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Mozart-Fest ohne Festspielrummel

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Wahrend der letzten Jannerwoche hat die Internationale Stiftung Mozarteum in Salzburg ein kleines Mozart-Fest veranstaltet. Diese winterliche Mozart-Woche hat weit zurückliegende Vorläufer und Vorbilder. Seit 1956, als man Mozarts 200. Geburtstag festlich beging, fand die Mozart-Woche alljährlich statt.

Die heurige wurde mit einer Matinee in Mozarts Geburtshaus in der Getreidegasse eingeleitet, wo Kurt Neumüller (übrigens auf einem modernen Konzertflügel) Klavierwerke von Mozart vortrug. — Einen ersten Höhepunkt gab es dann gleich im ersten Konzert im Großen Saal des Mozarteums. Hermann S c h e r c h e n erfreute nicht nur durch ein exquisites und interessantes Programm, Sftrjdęro .auch durch „eine Mozarf-Inter- pftäjatift»,tlvon , einqr-

offen einbekannt —; diesem Pionier, neuer und neuester Musik nicht ohne weiteres zugetraut hätte. Im ersten Teil des Konzertes, das von dem hervorragend spielenden Mozarteum-Orchester ausgeführt wurde, dirigierte Scherchen (wie immer: ohne Taktstock und mit magischen Fingerzeichen) die einsätzige Pariser Sinfonie G-dur. Diese glänzende und inspirierte „Grande Ouvertüre“, deren Partitur nach den aufgefundenen Orchesterstimmen rekonstruiert wurde, klingt zwar nicht unbedingt nach Mozart — aber wer sonst kann sie geschrieben haben? Hierauf folgten zwei Serenaden, die „notturna" für zwei kleine Streichorchester und die in Es-dur für 14 Bläser und Kontrabaß, eines der anmutigsten, faszinierendsten Stücke der Gattung. Und dann

erlebte man in der Gegenüberstellung der 1. Symphonie des Neunjährigen mit der letzten Symphonie Mozarts aus dem Jahre 1788, der „J u p i t e r - Symphonie", eine Erhellung und Erschütterung, auf die es der Dirigent offensichtlich angelegt hatte und die ihm glänzend gelungen ist. Man mußte, bei der Beobachtung gewisser melodischer Grundfiguren und kompositorischer Gesten des Jugendwerkes, die Mozart später auf so einmalige Art ausgeprägt und weiterentwickelt hat, unwillkürlich an das Phänomen von Goethes .Urpflanze denken: so organisch, so folgerichtig entwickelt sich aus den frühesten Anfängen jenes geniale Finale der „Jupiter-Symphonie“ mit seiner meisterlichen Verbindung von homophoner Sonatenform und polyphoner Fugenkunst. — Eingeborene Kenner versicherten uns, daß man das Mozarteum-Orchester kaum

je so intensiv, präzis und klangschön gehört hat wie unter Scherchens Leitung.

Nach diesem glänzenden Fortissimo- Auftakt kamen intimere Töne zu ihrem Recht: das aus Brünn kommende Janä- Sek-Streichquartett spielte die Mozart-Quartette KV. 387 und 575 (das letztere merkwürdig unruhig und flackernd) und dazwischen Janäceks genialisch-eigenbrötlerisches 1. Streichquartett. — Zu einem „Viererabend“ vereinigten sich Irmgard S e e f r i e d und Wolfgang Schnei-

,d e r h a n mit den Pianisten Carl Seemann und Erik W e r b a. Der Fülle, ja der Überfülle des Gebotenen (Klavier- und Violinsonaten sowie Liedern von Mozart, Haydn und Beethoven) fehlte es an Höhepunkten, und statt der ausgeprägten Komponistenpersönlichkeit dominierte ein (freilich sehr nobler, sehr abgeschliffener) Zeitstil, der unter dem Namen „Wiener Klassik“ seinen Ehrenplatz in der Musikgeschichte und -entwicklung hat.

In zwei Konzerten bekamen jüngere Künstler eine Chance, sich an Mozart und von einem mozartkundigen Publikum zu bewähren: Bernhard Paumgartner, der die „C a m e r a t a a c a d e m i c a“ leitete, hatte das Klavierkonzert d-moll Robert Alexander Bohnke und zwei Konzertarien Ingeborg Hallstein anvertraut. Das Herz des Dirigenten mag der eingangs gespielten kleinen g-moll-Symphonie am nächsten gewesen sein

Etwa ein weiteres halbes Dutzend junger Künstler wurde in einem Konzert der Akademie für Musik und darstellende Kunst präsentiert. Es gab Konzertarien, ein Klarinetten- und ein Klavierkonzert sowie die Haffner-Symphonie. Statt einzelner Namen sei hier das „Kollektiv“ hervorgehoben, das wirklich hervorragend spielende Akademie-Orchester, das etwa zur Hälfte aus Einheimischen, zur anderen aus Ausländern, vornehmlich jungen Amerikanern, besteht, von denen gelegentlich auch die Damen zu so maskulinen Instrumenten wie Horn oder Fagott greifen Dirigent war Gerhard W i m- b e r g e r, außerhalb Salzburgs vornehmlich als Komponist bekannt, mit seinem Ensemble ebenso gründlich vertraut wie mit den einzelnen Partituren und der Technik ihrer Darstellung. Nicht nur bei diesem Konzert, sondern auch bei den vorausgegangenen (die durchweg gut besucht, größtenteils ausverkauft waren) befand sich erfreulich viel Jugend im Auditorium.

Die letzte Veranstaltung der Salzburger. Mozart-Woche, ein Konzert der W i e n e r Philharmoniker unter Carl Schu- richt, konnte der Referent nicht mehr besuchen. Berichten aus Salzburg zufolge war es ein zweiter Höhepunkt dieser gehaltvollen Mozart-Woche.

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