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Singverein, Kammerchor und „V. Nazor“

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Zur Feier seines hundertjährigen Bestandes Hätte der S i n g v e r e i n der Gesellschaft der Musikfreunde zu einem Festkonzert in den Großen Musikvereinssaal geladen. Nach dem Vorspiel zu den „Meistersingern“, gespielt von den Wiener Symphonikern, die dem jubilierenden Chor als „Hausorchester“ besonders verbunden sind, sprachen, vom stellvertretenden Vorstand begrüßt, der Unterrichtsminister, der Bürgermeister von Wien, der Präsident der Gesellschaft der Musikfreunde und Hofrat Dr. Brommer als derzeitiger Vorstand. In der historischen Rückschau, wie sie auch eine reichhaltige und gutredigierte Festschrift vermittelt, wird die Leistung und die musikhistorische Bedeutung des Singvereins lebendig. Seine Konzertdirektoren waren: Herbeck, Hellmesberger, Anton Rubinstein, Brahms, Richter, Loewe, Schalk, Furt-wängler, Kabasta, Furtwängler und Karajan (um nur einige der großen Namen zu nennen). Eigene Werke dirigierten folgende Komponisten (zum Teil als Erstaufführungen ihrer Chorwerke): d'Albert, Berlioz, Brahms, Heger, Hindemith, Liszt, Mascagni, Massenet, Paul Paray,. Anton Rubinstein, Weissensteiner und Hugo Wolf. Diese Namen sagen vielleicht mehr als die freundlichsten Elogen. — Getragen wurden diese Leistungen durch die Musikbegeisterung und die Opferbereitschaft der vielen hundert einzelnen Chormitglieder und die „im Schatten“ wirkenden Chorleiter und Korrepetitoren: Ferdinand Grossmann, Reinhold Schmid und Karl Pilss. Es war daher recht und billig, einen von ihnen, Dr. Reinhold Schmidt, bei der eindrucksvollen und würdigen Feier aufs Podium zu bitten. — Mit einem Sakralkonzert in der Augustinerkirche hat der Singverein seine Tätigkeit begonnen, mit einer klangprächtigen und schwungvollen Aufführung des „T e d e u m s“ von Bruckner beging er sein hundertjähriges Jubiläum. — Konzertreisen und Schallplattenaufnahmen während der letzten Jahre haben ihn weit über Wien und Oesterreich hinaus bekanntgemacht. Ad mukös annost

Im Mozart-Saal des Konzerthauses leitete Hans Gillesberger die Aufführung der „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz und zwei Kantaten von Bach durch den Wiener Kammerchor, ein Solistenensemble und1 das Kammer-orchester der Konzerthausgesellschaft mit Josef Ne-bois an der Orgel. Mit J. S. Bach beginnt — und kulminiert in gewissem Sinn — jene große deutsche Musik, zu der jeder wirklich musikalische Mensch auch heute noch einen unmittelbaren Zugang hat. Die großartigen Einleitungs- und Schlußchöre der Kantaten „Jesus, der du meine Seele“ und „Herr, gehe nicht ins Gericht“ ergreifen und überwältigen gleichermaßen durch die Meisterschaft der Komposition wie durch die Tiefe und Kraft der persönlichen (und zeitlos gültigen) Aussage. Und Anmutigeres wie das Duett mit Portativ und Baßbegleitung „Wir eilen mit schwachen, doch emsigen Schritten“ wurde wohl nie geschrieben. — Beim Hören der dreiteiligen „Exequien“ von Heinrich Schütz (1636) muß man sich erst umstellen: Für die Größe des Aufbaues, die Synthese von Intimem und Monumentalem, das Ebenmaß und den differenzierten Gebrauch feinster harmonischer und rhythmischer Mittel sind wir durch die romantische. Musik abgestumpft. Das gilt für Hörer und Ausführende in gleicher Weise. — Hans Gillesberger hat als Leiter des Ensembles keine Konzessionen gemacht. und uns diese Musik in all ihrer Größe und Strenge vermittelt.

„Vladimir Nazor“ ist der Name einer 1947 in Zagreb gegründeten Männerchorvereinigung, die unter der Leitung von Jacov G o t o v a c im Mozart-Saal konzertierte. Sechzehn Chöre von dreizehn Komponisten (darunter zehn lebenden) wurden aufgeführt und erwiesen sowohl die Kontinuität im Schöpferischen wie die auf die Wiederbelebung und künstlerische Gestaltung der Folklore zielenden Bestrebungen in Jugoslawien. Ein „Vaterunser“, ein „Bittgang“ und zahlreiche religiöse Motive in den Texten demonstrierten, daß diese „Note“ — wenigstens auf Auslandstourneen — keineswegs verpönt ist. — Am wirkungsvollsten war die fünfteilige, von Holzbläsern und Schlagwerk begleitete „Koleda“ von Gotovac, eine bei den Südslawen noch heute geübte Glückwunschzeremonie zu den hohen Festtagen. — Der klanggewaltige, bestens geschulte Chor hat vor fünf Jahren beim internationalen Chorfestival in Arezzo den ersten Preis erhalten und wurde auch jetzt, bei seinem Konzert in Wien, lebhaft gefeiert.

Wolfgang Sawallisch leitete das 7. Abonne-mentkonzert im Zyklus „Die große Sympho-n i e“, in dessen Mittelpunkt das Violinkonzert von Alban Berg stand. Wir haben den Orchesterpart (Wiener Symphoniker) selten so genau und differenziert, den Solopart wohl noch nie so ausdrucksvoll und tonschön gehört wie in der Interpretation des jungen französischen Geigers Christian Ferras. — Weniger geglückt war die Wiedergabe von Bachs 5. Brandenburgischem Konzert mit Sawallisch am Bösendorferflügel. (Entweder: kleine Besetzung, wie hier, dann mit Cembalo, oder große — aber dann mit entsprechendem Ausdruck musiziert, wie das etwa Furtwängler tat). Eine schöne Wiedergabe der 7. Symphonie von Beethoven beschloß das erfolgreiche Konzert.

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