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Auftakt mit vier Dirigenten

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Das 1. Abonnementkonzert der P h i 1-Jiarmoniker dirigierte George G e o r-g e s c u, der Fünfundsiebzigj ährige, mit einem Schwung und einer Frische, die an Monteux denken läßt. Jeder großen Geste abhold, weiß er mit Kopfnicken und leichten Handbewegungen seinen Willen klar und “präzise auszudrücken und mit kleinen Zeichen große Wirkungen auszulösen, wie er es von seinen Vorbildern Artur Nikisch und Richard Strauss übernahm. Haydns Symphonie in D, Nr. 104, seine letzte, erklang unter seinen Händen in voller Gelöstheit des Gleichgewichts von Inhalt und Form. Drei rumänische Tänze von Theodor R o g a 1 s k i, darin Impressionismus und Folklore im Gewand einer glänzenden Instrumentation, die gelegentlich an Ravel erinnert, ein persönliches Profil gewinnen, würden eine häufigere Aufführung rechtfertigen. Den stärksten Eindruck hinterließ die meisterhafte Wiedergabe der 6. Sym~ phonie von P. I. Tschaikowskij (Pathetique) in ihrer menschlich tragischen Ausdeutung und künstlerischen Vollendung.

Mit der Symphonie C-Dur. KV 551 (Jupitersymphonie) von W. A. Mozart bescherte uns Zubin Mehla einen glänzenden und exakten, aber doch zu pathetischen Mozart. Man dachte eher an eine Ritterrüstung als an Rokoko. Hingegen lag ihm Gustav M a h 1 e r s „Lied von der Erde“ mit seiner diffizilen Harmonik und vielschichtigen Stimmung persönlich viel näher, und in aufmerksamer Ausdeutung gelang ihm eine hervorragend schöne Wiedergabe. In die Solopartien teilten sich Irmeard S e e f r i e d und Set S v a n h o 1 m. Frau Seefried überraschend schön und weich in der tieferen Stimmlaee; und war die Mittellage etwas blaß, wirkte doch die Schlichtheit ihres Sinkens überzeugend. Herr Svan-holm. stimmlich von erstaunlicher Spannkraft, gibt in Gesangskultur und Vortrags-kunst allen längeren ein Beispiel. Im dritten Gesang („Von der Jugend“) gelang ihm ein besonderes Meisterstück der Interpretation. Das Orchester der Wiener Symphoniker bot einen Beweis mehr seiner hervorragenden Qualitäten.

Hermann Scherchen dirigierte im Konzerthaus ein von Chor und Orchester des österreichischen Rundfunks, Radio Wien, ausgeführtes Konzert, worin der Rundfunkchor a capella „Vier Gra-duale“ von Anton Bruckner sang — mit einer Sauberkeit der Intonation und einer Ausgewogenheit der Stimmen, die kaum noch überboten werden kann, ganz abgesehen von der sicheren Gekonntheit dynamischer Schattierungen. (Das Lob eines Chores ist vor allem das seines stimmlichen Erziehers, in diesem Falle Gottfried Preinfalk.) Gustav M a h 1 e r s „Lieder eines fahrenden Gesellen“ sang John B o y d e n mit weicher, dunkler Stimme und akzentfreier Sprache, und wenn dem Kanadier auch die deutsche Romantik fehlt, kam 6eine bemerkenswerte Einfühlung ihr doch recht nahe. Schuberts 7. Symphonie in gekonntester Wiedergabe beschloß den Abend, der vielleicht nicht den genialen Funken, aber die Helligkeit lauterster Arbeit den Zuhörern mitgab.

Christoph v. D o h n a n y i leitet die Konzerte des Haydn-Mozart-Zyklus. Einer der Begabtesten der jungen Dirigentengeneration, auch einer ihrer Erfahrensten, wird seine Orchesterführung wie seine Zeichengebung immer gelockerter, freier, sein Zug ins Große ist unverkenttb und stempelt ihn zur großen Hoffnung, der man alle Wege ebnen sollte. Einer Haydn-Sym-phonie (Nr. 86, D-Dur) ?ab er nicht nur ihre Leichtigkeit, sondern auch ihre Weltweite, und Mozart Klavierkonzert c-Moll, KV 491, erstand in seinem tiefen, an Beethoven gemahnenden Ernst, ohne die Mozartische Transparenz zu verlieren, woran allerdings der Solist Paul Badura-Skoda seinen entscheidenden Anteil hatte. Die Ausleuchtung des „Heldenlebens“ von Richard Strauss, eine besonders vielseitige Aufgabe für den Dirigenten, gelang in allen dramatischen und humorigen Details, dennoch im großen mitreißenden Zug einer solennen Wiedergabe. Das Orchester der Tonkünstler ließ sich zu einer seiner besten Leistungen inspirieren, das Violinsolo vermochte Rudolf Kalup in all seinen sprechenden Charakteristiken vorzutragen.

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