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Von Bach bis Bartok

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Was setzt man vor einer Bruckner-Symphonie aufs Programm? Am besten gar nichts. Aber wenn schon eine „Ouvertüre“ sein muß und man sich zu dem vor einigen Jahren entdeckten Festlichen Präludium aus dem Bruckner-Kreis (dessen Herkunft umstrittener ist als sein künstlerischer Wert) nicht entschließen kann, dann am besten ein Werk von Bach. Im vierten Konzert des Zyklus „D i e große Symphonie" spielte der ganz ausgezeichnete junge französische Geiger Christian F e r r a s die beiden Violinkonzerte in a-moll und E-dur von J. S. Bach, eines schöner als das andere. Dann folgte Bruckners Neunte. Kein Wort genügt, sie zu preisen: ihre Schönheit, ihre Tiefe, die Kühnheit ihrer Tonsprache. Joseph K e i 1 b e r t h und die Wiener Symphoniker waren sich der hohen Aufgabe voll bewußt und gaben ihr Bestes.

Es war ein guter Gedanke der Philharmoniker, das Andenken Wilhelm Furtwänglers durch ein Brahms-Konzert zu ehren. Denn ist nicht gerade die Musik von Brahms der Art und Eigenart Furtwänglers am nächsten? Hat er nicht den über alles geliebten und verehrten Beethoven, für unser Gefühl zumindest, immer ein wenig auf brahms’sche Manier dirigiert? Und war es bei den Bruckner-Symphonien nicht ähnlich? Karl Böhm war der Dirigent des Konzertes, in dessen Mittelpunkt das überaus heikle, weil so geistige und feingliedrige Doppelkonzert mit Orchester stand. (Mit Walter Barylli und Emanuel Brabec hatten die Philkarmoniker zwei ihrer Besten her- aųsgesęellt.) : Die „T r a g r s f h e O u v e r t ü r e'„ mplįę jp Werk edler Melancholie, wurde vpn ffarl Böhm mit den im Titel angedeuteten musikdramatischen Zügen ausgestattet. In der das Konzert beschließenden 2. Symphonie erfreute die Elastizität der Zeitmaße und der fast schwelgerisch-prunkvolle Klang, der vielleicht der brahms’schen Musik nicht ganz angemessen sein mag. Aber schön war’s trotzdem.

Herbert von Karajan begann sein drittes Konzert mit einer brillanten und mächtig gesteigerten Wiedergabe der Anakreon-Ouvertiire von Cherubini. Darnach kam Hindemiths dreiteilige Symphonie „M a t h i s der Maler“ mit dem meisterlich-polyphonen „Engelskonzert“, der

Trauermusik für Regine („Grablegung") und den Höltenvisionen der „Versuchung", die in die Fronleichnamssequenz des „Lauda Sion Salvatorem" und das große „Alleluja" ausklingen. Diese drei Sätze und die das Konzert beschließende VII. Symphonie Beethovens wurden mit großer Intensität und prächtiger Klangentfaltung musiziert. Leider gab es im zweiten Konzert am Donnerstag einige kleine Betriebsunfälle, die zum Teil auf eine Ueberforderung des Orchesters zurückzuführen sind.

Ueberfordert waren auch Orchester und Sänger in einer Aufführung des ersten Aktes von Mozarts „Don Giovanni" durch Schüler der Akademie. Nennen wir daher lieber keine Namen. — Dagegen gelang Strawinskys „Geschichte vom Soldaten" in der Regie und Choreographie von Rosalia Chladek sehr eindrücksvoll, ohne daß man diese Interpretation als die einzig gültige und verbindliche bezeichnen möchte. Das originellste Talent unter den Darstellern war zweifellos Ulrich Hüls (Teufel), dem in knappem Abstand Albert Roland als Sprecher, Louis Ries als Soldat und Steffi Trümmer als Prinzessin folgten. Mit bemerkenswerter Präzision spielten sieben Akademieschüler die schwierige, vor allem rhythmisch vertrackte Musik Strawinskys unter der sicheren Leitung von Karl Oesterreicher.

Bartöks sechs Streichquartette — von 1908 bis 1939 — umspannen ein Menschenalter und eine erregende künstlerische Entwicklung. „Es ist nicht zuvjeL gesagt", so .Schrieb der Zürcher Musikkritiker Willi Schuh, „wenn man,. Bartöks, Beitrag zur modernen Öuartettliteratur eine ähnliche Stellung zuweist, wie sie den Beethovenschen in der klassischen zukommt, was nicht auf eine Wertgleichsetzung, sondern auf eine Präzisierung der historischen und künstlerischen Funktion hinausläuft.“ Das Ungarische Streichquartett spielte im Mozart-Saal des Konzerthauses die Quartette Nr. 2 und 6 von Bartök sowie das 1 Streichquartett von Zöltan K o d ä 1 y mit intensivem Ausdruck und makelloser Technik. (Der Querschnitt „Die Zeit, in der wir leben" bezieht sich auf dieses Konzert.)

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