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Mozart und die Camerata academica

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Heuer wurden die „Settimane musicali di Stresa“ erstmals nicht mit der Aufführung eines großen Chor-Orchester-Werkes eröffnet. Statt dessen leitete Zubin Mehta ein ausverkauftes und erfolgreiches Gastkonzert des Israelischen Philharmonischen Orchesters. Zwei symphonische Hauptwerke des 19. Jahrhunderts standen auf dem Programm: die „Siebente“ von Beethoven und „Harold in Italien“, op. 16, von Hector Berlioz.

Da der Gründer und Präsident der Musikwochen Stresa selbst nicht nur ein verhandlungsgewandter Rechtsanwalt aus Venedig, sondern auch ein diplomierter Geiger ist, gelang es ihm, Italiens Star unter den jüngeren Violinvirtuosen für ein größeres Projekt zu gewinnen. Und so spielte Salvatore Accardo, assistiert von dem jungen Geiger und Bratschisten Dino Asciolla und dem Italienischen Kammerorchester, an zwei aufeinander folgenden Abenden im sehr gut besuchten Theater des Kongreßpalastes das gesamte Oeuvre von W. A. Mozart für Violine und Orchester.

Ein weiterer Höhepunkt der — wie bisher aus 16 Veranstaltungen zusammengestellten — Musikwochen Stresa war das erste Auftreten der Camerata academica des Salzburger Mozarteums. Wir wohnten auch der dreistündigen Probe des Ensembles unter der Leitung des Meistercellisten Antonio Janigro bei, der freilich den souveränen, unvergessenen Bernhard Paumgartner nicht ganz ersetzen kann. Aber Maestro Janigro ist in dem ersten Jahr seines Zusammenwirkens mit der 1952 gegründeten Camerata academica recht gut in die schwierige Rolle des „primus-inter pares“ hineingewachsen. Das fünfteilige Programm war — für italienische Begriffe — etwas zu sehr auf feierlich und melancholisch abgestimmt: Auf G. F. Händeis beliebtes Concerto grosso g-Moll (op.““6/6) und ein kurzes „Addio“ (1973) für Streicher des naturalisierten Schweizers Vladimir Vogel folgte die Transkription eines Vival-di-Konzertes (aus dem „Estro armo-nico“) für Cello und Orchester; und im 2. Teil wirkte Meister Janigro nochmals in Hindemiths „Trauermusik“ (von 1936) als Solist und Dirigent zugleich, während er sich in der Symphonie Nr. 49 f-Moll („La Passione“) von J. Haydn mehr konzentrieren konnte. Nach mehrmaligem herzlichen Beifall des zahlreich erschienenen Publikums löste aber erst das Presto-Finale der Haydn-Symphonie, von Konzertmeister Professor Steinschaden fulminant angeführt, und die Zugabe (der Schlußsatz aus Mozarts A-Dur-Symphonie KV 201) stürmischen Applaus aus.

Für den erkrankten Bach-Speziallsten Nathan Milstein sprang Christian Ferras ein, der nur die d-Moll-Partita von J. S. Bach übernahm, das übrige Programm jedoch abänderte (durch die Interpretation von Beethovens „Frühlings-Sonate“ und C. Francks A-Dur-Sonate). Bescheidenen Publikumszuspruch fanden unverdienterweise zwei gleichfalls erstklassige Veranstaltungen: Das „Madrider' Madrigalisten-Quartett“ setzte sich überzeugend für italienische und spanische Vokalmusik des 16. Jahrhunderts ein; und das 1968 gegründete „Trio di Milano“, bestehend aus Bruno Canino, Klavier, C. Ferraresi, Violine und R. Filippini, Violoncello, faszinierte mit der ausgewogenen Wiedergabe von Joseph Haydns op. 73/2, Beethovens „Geister-Trio“ (op. 70/1) und Mendelssohns Opus 49.

Von vier verschiedenen Pianisten-Temperamenten gehörten zwei der älteren Generation an: Rudolf Fir-kusny und Nikita Magaloff. Die beiden jungen Klaviervirtuosen James Tocco und Rudolf Benz traten im Zyklus „Konzerte von Preisträgern internationaler Wettbewerbe“ auf. Im dritten Konzert der Reihe bot der Berner Klarinettist Thomas Friedli ein Raritäten-Programm Und zu Herbstbeginn debütiert das aus je zwei jungen Damen und Herren zusammengesetzte Kreuzberger-Quartett“ auf wertvollen alten Streichinstrumenten mit Mozart (KV 156), Beethoven (op. 127) und Bartok (Nr. 6, 1939). Außerdem sind noch auf dem Programm: ein Orgel-Trompeten-Abend (P. Cochereau — R. Delmotte), ein Viohn-Klavier-Recital (Henryk Szeryng — Eugenio Bagnoli) und — als Schlußkonzert — ein Gastspiel der Moskauer Philharmonie unter Kyrill Kondrashin, mit dem jungen Pianisten Alexe} Ljubi-mov als Solist des 3. Klavierkonzertes von Beethoven. Wäre David Oistrach nicht im Vorjahr unerwartet verstorben, hätte er heuer mit seinen Landsleuten in Stresa „debütiert“ ...

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