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Melles, Kempff und Karajan

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Das 4. Konzert im Jubiläumszyklus der Konzerthausgesellschaft wurde von Carl Melles geleitet, der für den erkrankten Georges Pretre einsprang. Statt der vorgesehenen Fünften von Beethoven wurde dessen Siebente gespielt. Das war gut so, denn abgesehen davon, daß gerade die V. Symphonie gewaltige Schatten beschwört, gegen die ein junger Dirigent sich kaum behaupten kann, hört man die Siebente, weil seltenet, immsr wieder gern und mit reinstem Vergnügen. Ob der 35 jährige, stangenlange, überschlanke Ungar mit den eckigen Bewegungen das erste Hauptwerk des Abends, das Klavierkonzert in d-Moll von B r a h m s je dirigiert hat? Eine gewisse Unsicherheit und Nervosität war unverkennbar. Aber diese Musik gefällt ihm, er liebt sie und ist von ihr begeistert. Und von diesem schönen Enthusiasmus teilte b HDim tgs-rt q<. T9>öj< sie1 tm sich auch der Wiedergabe etwas mit. Sehr im Gegensatz zu dem jugendlich wirkenden Dirigenten ist Wilhelm K e ti p f f ganz reifer Meister, sicher in jedem Ion, jeder Nuance und musikalischen Geste, dabei mit &#187;einen 67 Jahren von einem Impetus und Schwung, der Brahmsens kraftgenialischem Jugendwerk so angemessen ist. Diesen großartigen symphonischen Solopart hat man selten so klar gehört wie von Kempff, der einen glasharten Steinway dem weicheren Bösendorfer vorzieht. Ohne Stab, dafür aber mit Partitur, dirigierte Melles, der aus einer Budapester Musikerfamilie stammt, Kodälv-Schüler war und Ungarn 1956 verließ, auch Beethovens Siebente, bei deren Interpretation er zeigen konnte, was für ein feiner und sensibler Musiker er ist, dem es ein offensichtliches Glück bedeutete, das in bester Form befindliche Meisterorchester der Symphoniker zu leiten. Sehr lebhafter Beifall für alle Ausführenden.

Die Aufführung der „S c h ö p f u n g“ Joseph H a y d n s unter K a r a j a n im Großen Musikvereinssaal durch den Singverein, die Symphoniker und die Solisten Gundula J a n o-w i t z, Anton Detraota, Gottlob F r i c k und Eberhard Wächter kann man. ohne Vorbehalt, als vollkommen bezeichnen. Zuerst wünscht man sich einen kleineren Chor, aber schon nach dem ersten „Es werde Licht“ konstatiert man eine solche Beweglichkeit, einen so berückenden Nuancenreichtum, daß man diesen Einwand ad acta legt. Dr. Reinhold Schmidt hat bei der Einstudierung ganze Arbeit geleistet, und mit einem so vorbereiteten Ensemble versteht Karajan herrlich zu musizieren. Wir haben es früher schon bemerkt und diesen Eindruck jetzt wieder bestätigt gefunden: bei Oratorienaufführungen, ein großes instrumentales und Chorensemble vor -sich, mit der Partitur auf dem Pult und ohne das magische Staberl, ist Karaians Musizieren am angenehmsten und überzeugendsten. Da ist er, auf jedes Detail bedacht, die Worte des Chores mit dem Mund mitfonnend, die Solisten mit einfühlsamster Sorgfalt begleitend, ganz Kapell- und Chormeister, ganz Musiker. — Von den Solisten, die ihren Part technisch makellos und klangschön exekutierten, interessierte vor allem Gundula J a n o w i t z (Gabriel und Eva) mit ihrem jugendlich-kräftigen und beweglichen Sopran. Das spezifische Timbre ist nicht sehr ausgeprägt, aber das kann noch kommen. Unüberhörbar war dagegen, in einigen Flöten-Accompagnati, der schöne Ton von Camillo Wanausek. Im Rezitativ des Raphael („Und Gott schuf große Walfische ...“) klangen die begleitenden tiefen Streicher wie ein Gambenchor. An solchen aparten Wirkungen ist Haydns Partituf überreich, und Karajan und die Symphoniker sorgten dafür, daß alle diese Schönheiten ins rechte Licht kamen.

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