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Urworte — Pfitznerisch

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Die Kantate für vier Solostimmen, Chor, Orchester und Orgel nach Goethes „Urworte. Orphisch“ ist Hans Pfitzners allerletztes (unvollendetes) Werk. Es fand sich im Nachlaß des 1949 in Salzburg im Alter von achtzig Jahren verschiedenen Komponisten. Von dem berühmten fünfteiligen Gedicht hatte Pfitzner die ersten drei Stücke im Partiturentwurf fertig, vom vierten existieren nur einige Anfangstakte und zum letzten nur Notizen. Robert Rehan hat die Partitur aus dem Skizzenmaterial ergänzt und aufführungsreif gemacht. Wir hörten das etwa eine Viertelstunde dauernde Werk im Rahmen eines öffentlichen Konzerts im Großen Sendesaal des Österreichischen Rund-junks. Die Ausführenden waren das Niederösterreichische Tonkiinstlerorchester und der Chor des österreichischen Rundfunks sowie die Solisten Traute Skladal, Gerda Marcus, Adolf Dallapozza und Franz Furchs. Während die letzten Instrumentalkompositionen Pfitzners allzu idyllisch-gefällig geraten sind und sich von den letzten Werken seines lebenslangen Antipoden Richard Strauss kaum unterscheiden, hat dieses Werk einen großen, echten Pfitzner-Ton und führt die Linie „Von deutscher Seele“ — „Das Dunkle Reich“ pathetisch zu Ende. Das erste Gedicht „Dämon“ singt der vom Orchester begleitete Chor. Nach einem kurzen pastoralen Zwischenspiel folgt das (ein wenig spärliche) Altsolo „Das Zufällige“. „Liebe“ wird von den vier Solisten vorgetragen, „Nötigung“ vom Chor und den Solisten, „Hoffnung“ vom Sopran intoniert und dann, im zweiten Teil, vom Chor und allen Solostimmen ausgeführt. Das Orchester hat durchaus nur Begleitfunktion zu erfüllen, Struktur und Kontrapunkt des ganzen Werkes sind von größter Einfachheit, die Wirkung aber ist trotzdem bedeutend. Der Dirigent der Aufführung war der aus Baden-Baden kommende Musikdirektor Carl August Vogt, der sich mit dem späten Stil Pfitzners ebenso vertraut zeigt wie mit der massiven Partitur von Max Regers fast 25 Minuten dauerndem „Symphonischen Prolog zu einer Tragödie“, bei deren Interpretation er das Orchester sichtbar fest in der Hand hatte und sowohl dramatische Spannung wie intensive Stimmung zu erzeugen vermochte. ♦

Luzern ist heute weniger das Arbeitszentrum als der Startplatz des 1955 von Wolfgang Schneiderhan und Rudolf Baumgartner gegründeten Kammerorchesters „Festival Strings Lucerne“, das während der letzten Jahre bei allen größeren europäischen Festivals mitgewirkt und die halbe Welt bereist hat. Wie man bei dem Konzert im Mozartsaal feststellen konnte, sind die Programme und die Qualitäten des aus zwölf Musikern bestehenden Ensembles, das gelegentlich durch ein Cembalo verstärkt wird, die gleichen geblieben. Im ersten Teil mit Werken von Vivaldi, Gibbons und Tar-tini gebührt die Palme zweifellos der kunstreichen und poetisch-schwermütigen „Fantasia a cinque“ von Orlando Gibbons (1583—1625). Den Abschluß des Konzerts bildet Bohuslav Martinas Con-certo für Trio mit Klavier und Streichern. Es stammt aus der (besten) Pariser Zeit des Komponisten, als er im Abstand von nur wenigen Wochen im Jahr 1933 zwei Werke mit der gleichen Besetzung schrieb. Dieses zweite Concerto ist ein schönes, substanzreiches, pompös klingendes Werk, dessen barockisierende Ecksätze besonders gut gelungen sind. — Begreiflich, daß man auch die jungen Geiger und Cellisten des Ensembles „herausstellen“ will, aber da ihnen Bravour und Brillanz fehlen, schien bei den Konzerten von Tartini (Cello) und Mendelssohn (Violinkonzert d-Moll) die Kapazität des Ensembles nicht voll ausgeschöpft. — Rudolf Baumgartner hat eine eigene Technik des Dirigierens vom ersten Geigenpult entwickelt. Er kennt die neuralgischen Punkte einer Partitur genau und erzielt mit einem Minimum von gestisehem Aufwand ein Maximum von Führungsdisziplin.

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