6685125-1962_12_19.jpg
Digital In Arbeit

Große Sänger und bayrisches Orchester

Werbung
Werbung
Werbung

Nicolai Gedda erwies sich an seinem vielgestaltigen Programm (Brahms-saal) als ein Liedersänger von besonderer Begabung und stimmlicher Faszination. Seine Ausdrucksmittel sind keineswegs so vielseitig wie sein Programm; Gedda bringt vielmehr alles mit einer gewissen leichten Selbstverständlichkeit (mit der er auch die Sprachen beherrscht) — und erreicht sein Ziel; weniger bei Schubert, dessen Wesen ihm doch ferner bleibt, aber doch schon viel näher bei Schumann und absolut in Mozattschen Arien. Daß ihm die Russen näher liegen (Mjaskowsky,

Tschaikowsky, Rimsky-Korsakoff), ist verständlich; dennoch schien er uns am vollkommensten in der totalen Verschmelzung von Form und Ausdruck in der Wiedergabe einiger Lieder von Charles Gounod, die man fast als Chansons bezeichnen könnte. In Werner Singer hatte Gedda einen feinfühligen und versierten Begleiter. Anton Dermota, freudigst begrüßt, sang, ebenfalls im Brahmssaal, zwischen Schubert und Schumann „Frühe Lieder“ von Alban Berg und holte sich damit einen besonderen Erfolg. Diese Lieder sind von einer überhöhten Romantik, die musikalisch bereits das allmähliche Auflösen der Tonalität andeutet, sich aber noch im Übersteigern des Chromas eine erste Lösung erringen will. Die sechzehn Lieder des Zyklus „Dichterliebe“ von Schumann wirken nach der Pause ein wenig ermüdend, während von den vier Schubert-Liedern nur „Du bist die Ruh“ von — allerdings ausschlaggebender — Bedeutung war. Dermota ist kein Wiener (wenn auch ein Liebling der Wiener); dennoch wirkt kaum ein Liedersänger wienerischer als er. Die Begleitung der Lieder besorgte, wie immer, Hilde Berger-Weyerwald.

Das Amadeus-Quartett (London) spielte mit klassischer Feinheit ein Streichquartett von Mozart (B-Dur, KV 45 8), dann äußerste Präzision und lebendiger Ausdruck eins waren. Das folgende Streichquartett, F-Dur, op. 96, von Anton Dvorak zeigte seine aneinandergereihten Bilder temperamentvoll wechselnd und dennoch transparent. Abschließend Beethovens Streichquartett, e-Moll, op. 59/2, dessen Wiedergabe, besonders im langsamen Mittelsatz, zu der besten Leistung des Abends im Mozartsaal wurde.

„I S 01 i s t i V e n e t i“, ein Streicher-

ensemble, spielte im Saale des Italienischen Ku 11nrinstituts alte und neue italienische Komponisten. Den stärksten Erfolg erreichten sie mit Rossinis „Sonata sesta per archi“ sowie mit Cambinis Konzert in G, op. 15/3, mit dem ausgezeichneten Emilio Riboli am Klavier. Das Konzert für Kontrabaß und Streicher von Miari und das für Violine und Streicher von Bucchi kamen gegen den schlagerartigen Erfolg der alten Meister, denen sich noch ein Tartini gesellte (Konzert für Violine, Streicher und Cembalo), nicht recht auf. Allenfalls brachte die Phantasie und Fuge über gregorianische Themen von Bettinelli einige aparte und interessante Wendungen. Das Zusammenspiel dieser Solisten ist in seiner Prägnanz und dynamischen Diffizi-lität von außerordentlichem Reiz und von innerem Leben durchpulst.

Franz Krieg

Das Bayrische Rundfunkorchester brachte unter der Leitung von Rafael K u b e 1 i k das Concerto grosso, g-Moll, op. 6/6, von Georg Friedrich Händel, die Symphonie „Mathis der Maler“ von Paul H i n d i m i t h und abschließend Beethovens „Eroica“. Während das Händel-Konzert bei aller Exaktheit und effektvoller Terrassendynamik ein wenig farblos blieb, entfaltete in der Hindemith-Symphonie das Orchester alle Vielfalt seines Könnens und profilierte die drei Sätze zu ein- und ausdrucksvollen Erlebnissen. Beethovens „Dritte“ schien anfangs ein wenig akademisch, fand sich aber im Trauermarsch und noch mehr in den folgenden Sätzen zu Glanz und Brio. (Dieses Konzert aus der Reihe „Die Große Symphonie“ wurde vorigen Samstagabend auch im Rundfunk übertragen.)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung