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Werke der Ueife

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Mit seinem neuen Werk „An den Baum Daphne“ hat Richard Strauß nicht nur die Chorliteratur um ein wertvolles Stück bereichert, sondern auch etwas Neues, Vollendet-Schönes geschaffen, das wir nach den „Metamorphosen“ . (die bei uns schon vor einiger Zeit aufgeführt wurden, aber später als das besprochene Chorwerk entstanden sind) nicht zu erhoffen wagten. Der neunstimmige Chor — zwei vierstimmige gemischte Chöre und ein Knabenchor — verarbeitet Themen aus der Oper „Daphne“ vermag die Klangvision des Komponisten

und ist als eine Art musikalischer Epilog zu dem Bühnenwerk aufzufassen. Die Textworte von Joseph Gregor sind glcidi-sam nur Stütze und Vorwand für die völlig gelöste und freie Bewegung der einzelnen Stimmen, für deren Führung in der älteren und neuen Chorliteratur kaum ein Vorbild gefunden werden kann. Charakteristisch ist, daß sich im letzten Teil die Stimmen gänzlich vom Wort lösen: sie umspielen sich in immer neuen harmonischen Wendungen und zaubern in ihrer sanft fließenden Bewegung das Bild jener Landschaft niit dem ewig blauen Himmel vor das geistige Auge, in der die Gestalt der Daphne heimisch ist. Keine banale Wendung, kein grober Akzent stört die Einheit der Atmosphäre. Nur höchste Meisterschaft vermochte dies Werk ?u schaffen; nur eine allen technischen Schwierigkeiten gewachsene Chorvereinigung

zu verwirklichen. Die Konzert'ver-einigung Wiener Staatsopernchor, der die Komposition gewidmet ist, brachte sie in dem Festkonzert anläßlich ihres zwanzigjährigen Bestehens unter Felix Prohaska zur Uraufführung. *

Zum 500. Todestag der Jeanne d'Arc schrieb Paul Paray, einer Aufforderung des Erzbischofs von Rouen folgend, seine „G roße Messe“ für Soli, Chor und Orchester. Dort, an der Kathedrale von Rouen, hatte der Komponist seine erste musikalische Unterweisung genossen Seine Messe aber wurde — nach den Worten ihres Sdaöpfers — „ein doppeltes Glaubensbekenntnis: ein religiöses und ein musika-lisdies“. Musikalisch bedeutet Parays Messe ein Bekenntnis zur Tradition seines Landes: vom Gregorianischen Choral über die Schola cantorum bis zum Impressionismus. Die verschiedenen Stilelemente sind weniger durch die geniale schöpferische Persönlichkeit des Autors, als vielmehr durch seinen hohen Kunstverstand und guten Geschmack zur Einheit gebunden. Der Rahmen einer liturgischen Messe ist durch den Umfang der einzelnen Teile gesprengt; außerdem fehlt — da die Messe für eine überkonfessionelle Feier geschaffen wurde — das Credo. Trotzdem ist das Werk, inhaltlich und künstlerisch, weit mehr als eine Gelegenheitskomposition. Jeder der vier Teile hat Gewicht und enthält Stellen von besonderer Schönheit. Am klangprächtigsten entfaltet sich das Gloria bei den Worten „Laudamus te, benedieimus te .. .“. Sehr verinnerlicht, zu sanft wiegenden Rhythmen der Streicher, erklingt das „Hosanna in excelsis“ und weicht damit auf eigenartige Weise von der sonst üblichen Vertonung dieser Stelle ab. Ruhig verklingt das Werk in dem Gebet um irdischen und himm-lisdien Frieden. Die Aufführung durch die Wiener Symphoniker. den Großen Chor de.s Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde und die Solisten Irmgard Seefried, Lorna Sydney, Julius Patzak und Herbert Alsen unter der Leitung des Komponisten wurde mit einem Beifall aufgenommen, der für ein zeitgenössisches Werk völlig ungewöhnlich ist Der Komponist und Dirigent Paul Paray hat sich durch seine Messe viele Freunde und hohe Wertschätzung bei unseren Musikern und Musikfreunden erworben.

Der Weg des Komponisten Igor Strawinski (geboren 1882 in Oranrnbaum) von der Spätromantik über die Folklore

taii Se Epoche des „entfesselten RhytK-mus“ z einem neuen Klassizismus war der vieler zeitgenössischer Tondichter. Die im Jahre 1943 komponierte dreiteilige „O d e“ (elegischer Gesang in drei Teilen) vermochte ihrem Gehalt nach nicht ganz zu überzeugen. Die „V ier norwegischen Impressionen“ sind stilisierte Stimmungsbilder von herber orchestraler Färbung, in denen sich das hohe instrumentale Können des Komponisten bei der Bearbeitung volkstümlicher Lied- und Tanzweisen glänzend bewährt. Die österreichische Erstaufführung beider Werke fand im Rahmen des von Ernst Märzendorfer geleiteten 4. Symphoniekonzertes der Wiener Symphoniker statt.

Einer der bedeutendsten russischen*Komponisten der älteren Generation ist Sergej Prokofjew. Seine V. Symphonie op. 100, ist ein ernstes, gehaltvolles und formstrenges Werk, das durch die beiden gewichtigsten Sätze (den pathetischen, in düsteren Farben gehaltenen ersten

und den ttauermars chartigen dritten Teil) den Titel „Pathettque“ rechtfertigen würde. Der vitale Rhythmiker und glänzende Instrumentator, al den wir Prokofjew aus seinen früheren Werken kennen, entfaltete sich am freiesten in den beiden Allegrosätzen. Die Wiener Symphoniker brachten das umfangreiche Opus mit Schwung und Präzision sehr eindrucksvoll zur österreichischen Erstaufführung. Der junge Prager Dirigent Jaroslaw Krombholz ist eine vielversprechende Begabung. Naturgemäß fehlt es ihm noch an Routine und Gelöstheit, aber er hat jenen Funken, auf den es ankommt. Fast noch besser gelang dem Dirigenten und dem Orchester die Wiedergabe der glänzend instrumentierten, farbenprächtigen und melodienreichen symphonischen Suite aus „Tausendundeine Nacht“ „S c h e h e-r e z a d e“ von Rimsky-Korsakow, welcher der Lehrer von Strawinski und Prokofjew war, und in dessen Musik wesentliche Ausgangspunkte für das Schaffen seiner großen Schüler mit aller Deutlichkeit zu erkennen sind.

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