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Die letzten Konzerte

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Mit dem Untertitel „Analyse und Synthese” könnte man die drei letzten Orchesterkonzerte im Großen Festspielhaus charakterisieren. Man mag zu Karajans Beethove n-Auffassung der „N eun- t e n” stehen, wie man will, dem Schreiber dieser Zeilen bleibt sie zu objektivierend, zu extrem in den Zeitmaßen! — sie ist eine Synthese, gibt eine Überschau; demgegenüber tritt Lorin Maazel als ausgesprochener Analytiker an seine gewählten Werke heran: das verträgt weder die „Symphonie fantastique” von Berlioz, weil sie eines großen Bogens bedarf, um überhaupt heutzutage noch zu wirken, noch der „Till Eulenspiegel” von Richard Strauss, der sonst ganz zerfällt. Die schönste Wirkung dieses Abends ging vom Largo des Ersten Klavierkonzertes Beethovens aus, das in Geza A n d a einen hervorragenden Solisten hatte.

Im in sich geschlossenen Brahms- Konzert unter Karl Böhm, der den Haydn-Variationen und dem Ersten Klavierkonzert die Dritte Symphonie folgen ließ (die in Disposition und Interpfetation grandios gelang), war Hans Richter- H a a s e r der mit Recht vielbejubelte Solist. Bei der „Neunten” unter Karajan stimmte Walter Berry den Schiller-Hymnus an, und ebenbürtig gesellten sich ihm Waldemar Kmentt, Gundula Janowitz und Christa Ludwig zu. Der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde und die Wiener Philharmoniker boten Koilektiv- leistungen von Format (letztere vor allem unter Karajan und Böhm).

Elisabeth Schwarzkopf — mit dem hochgestimmten Gerald Moore am Flügel — beschloß den Kreis der Liederabende, in dem vorher auch Irmgard Seefried und Christa Ludwig gesungen hatten; eines ihrer künstlerischen Lebensziele ist das Liedschaffen Hugo Wolfs, dem sie auch diesmal mit Hingabe diente. — Ein Kammerkonzert besonderer Prägung galt a-capella-Werken, die der Niederländische Kammerchor unter Felix de- Nobel exquisit interpretierte. Hier interessierten besonders „Due Cori di Michelangelo” von Dallapiccola. Das Wiener Oktett mit Anton Fietz am Konzertmeisterplatz beschloß diese Konzertreihe mit einem Haydn-Mozart-

Alfred Boskovsky iri? Ä-Dur-Quio. tett .Mozarts brillieren konnte. — „Hatte Döhaläur oTf’e eineri Tiöfiähfo-Sig in dėf dritten Matinee Paumgartners errungen, so folgten ihm in den beiden letzten Mozart-Matineen Graziella Sciutti und Christa Ludwig auf den Spuren. Die beiden Pianisten waren hier Gezą A n d a (mit einer vorzüglichen Leistung im D-Dur-Konzert, KV. 451) und Walter K1 i e n (mit dem herrlichen c-Moll-Werk, KV. 491). Am letzten Sonntagvormittag trat das Mozarteum- Orchester an die Stelle der Camerata und lieferte eine Salzburger Erstaufführung mit dem Divertimento Es-Dur, das Anfang 1775 zu München komponiert ward und in dem die ersten Bläser als Solisten glänzen konnten.

Die letzen drei Serenaden waren in der Leitung echten oder Wahlsalzburgern anvertraut. Mladen B a s i i rechtfertigte seiuen Ruf als Chef des Mozarteum- Orchesters, Leopold Hager (der für den verhinderten Maestro Zecchi einsprang) erwies sich als zukunftssicherer Könner (sein Opernkapellmeisterweg führt ihn nun zu Kertesz nach Köln), und Wolfgang Rennert, der in der Sommerakademie des Mozarteums daheim ist, setzte beziehungsvoll mit der „Andretter- schen Finalmusik” den Schlußpunkt hinter diese gelungene und meist vom Wetter begünstigte Reihe.

Das letzte Berichtwort, der sakrale Kadenz-Schluß, gebührt der Kirchenmusik. Joseph Messner hatte im zweiten Konzert geistlicher Musik Haydn („Sieben Worte des Erlösers”) und Mozart („Krönungsmesse”) gegenübergestellt und das dritte und letzte traditionsgemäß dem „Requiem” gewidmet. Hier fiel die Sopranistin Irmgard Stadler überaus vorteilhaft auf. War in dieser Reihe der D o m c h o r und das Mozarteum-Orchester Träger der vokalen und orchestralen Verantwortung, so ging sie im Mozarteum-Konzert „Salzburger Kirchenmusik der Mozart-Zeit” auf den Salzburger Rundfunk - und Mozarteum- Chor und auf die Camerata academica über, die ein Könner vom

Range Ernst Hinreiners — auf subtile Wirkungen bedacht — lenkte. Da lernte man Kostbarkeiten, wahrlich Denkmäler der Tonkunst in Österreich kennen: ein „Magnificat” von Eberlin, ein großartig gearbeitetes Crucifixus für sechzehnstimmigen Chor von Caldara, eine „Motette zum Heiligsten Sakrament” von Leopold Mozart, eine vierstimmige a-capella-Motette Michael Haydns und zur Waisenhaus-Messe des Wolfgang Amadė noch vorher das kaum bekannte „Benedictus sit Deus”, KV. ll7. Ira Malaniuks Prominenz führte den Kreis der Solisten an (Maria Harvey sang ihr schönes Sopransolo, Robert Behan und H. Müller waren die verläßlichen Sänger, Robert Kuppelwieser waltete an der Orgel).

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