewogenheit. Ein weiteres Werk von Britten, die „Variationen und Fuge über ein Thema von Purcell“ darin die Instrumentengruppen einzeln und im Zusammenspiel zu aparter und humoriger Geltung kommen, erreichte (unter Colin Davis) fulminante Wirkung. Im gleichen Konzert spielte Yehudi Menuhin den Solo-part des Violinkonzertes von Edward Elgar. Der Erfolg galt diesmal unbe-,steittenjnehr der Ausfühiung als der Komposition. Hecton Berlioz' Over-ture zu „Beatrice und Benedikt“ indes erwies sich als eine au Unrecht vernachlässigte Kostbarkeit. Den größten Glanz jedoch entfaltete das Orchester in der Wiedergabe von Händeis „The Royal Fireioorks Suite“ (Feuerwerksmusik), der sogar noch die (ausgezeichnet musizierte) 7. Symphonie von Antonin Dvofäk überschattete. Dirigent dieses Konzerts war Istv&n KertSsz. Die grandiose Breite und Festlichkeit dieser Musik des langen Atems und erhabenen Schreitens wurde in ihrer Wirkung voll ausgeschöpft und repräsentiert die Pracht des Barocks wenn auch ein wenig äußerlich. Die Komposition kam dem Orchester weitgehend entgegen, dessen Stärke in den Bläsern und tiefen Streichern liegt, während die Geigen bei aller Exaktheit das Schwingende vermissen lassen. Franz Krieg

Zwei Ensembles von Spezialisten für alte Musik, „The Deller Consort“ und „Concentus Musicus“, haben sich im Mozartsaal vereinigt, um englische Musik des 16. und 17. Jahrhunderts zu interpretieren. Das englische Vokalseptett wird von Alfred Deller geleitet, der mit seiner Tenorstimme in Altlage singt, das Wiener Instrumentalensemble von Alice Harnon-court vom ersten Pult aus. Alte Instrumente (Violen, Gamben, Barockoboen, ein nach einem italienischen Kielflügel um 1700 kopiertes Cembalo) begleiteten Henry Purcells „Masque“ aus der Oper ;,Dioclesian“ sowie „The cries of London“ von Orlando Gibbons und spielten „Padu-anen“ von Willam Brade. Im mittleren Teil des Konzertes sang das vorzüglich geschulte Deller-Ensemble (vor den Pulten sitzend) Madrigale von Morley, Weelkes und Wilbye. — Erstaunlich und erfreulich, daß diese vor allem für Kenner und Liebhaber bestimmten Darbietungen den Mozartsaal füllen konnten. Der Beifall erreichte die Lautstärke wie nach einer Tschaikowsky-Symphonie. Schade nur, daß zugunsten von „Ku riositäten“, wie sie das manierierte Huldigungsgedicht „Masque“ (eigentlich e,n Anhängsel an eine Oper) und die bei uns wiederholt aufgeführten „Cries of London“ darstellen, auf so wichtige Komponisten wie Dowland und Byrd verzichtet wurde.

Im selben Saal fand am 28. Mai, gleichzeitig mit dem ersten Auftreten des „Bolschoi-Ballett“, ein dem Schaffen von Egon Wellesz gewidmetes Kammerkonzert statt. Wir werden es nach der Radiosendung am 26. Juni (I. Programm, 20.45 Uhr) besprechen.

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