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Odysseus, Petfuschka und Moravan

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Der Ballettabend der Staat so per wurde mit der „Homerischen Symphonie“, eröffnet, einem etwa einstündigen Werk, das Theodor B e r g e r in den Jahren 1940 bis 1950 schrieb und das.bereits, vor acht Jahren im Theater an der Wien aufgeführt wurde. Handlung, Inszenierung und Choreographie sind von Erika H a n k a. Die Ballettmeisterin der Staatsoper hat sich mit der Realisierung dieses Werkes keine leichte Aufgabe gestellt. Denn Bergers originelle und farbige Musik, die vom Anfang bis zum Ende von langen Holzbläserläufen und -akkorden wie von Meeresrauschen durchzogen ist, hört sich eher wie eine drei- bzw. neunteilige symphonische Dichtung an als wie eine Ballettmusik. Sie gleicht mehr Ravels „Daphnis und Chloe“ als . dem zweiten, an diesem Abend aufgeführten Stück, Strawinskys „Petruschka“ von 1911, wo alles auf Gestik, prägnante Rhythmik und harten Blechbläserklang gestellt ist. Die einzelnen Szenen der „Homerischen Symphonie“ in den sparsam-noblen Dekorationen von Stefan Hlawa waren sehr dekorativ, nur mangelte es zuweilen an dramatischen Pointen. Erni Kniepert hat die Hauptakteure (Willy Dilti als Odysseus, Lisi Temple-Kalypso, Margarete Bauer-Nausicaa, Lucia Bräuer-Kirke, Paul Vondrak-Telemach und Christi Zimmer-Penelopeia) mit pariserischer Eleganz kostümiert.

Leonide M a s s i n e als Gast hatte an diesem Abend die dankbarere und leichtere Aufgabe, denn Strawinskys „Petruschka“, dessen Choreographie von Michael Fokin genau festgelegt wurde, ist ein Paradestück und eine Freude für alle Tänzer und Ballettmeister. Diese Aufführung in den Kostümen und Dekorationen von Alexander B e n o i s, der auch als Mitautor der Balletthandlung genannt wird, kann als authentisch gelten. Freilich ließ auch die Besetzung (Edeltraut Brexner als Ballerina, Richard Adama-Petruschka, Willy Dirtl-Mohr und Carl Raimund-Magier) kaum einen Wunsch offen. Was man vom Orchester nicht behaupten kann, das von Michael Gielen präzise und mit bester Kenntnis der beiden Werke geleitet wurde. — Gewissermaßen als Einlage gab es einen Pas de trois nach einer recht unoriginellen Musik von L. Minkus (Choreographie von Balanchine, Kostüme: Erni Kniepert), der von unseren Jüngsten zwar sehr nett getanzt wurde (Dietlinde Kiemisch. Erika Zlocha und Karl Musil), im ganzen aber doch eher als Belastung denn als Bereicherung des Programms wirkte.

Von einem Austauschkonzert, das Studierende des , Conservatorio di Musica „Giuseppe Verdi“, Mailand, im Brahms-Saal gaben, konnte der Referent nur den zweiten Teil hören. Das „Neue Quartett von Mailand“ spielte „Fünf Sätze für Streichquartett“ op. 5 von Anton von Webern, die zusammen elf Minuten dauern. Aber der innere Reichtum, die Ausdruckskraft und die musikalische Substanz dieser Miniaturen ist so groß, daß ein anderer Komponist damit eine einstündige Symphonie hätte bestreiten können. — Die Interpretation des heiklen Werkes war ebenso überzeugend, wie die der „Kammermusik N r. 1“ von H i n d e m i t h für zwölf Soloinstrumente. Das kecke, kraftstrotzende Stück (viersätzig, Gesamtdauer 16 Minuten) mit dem berühmten „Finale 1921“, das mit einem heulenden Sirenenton endet, spiegelt die Sturm- und Drangzeit des Komponisten und die Berliner zwanziger Jahre: hektisch und verdüstert, mit Maschinenrhythmen und grellen Lichtreklamen. Der junge Dirigent Claudio Arbado und ein Dutzend Instrumentalisten waren mit offensichtlichem Vergnügen und bestem Können am Werk.

Der Akademische Märtnerchor Moravan (Mährische Singakademie), der bereits vor dem Kriege als Chor von Hochschulstudenten hervorgetreten ist und in Wien zum erstenmal 1947 gastierte, konzertierte im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung unserer Singakademie im Großen Musikvereinssaal. Ein Sprecher der Gäste gab seiner Freude Ausdruck, gerade in diesem Saal auftreten zu können und kündigte außer Programm die „Widmung“ von Smetana als Gruß an Wien an. Blumen wurden an die Gäste überreicht, die sich zu Händen des Präsidenten der Wiener Singakademie mit einem Bildnis von Leos Janäcek und einer Schallplatte revanchierten. Das Programm zeigte den Umfang chorischer Betätigung auf, die vom gregorianischen Choral und dem mittelalterlichen mehrstimmigen Chor bis zum zeitgenössischen Schaffen reicht. Außerdem wurde ein bunter Strauß von slowakischen und mährischen Volksliedern geboten. Die einzelnen Stimmgruppen erzielten eine klanglich gut geschlossene Wirkung. Das Zusammenwirken der Bässe, der Baritone und der überaus schlagkräftigen Tenöre (unter denen sich etliche mit effektvollen Kopf- und Falsettönen befanden) ließ an keinem Punkte des Programms zu wünschen übrig. Dankbar war man für selten zu hörende Werke. „Marycka Magdonova“ von Janäcek, „Fasching“ von Suchofi, „Gute Nacht“ von Kficka und „Die Mägdelein“ von Moyzes. Der Beifall forderte bei den Volksliedbearbeitungen immer wieder Zugaben. (Dirigent: Prof. Josef Veselka.)

Mit VaSa Pfihoda als Solist trat das Orchester der Philharmonia Hungarica unter der Leitung Michael G i e 1 e n s mit einem Brahms-Dvofäk-Beethoven-Programm im Musikverein hervor. Neben den bekannt guten Streichern haben sich die Holzbläser ausgezeichnet. Krone des Abends: das Violinkonzert von Dvofäk, vom Solisten und dem straff geführten Orchester in einträchtigem Zusammenwirken voll echter Poesie musiziert.

Aus der Ueberfülle der Klavierabende verdienen zwei hervorgehoben zu werden. Der Bulgare Dianko I 1 i e w, gestaltungssicher, von urtümlicher Kraft technisch perfekt, ohne ins Virtuosentum zu verfallen. Besonders die „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgsky und Beethovens Opus 31 prägten sich ein.

Ein reines Beethoven-Programm spielte Lilian K a 11 i r. Fein nuanciert gerieten die sechs Bagatellen, besonders in den besinnlichen Episoden. Bei den Sonaten behielt weibliches Empfinden, die Freude an der Melodienführung gegenüber der Technik die Oberhand. Die Waldsteinsonate war in jeder Hinsicht die ausgeglichenste Leistung der in Prag von österreichischen Eltern geborenen und nun in den USA lebenden Pianistin.

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