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Werner Egk bei den Philharmonikern

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Von einer Reise in die Karibische See brachte Werner E g k ein Volkslied aus Haiti mit, das er einer Variationenreihe zugrunde gelegt hat. Nachdem im vorigen Jahr unter des Komponisten Leitung die „Variationen über ein karibi-s c h e s Thema“ in Freiburg im Breisgau uraufgeführt und an der Münchner Oper (unter dem Titel „Danza“) auch als Ballettmusik verwendet worden sind, hörten wir sie nun auch in einem Abonnementkonzert der Philharmoniker, das von Werner E g k geleitet wurde. Das von den Celli vorgetragene Thema klingt, trotz seiner im Zweivierteltakt notierten Quintolen, nicht sehr exotisch. Aber die sechs technisch brillant gemachten Variationen mit ihren aparten Schlagwerkeffekten und -soli, hämmernden Ostinati und flirrenden Farben beschwören magisch eine ferne Welt — und sind zugleich echtester Egk. — „Reflexion führt zur Verwandlung“, heißt es im Programmkommentar. Hier zu einer totalen, radikalen' des Themas, das in den einzelnen Variationen beim ersten Hören und ohne Partitur kaum zu erkennen ist. Aber Freiheit ist das gute Recht des Komponisten. — Mit hochdramatischem Ausdruck und bedeutendem Stimmaufwand sang Christi Goltz zwei große Arien aus der seinerzeit bei den Salzburger Festspielen uraufgeführten Oper Werner Egks, „Irische Legende“. — Im ersten Teil des Konzerts dirigierte Werner Egk, mit einem Minimum an Gesten und einem Maximum an Effekt, 17 Sätze aus Händeis „W assermusik“ (Orchesterkonzert Nr. 25). Alle Stücke dieses hochinteressanten philharmonischen Konzerts waren ausgezeichnet studiert, und es hat den Kritiker gefreut, zu sehen, mit welcher Freude unser Meisterorchester den Intentionen des Dirigenten-Komponisten folgte und wie es in den mit Schwierigkeiten aller Art gepfefferten „Karibischen Variationen“ brillierte.

Eine reine Freude war das 2. Konzert im Bach-Beethoven-Zyklus der Gesellschaft der Musikfreunde unter der Leitung von Christoph von Dohnänyi. Wie man Bachs Brandenburgische Konzerte interpretiert (diesmal stand das zweite auf dem Programm) — das könnte mancher hochberühmte Dirigent und manches große Orchester beim jungen Doh-nanyi und den Tonkünstlern lernen. Ein Sonderlob den Instrumentalsolisten Rieß-berger, Hertl, Kalup und Taehezi und ein Bravo für Helmut Wobisch und seine Solotrompete. Auch die Interpretation von Beethovens erstem (eigentlich zweitem) Klavierkonzert C-Dur. op. 15, durch Paul Badura-Skoda ließ keinen Wunsch offen. Alles war völlig natürlich, unmanieriert und ausdrucksvoll, wie es diesem genialen Jugendwerk angemessen ist. — Die größte Überraschung aber brachte Bela B a r t 6 k s „M usik für Saiteninstrumente“ (1936 im Auftrag Paul Sachers komponiert und an dieser Stelle wiederholt besprochen). Sie ist Bartöks bestes und schwerstes Stück, das der Dirigent mit dem Tonkünstlerorchester nicht nur technisch einwandfrei, sondern auch intensiv und klangschön zum Vortrag brachte. Diese Darbietung zeigte sowohl das erneuerte und verjüngte Orchester als auch die pädagogischen Fähigkeiten des jungen Dirigenten in hellstem Licht.

Ein zweites Meisterwerk Bartöks stand im Mittelpunkt des 4. Konzerts im Zyklus „Die Große Symphonie“: das 1931 beendete 2. Klavierkonzert mit dem immer wieder verblüffenden Shura Cherkassky am Steinway (obwohl diese Art „Moderne“ nicht das ureigenste Gebiet des international berühmten Pianisten ist). Voraus ging M o-z a r t s reizend-anmutige A-Dur-Symphonie, den Beschluß bildete die E r s t e von B r a h m s. Hans Swarowsky erwies sich nicht nur als bewährter „Einspringer“ (für den erkrankten vWitold Rowicki), sondern auch als planvoller Gestalter und sicherer Orchesterführer (Wiener Symphoniker).

Sehr merkwürdig war der Liederabend von Christa Ludwig im Brahms-S a a 1. Sie hatte, wohl gemeinsam mit ihrem in allen Sätteln gerechten und in allen Stilen versierten Begleiter Dr. Erik W e r b a, ein ebenso originell-vielseitiges wie ergiebiges Programm zusammengestellt: die fünf „Wesendonck-Lieder“ von Richard Wagner, vier Gesänge aus „Des Knaben Wunderhorn“ von M a h 1 e r, Hugo Wolfs „Mignon-Lieder“ und D v o f a k s „Zigeunermelodien“. Als Sängerin blieb Christa Ludwig keinem der Zyklen, keinem der Lieder etwas schuldig. Aber jenes ganz Besondere — und sehr Seltene —, das den Zuhörer fasziniert und ergreift, besitzt sie nicht oder doch nur in geringem Maß. Doch das ist eine Frage der Persönlichkeit, des menschlich-künstlerischen Ingeniums, die man in einem Musikreferat eigentlich kaum diskutieren und ausbreiten kann.

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