DER WAGEN HAT ERST VOR WENIGEN MINUTEN, auf der Straße vom Hauptbahnhof Linz westwärts fahrend, den Bereich der großen Stadt verlassen. Die hohen Gebäude werden niedriger, die Woge aus Stein verebbt im Land, über dem die strahlende Sonne dieses überaus zeitigen Frühjahres liegt. Zur linken Hand steht behäbig, als wir im Kinderdorf St. Isidor einfahren, ein Vierkanter; zur rechten ein in der Bauanlage ganz gleiches, aber durch eine vorgelagerte Arkade und durch Mansarden modernisiertes Gebäude. Wir fahren an der Kirche vorbei, Mittelpunkt der Siedlung und zugleich Zentrum des
WERKE. Von Jean Pani. Bände I und II. Carl-Hanser-Verlag, München. 1354 und 1165 Seiten. Subskriptionspreise 29.50 un - 24 DM, Einzelpreise 35 und 27 DM.
Seitdem sich — es siptLfast gfcnailbaäerf zig Jahre her — der Göttinger Kunsthistoriker Hagen nachdrücklich für die Wiederbelebung der Opern Georg Friedrich Handels eingesetzt hat, sind auch die theatralisch-szenischen Aspekte und Erwägungen in den Oratorien Handels oft diskutiert worden. Sie drängten sich bei der konzertanten Aufführung des „S a u 1“ im Sendesaal des Österreichischen Rundfunks auf, sie sind auch beim „Salomo" im Großen Konzerthaussaal nicht von der Hand zu weisen gewesen, hier vielleicht weniger. Das Oratorium „Saul", in der kurzen Zeit von wenig mehr
HERMANN HESSE. EINE CHRONIK IN BILDERN. Bearbeitet und mit einer Einführung versehen von Bernhard Zeller. Suhrkatnp-Verlag, Frankfurt am Main. 215 Seiten, 344 Abbildungen, Preis 28 DM.„Uns, den Altgewordnen, ist das Weilen litt Vergangenen erlaubt und tröstlich, Hinter diesen vielen tausend Zeilen Blüht ein Leben, und es war einst köstlich.”So hat der Dichter Hermann Hesse im Jahre 1942 einem Freunde mit dem Gedichtbuch die Weisung gegeben. Über seinen Kinderzeiten war, wie in den Versen „An die Schönheit” zu lesen steht, der Flügel eines Reiches ausgespannt, das die
EIN LEBEN FÜR DIE ANDEREN. Von Viktor G e r a m b. Österreichischer Bundesverlag, Wien. 200 Seiten, 14 Abbildungen. Preis 60 S.Aus dem Nachlaß des verdienten Gründers und jahrzehntelangen Vorstandes des Steirischen Volkskundemuseums, Viktor Geramb, hat Oskar Müllern, einer seiner getreuesten Schüler, mit viel Geschick und Feingefühl die Beziehungen Erzherzog Johanns zur Steiermark darzustellen gewußt. Gerade die volkskundlichen und geographischen Teile, aber auch die Bemühungen des Erzherzogs um das Volkslied und die Volksmusik (die schon vom Jahre 1802 an datieren) leuchten in hellem
SANKT ROMEDIUS. Von Wolfgang von Pfaundler. Verlag Herold, Wien 1961. 144 Seiten, 120 Abbildungen. Preis 148 S.Man mache den Versuch und blättere in großen Lexika: den Namen Romedius wird man nicht finden. Versteht sich sozusagen von selbst, daß man auch nicht Thaur findet. Wenn schon die Nachschlagewerke auslassen, ist es doppelte Pflicht, jenes Phänomen aufzuzeigen, das in der Durchdringung von Legende und Volksbrauch, von Landschaft und Menschenglauben ebenso aufstrahlt, wie es in einer Welt der Versachlichung tröstet. Heimatgeschichte ist schließlich nicht bloß ein Aufzählen von
Der Verlag hat sich mit der Herausgabe dieses ganz neuartigen, aktuellen und schon Jüngst benötigten Nachschlagewerkes ein großes Verdienst erworben. Man muß es immer wieder erleben, daß man auch in vielbändigen Lexika oft nicht die Antwort auf diese oder jene Frage finden kann, der man sich gegenübergestellt sieht. Wie heißen die 45 Mitglieder der Académie Française? Welche Museen gibt es in der Südafrikanischen Union? Wie hoch sind die Bezüge des Generalgouverneurs von Jamaika? Wie hoch war der letzte Jahresumsatz von Friedrich Krupp? Auf alle diese und viele andere Fragen, bei
ZEHN MINUTEN VOR NEUN UHR. In dem Nahrungsmittelgeschäft nächst einer der belebtesten Kreuzungen Wiens, Mariahilfer Straße-Neubaugasse, ist die „Morgenspitze“ bereits vorüber. Die Verkäuferinnen haben aber keine Zeit, in den großen Spiegel zu schauen, der verlockend gegenüber dem Längspult hängt — denn nun kommen bestimmte Lieferwagen, und durch die offene Türe fließt unerbittlich die kalte Außenluft. Kisten poltern beim Niedersetzen, Schachteln wachsen schnell zu kleinen Türmen an — das alles will aber sofort abgebaut und verstaut werden. Inmitten der eifrigsten Arbeit
Wer um die Mitte der zwanziger Jahre mit der Reifeprüfung von der Mittelschule ging, hat eben noch die Messung der Ionosphärenschichtung mittels Funkecho vermittelt bekommen (Edward Victor Appleton, nach dem die F-Schicht in 230 Kilometer Höhe benannt ist). Von da an bis in die Gegenwart, also durch 35 Jahre, hat sich derart viel in der Physik ereignet, daß wir alle genötigt sind, nochmals in die Schule zu gehen. Besorgen wir dies bei dem in Wien geborenen Kätscher, welcher unter Thirring dissertierte und zuletzt an der Genfer Konferenz zur friedlichen Nutzung der Atomkraft teilnahm,
BRETONISCHE MÄRCHEN. Herausgegeben und übertragen von Re Soupaull. 320 Seiten. — INSELMÄRCHEN DES MITTELMEERES. Herausgegeben von Felix Karlinger. 336 Seiten. - VOLKSMÄRCHEN AUS JUGOSLAWIEN. Herausgegeben und übertragen von Joseph Schütz. 318 Seiten. — Sämtliche: Eugen- Diederichs-Verlag, Düsseldorf. Preis je Band 13.80 DM.
FLÄMISCHE LYRIK. Gemeinsam mit Heinz Graef herausgegeben von J. L. De Beider und Jan Vercammen. — AFRIKAANS LYRIK. Übertrage n von Helmut Erbe. Max-Hueber-Verlag, München. 172 und 272 Seiten. Pr eise: 7.80 und 5.80 DMDie letzte Anthologie, welche flämische Dichtung von Gezelle bis zur Gegenwart vorstellte, stammt aus dem Jahre 1943 (von W. Cordan); vorher ist eine Sammlung unter dem Titel „Niederland“ erschienen (1930), in der sich auch flämische Dichter finden. Wenn man sich nur auf die Lyrik bezieht, muß man fast 50 Jahre zurückgehen. Die vorliegende Anthologie, die dem
Aus Anlaß seines 65. Geburtstages wurde Paul H i n d e m i t h von der Wiener Konzerthausgesellschaft eingeladen, seine Kepler-Oper „Die Harmonie der Welt“ in konzertanter Form vorzustellen und zu dirigieren. Gelegentlich der Besprechung der Uraufführung bei der Eröffnung der Münchner Festspiele wurde an dieser Stelle das Bühnenwerk ausführlich gewürdigt. („Die Furche“, Nr. 43/1957.) Im Festkonzert, das am 18. November im Großen Konzerthaussaal stattfand, erwies es sich, daß die Loslösung eines klingenden Bilderbogens, wie diesen, vom Szenischen ihre bekannten Nach- und
DER FREUNDLICHE HERR mit dem weißen Spitzbart deutet auf eine grüne Linie im Norden, als sich die Route Nationale 36 bei Neufchelle dem Ourcq nähert. „C'est la foret domaniale de Retz“ sagt er, und fügt hinzu, das wäre für mich eine Erinnerung an Österreich, denn, wie er sehr wohl wisse, gebe es im Weinland dort ein Retz, und sich dessen in dem Augenblicke zu entsinnen, da man einem berühmten Weinstrich, der Champagne, entgegenfahre, wäre nur stimmungs-fördernd. Der freundliche Herr kann aber noch mit anderen Parallelen dienen: Auf der entgegengesetzten Seite, 120 Kilometer
Eben jetzt, da die Pläne für eine Uferstraße in Hallstatt neuerlich, entgegen dem bereits ausgedrückten Willen der Bevölkerung, aus der Aktenschublade gezogen werden und da die Unversehrtheit der Landschaft dort am See und die Weihe uralter Kultur in Gefahr stehen, angetastet zu werden, gerade jetzt ist die richtige Gelegenheit, sich eines verdienten Mannes in Hallstatt und seines Werkes zu erinnern, das ihm den Ehrennamen eines ..getreuen Ekkehard von Hallstatt“ verschaffen hat: Friedrich Mortons. Seinen beiden Büchern über Hallstatt ist das dritte (im Verlag des Hallstätter
DAS ERZÄHLERISCHE WERK. Von Ferdinand von Saar. Dritter Band. Amandus-Verlag, Wien. 42t Seiten, 8 Abbildungen auf Tafeln. Preis 104 SGelegentlich des Erscheinens des ersten und zweiten Bande haben wir ausführlich die Bedeutung des Unternehmen! gewürdigt, den Dichter wieder in unser Mitte zu holen, diesen feinsinnigen Künstler, echten Wiener und Altösterreicher („Die Furche“, Nr. 45, 1959). Bei dem gewohnten Kummer, unsere heimische Literatur auswärts gedruckt und gepflegt zu finden, ist es doppelt tröstlich, diesen dritten Band in die Hand zu nehmen, der die Themen der
DER ABEND KOMMT SCHNELL in diesen kurzen Herbsttagen. Die Sonne sank blutrot hinter dem Gschaidt und dem Masenberg. Als wir in Hartberg vor dem romanischen Karner standen, mußte man bereits Scheinwerfer zum Ausleuchten der Architektur nehmen. Neben der Stadtpfarrkirche Zum heiligen Martin sind eben neue Ausgrabungen im Gange. Auch der Karner selbst ist Gegenstand von Forschungen. Sie werden unter anderem die Frage nach der ursprünglichen Verwendung des Bauwerkes beantworten, in dem man eine Taufkapelle vermutet. Wenn man heute durch Hartberg kommt, kann man kaum glauben, wie sehr die Stadt
Die Wiener Gemeindeverwaltung beabsichtigt für Mitte November 1960 gemeinsam mit der Handelskammer eine Enquete über Fragen der Stadtplanung. An den Beratungen sollen Vertreter der zuständigen Bundesministerien, der Kammern, des Städte- und Gemeindebundes, des Instituts für Raumplanung und der Gemeinde Wien selbst teilnehmen. Wenn auch diese Enquete als Beratung über Fragen der Stadtplanung bezeichnet ist, wobei unter anderem die für die Wirtschaftskapazität der Bundeshauptstadt wichtigen Probleme einer Verlagerung alter Betriebe aus dem Stadtkern und die An-siedlung neuer Betriebe in
Das erste Konzert im Zyklus „Die große Symphonie“ leitete Sir Malcolm S a r g e n t, der ständige Dirigent der populären Londoner Promenadenkonzerte. Er hatte die „Fantasie über ein Thema von Thomas Tallis“ seines Landsmannes Ralph Vaugham Williams (1872—1958) und die Wassermusik des Wahlengländers Georg Friedrich Händel auf sein Programm gesetzt, dazwischen spielte Ania Dorfmann Mozarts Klavierkonzert Es-dur. Dieser erste Teil verlief ein wenig spannungslos, vor allem infolge der unpersönlichen und kraftlosen Interpretation des Soloparts in einem Klavierkonzert, das ein
IN EINER PENSION der Wiener Innenstadt blickt der Türsteher fragend auf meine Hände, und dann rasch, kaum merklich, zur Glastüre und hinaus, ob etwa dort ein Kraftwagen halte. Ich merke: dieser Blick gilt dem fehlenden Koffer. Ein Gast ohne Koffer? Am Ende ein Vertreter, der „in Waschmaschinen“ reist? Der „Außenbeamte“ einer Staubsaugerfirma? „Der Chef ist bei Tisch“, sagt der Mann vorsichtig und schaut nochmals zur Glastüre. „Nein, ich will kein Geschäft machen“, sage ich. „Sie haben gestern eine Anzeige in der Zeitung aufgegeben . ..“ Der Mann ist bestimmt
Wenn der Leser von heute nicht die Beziehung zu den von der Schule her mit allerlei Einschränkungen versehenen Klassikern verlieren soll: wenn; er nicht weiterhin an Vaters und Großvaters goldbetreßten Bänden im Glasschrank vorbeigehen soll; wenn er nicht, von einem Extrem ins andere fallend, sich mit schlanken Taschenbuchausgaben bescheiden darf: dann heißt es für die Herausgeber einer Klassikerausgabe, den gewaltigen Stoff technisch handlich darzubieten (daher hier die Dünndruckausgabe) und die Texte philologisch zuverlässig und ausreichend kommentiert herauszugeben. Solange die
Von den Höhen des Böhmerwaldes war er talwärts gestiegen, dorthin, wo das Silberband der Donau in der Mittagssonne um das Grün der Fluren sich spielerisch windet und wo in der Ferne wie eine Verheißung des Urewigen-Schönen im Blau des Himmels die weiße Wolke des Priel langsam aufleuchtet und verblaßt, wie die Strahlen wandern. Von den stillen Wäldern mit dem Goldbraun ihrer Bäche und Ströme, von den in der Einsamkeit verlorenen Häusern, davor die Ebereschen im böhmischen Wind die kargen Farben des Sommers in den langen Winter tragen mit dem Rot der Beeren, von der sprachkargen
DIE EINSAMKEIT DES HERBSTES lastet Inter grauem Gewölk. Das Land südöstlich von Wien mischt Grün, Braun und Gelb zu verwaschenen Farben. Wie schwärzliche Pinsel-striche stehen an der Straße die Pappeln, von denen der Nordwestwind das alternde Laub pflückt. Linker Hand taucht für eine Weile die 7 doppeltürmige Fassade der Kirche von Maria-J.anzendorf auf. In Himberg warten an der Autobushaltestelle Arbeiter auf den Wagen, der sie zur Glasfabrik nach Moosbrunn bringen soll, bei der Spinnerei in Marienthal werfen Kinder abgefallene Kastanien in die bleigetönte Fischa. Vor uns taucht der
DAS ALTE AMERIKA. Von Prof. Dr. Hermann T r i m b o r n. Gustav-Kilpper-Verlag, Stuttgart. 160 Seiten Text, 112 einfarbige und 4 farbige Tafeln. Preis 24.50 DM.Während das Buch „Das frühe Indien“ in Neuland vorstößt — es gab bisher in deutscher Sprache kein einziges zusammenfassendes Werk über die Frühgeschichte Indiens, nur in England waren nach dem Krieg schon zwei oder drei Bücher über den prähistorischen Hintergrund der indischen Kultur, wie das von D. H. Gordon, erschienen —, behandelt dieses, das den indianischen Hochkulturen gewidmet ist, ein schon hundertfach
Das Problem ist bis heute noch ungelöst geblieben, wie man eine Verdi-Oper inszenieren soll, um die Kluft zwischen der szenischen Theatralik, die nur Vorwand für sich entfaltende Gesangskunst ist, und dem schaufreudigen Menschen zu überbrücken, der sich gerne der Illusion hingeben möchte. Margarethe Wall mann hat die Neuinszenierung der fast hundert Jahre alten Oper „Die Macht- des Schicksals“ in der Wiener Staatsoper ebenso wenig von realistischer Konvention entfernen oder von billiger revuehafter Aufmachung schützen können wie Georges Wakhewitsch, der für das Bühnenbild und die
In der eigenständigen japanischen Musik, die auf halbtonfreie Pentatonik gegründet ist und die sich sowohl durch feines Formempfinden als auch durch den Kontrast von geballter Kraft und zartester Lyrik auszeichnet: in dieser Volksmusik sind schon die Elemente enthalten für die zeitgenössische japanische Musik. Es ist angesichts der historischen Entwicklung — altes Volksgut, versetzt mit Einflüssen der europäischen Musik, die gefördert wird durch die Wirksamkeit ausländischer Pädagogen, durch das Studium an ausländischen Schulen (auch in Wien studieren Japaner) und durch die
TOPOGRAPHIA BOHEMIAE, MORAVIAE ET SILESIAE. Von Matthäus Merian d. Ä. Bärenreiter-Verlag, Kassel. Photomechanischer Nachdruck der 1. Auflage von 1650. 192 Textseiten, 35 Pläne und Ansichten, 3 Karten. Preis 37 DM.
MIDI. Vom Reisen in Südfrankreich. Von Margot Schwarz. Origo-Verlag, Zürich. 226 Seiten, 27 Abbildungen. Preis 13.80 DM.Man kann verdrossen einen Tag vorher in den Expreßzug gestiegen sein und sich nördlich des Gotthard vergewissert haben, daß es dort ebenso ergiebig regnen kann wie im Salzkammergut: der Süden wischt alle Falten im Gesicht fort. Wo bleibt zwischen Vallauris, wo Picasso gewohnt hat, und der Montagne Noire das Gefühl des Eingeschlossenseins, die beschränkte Sicht, der bedrückte Atem? In diesem Buche, dessen Unmittelbarkeit der Anschauung jeder bestätigen kann, der den
Von der Besetzung der Hauptpartien in der Oper Andre Chenier“, der Premiere vor den Sommerferien, ist bei der neuerlichen Aufführung in der Staatsoper nur der noble, an Popularität wenig Konzessionen machende Gerard des Ettore Bastianini übriggeblieben. Neubesetzungen waren Anto-nietta Stella (Madelaine von Coigny) und Carlo Bergonzi (Titelrolle). Diese Madelaine wirkte trotz des etwas kühlen Klanges und verhaltenen Spiels — sehr sparsame Gestik — bereits am Anfang, und letzte sich im Verlaufe der Oper dank der glänzenden Stimmtechnik immer mehr durch. Carlo Bergonzi stellte Jceinen
AUF DER STRASSE und in dem Augenblick, da ich den Schritt verhalte, um mich angesichts der stämmigen Polizeibeamten vor dem Portal des Hauses zu vergewissern, nicht versehentlich vor dem Polizeipräsidium auf dem Parkring angelangt zu sein, flüstert eine männliche Stimme rechts von mir: „Wenn S' mir den Apparat da mitnehmen könnten — was Sie halt dafür kriegen...“ Ich erblickte eine schlottrige, nur mit Hemd und Hose bekleidete Gestalt, deren Füße in defekten Sandalen steckten. Auf die Frage, warum denn der Mann nicht selbst hinüber ins Dorotheum gehe, antwortete er: „Weil i mi
Über besondere Wettergunst oder das Ausbleiben gewisser, nicht vorherzusehender Zwischenfälle können sich die stets eines großen Zulaufes sicheren Arkadenhofkonzerte im Wiener Rathaus in der ersten Hälfte des vorgesehenen Konzertprogramms, das vom Orchester .der Wiener Symphoniker bestritten wurde, nicht beklagen. Ein Konzert mußte der Ungunst des Wetters halber gänzlich abgesagt, ein zweites noch vor der Pause abgebrochen werden, und ein drittes Konzert wurde unter dem Eindruck des großen Straßenbahnunglücks abgesagt.Von dem einen Konzert, das nur zum Teil abgewickelt werden konnte,
DER FAHRER DES POSTKRAFTWAGENS von Bad Ischl nach Strobl weiß Bescheid auf die Frage, wo die Sommerhochschule zu finden sei. „Da drüben, wenn Sie zwischen den Bäumen durchschauen, sehen Sie ein Haus. Gehen Sie die Allee hinunter, über die Brücke und dann nach links... das Tor ist immer offen“, sagt er und fügt in dem Augenblick, da ich gegen die flimmernde Sonne hinüberspähe, ersichtlich stolz hinzu: „Das ist ein Tor zur Welt.“ Als ich zum Bürglhaus komme, sind seine Gäste eben beim Mittagstisch, aber das Sekretariat arbeitet noch immer, und auf einen telephonischen Anruf hin
Die Abendkonzert ein Wiener Palais während der Monate Juli und August, vom Amt für Kultur und Volksbildung der Stadt Wien arrangiert, greifen nach zwei Seiten hin aus: Einmal ist man darauf bedacht, junge, zum Teil noch mitten in der künstlerischen Entwicklung stehende heimische Kräfte zu fördern, ihnen die nötige Konzerterfahrung zu geben; dann entsinnt man sich jener Preisträger, die sich in der abgelaufenen Konzertsaison herauszuheben wußten, und stellt beide Gruppen internationalen Solisten gegenüber. Das Publikum hat sich, wie die bisher stattgefundenen Konzerte beweisen,
WO DER NORDEN DEM SÜDEN BEGEGNET: SÜDTIROL. Ein geographischer Vergleich. Von F. Dörrenhaus. Verlagsanstalt Athesia, Bozen. 258 Seiten. Preis 80 S.Was wir in der Debatte über Südtirol, die im Herbst vor das internationale Gremium der Vereinten Nationen getragen wird, brauchen, sind nicht nur Appelle an das Gefühl, sondern vor allem nüchterne Tatsachen. Wer anders als ein Geograph, der Kenner der Siedlungsgeschichte, der kluge Deuter und Folgerer aus den Gegebenheiten der soziologischen Struktur, im vorliegenden Falle der bekannte Kölner Geograph, der mehrfach und eingehend Süd-und
AM FRÜHEN MORGEN SIND ZÖLLNER arbeitsfreudiger als spätabends. Zwei Männer des Zollstreifendienstes, dessen schnelle Boote die Sehnsucht so manchen Motorsportlers am Bodensee erregt haben, springen mit einem Satz, noch während die Wurfleine durch die Luft fliegt, auf den Kai; ein dritter, der seine Arbeit eben bei der Dampferanlegestelle anzutreten hat, mustert bereits im Anmarsch meinen mit vielen Zetteln beklebten Koffer, der allzusehr aus der Alltagsmasse der Aktentaschen und Einkaufskörbe heraussticht. Was kurz darnach, beim Betreten des Dampfers nach Lindau, den Beamten besonders
„Kammeroper ist für uns nicht ein geschichtlicher Werktypus, sondern eine Art, Oper zu spielen und zu gestalten.“ Dieser, dem hübschen Programmheft entnommene Satz ist für sich ein Programm, das der Wiener Kammeroper in den sieben Jahren ihres Bestehens das Profil und den größten Teil ihrer Erfolge eingetragen hat. Wo sie ihm treu bleibt, wird sie in der Tat ein Notwendiges erfüllen, das im. Wiener Musikleben ebenso seinen Platz hat wie die große Oper. Auch ihre andere Aufgabe, die Herausstellung junger Talente, ist vom Glück begünstigt. Man hat sich daran gewöhnt, die
WELTGESCHICHTE DER NEUZEIT 1750 bis 1950.Von Otto W e s t p h a 1. W.-Kohlhammer-Verlag, Stuttgart. 400 Seiten.Der Hamburger Historiker (1891 bis 1950), zuerst in seiner Geburtsstadt, dann in Göttingen und zuletzt wieder in Hamburg wirkend, ist 1941 mit einer im Sinne des damaligen Regimes gehaltenen Geschichtsauffassung („Das Reich', 1941) hervorgetreten. Er ist in dem vorliegenden Werke bemüht gewesen, seinen Standpunkt zu revidieren. Er gibt sich, obwohl dies leicht gewesen wäre, nicht als Ankläger, obzwar er zu seiner Entlastung dies hätte tun können. Er ist bestrebt, nüchtern pro
Trotz des mutigen Durklanges aller Beethoven-Sonaten, die Wilhelm Backhaus im Großen Musikvereinssaal spielte: die in F, op. 10/2, jene in C, op. 5 3, die Sonate „Les adieux“ und nach der Pause die in Ä und E, op. 101 und 109 — immerfort war es ein Ringen mit den Schatten, mit den Mächten der Gewalt, des Unfriedens, der alles Schöne auf der Erde löschen möchte. In diesem Spiel, das in allen Einzelheiten von unerhörter Subtilität erfüllt und von einem phänomenalen Vermögen zur Tonmodellierung in den getragenen und gedämpften Partien gekennzeichnet ist, waren die Spuren einer
DER ARBEITER RECHTS DRÜBEN am Fenster kommt auf meine Frage zu mir an das offene Fenster links in der Fahrtrichtung des Zuges von Attnang-Puchheim. Kurz nachdem dieser Vöcklabruck verlassen hat, taucht über dem bewaldeten Hügelrücken der Riesenfinger eines Schornsteins auf, aus dem der frische Westwind eine zarte graue Fahne nach Osten zieht. „Ja, dieser Schlot gehört zum Lenzinger Werk“, sagt der Mann. „Hundertsechsundfünfzig Meter ist der Schlot hoch, der höchste in Europa, soviel ich weiß.“ Eine Weile hört man nur das Rasseln der Räder. Immer mehr Gebäude und Hallen, um
NEUER WELTATLAS. Herausgegeben von Dr. Eugen Th. Rimli und Prof. Dr. Ludwig Visintin. Mit 500 Karten und 550 Bildern. Stauf fachet-Verla g AG., Zürich. VIII/257/260/260 Seiten. Preis 785 SDie zahlreichen politischen Umwälzungen der letzten Jahrzehnte haben die Idee zu einem Atlastyp reifen lassen, den Atlas mit den auswechselbaren Kartenseiten. Wenn politische Veränderungen eintreten, braucht man nur das alte Blatt herauszunehmen und die nachgelieferte neue Karte einzusetzen. Das hat bei kostspieligen Werken — und die Atlanten gehören dazu wegen der nötigen technischen Sorgfalt und den
DÄMONEN UND NACHTGESICHTE. Von Alfred K u b i n. Eine Autobiographie. Mit 24 Bildern. Piper-Verlag, München 1959. 67 Seiten. Preis 20 S.Kubin erzählt von sich selbst. Offen und ehrlich, bescheiden und kritisch — 60 gut man es kann, wenn man sich selbst für sich selbst beschreibt. Denn man hat das Gefühl, daß Kubin für sich selbst schreibt, wobei man mitlesen darf, was er sich über sich schreibt. Die ganze Qual und Wonne der Phantasie wurde nie eindringlicher dargestellt: Jugenderleb-nisse pflanzen sich fort und wuchern über jede Reflexion und halten sich selbst wider den
DER JUNGE SCHAFFNER mit den rosigen, frisch rasierten Wangen steht auf dem Sand des Bahnsteigs von Seiz an der Strecke St. Michael— Selzthal und zuckt zu den Fragen der Reisenden des Sonderzuges resigniert die Schultern. Er sieht die Lage beträchtlich weniger rosig, als die Farbe seiner Wangen ist, wenn es darum geht, zu beurteilen, ob die bereits ansehnliche Verspätung, erworben zwischen Buchs und dem kleinen stei-rischen Bahnhof, 196 Kilometer von Wien entfernt, sich etwa werde verringern lassen. Ein Reisender blättert im Kursbuch zwischen den Fahrplanbildern 15, 20 und 29 hin und her
AN DER ATLANTIKKÜSTE von Hendaye an ider spanisch-französischen Grenze bis nach Biarritz und weiter landeinwärts über Bayonne, Orthez nach Pau hängt fahler Nebel über Hügeln und Wiesen, nur zeitweise durch einen heftigen Windstoß von der Biskaya her zu phantastischen Gebilden geballt und bald wieder zu flatternden Fahnen zerrissen. Ein wehmütiger früher Abend kommt. Im Abteil sitzt ein Eisenbahnbeamter, der bei jedem Halten sich aus dem Fenster beugt und seinen Kollegen vom Dienst begrüßt; sitzt ein junges Mädchen, das „Ciaire-Marie“, die Modezeitschrift, auf den Knien
DIE DOPPELSPUR DER BAHN hört ab Sigmundsherberg auf. Das zweite Geleise wurde, wie man vorgibt, aus Ersparungs-gründen entfernt. „Wir liegen im Winkel, am Ende der Welt“, sagte mir am Bahnhof von Gmünd ein Eisenbahner. „Ich glaub', die in Wien vergleichen uns mit einem Mann, der seinen Kopf in der Schlinge hat. Zugezogen ist sie noch nicht — aber wer kann wissen, was uns noch bevorsteht? Wir haben hier zuviel Abwechslung an Namen während der letzten dreißig Jahre gehabt.“ Und vor dem Arbeitsamt meinte ein landwirtschaftlicher Arbeiter: „Das ist einfach gesagt, wo Sie hier
An der Spitze der menschlichen Porträts, die in dem Bildersaal der Jahre stehen, müßte jenes von Rudolf H e n z genannt werden. In dem Band „Zwischen den Zeiten“ (Österreichischer Bundesverlag, Wien) sind Prosastücke und Gedichte vereinigt, gefolgt von einer schätzenswerten Bibliographie, die bis zum Jahre 1956 reicht. Das Buch ist geeignet, allen den Zugang zu einem dichterischen Schaffen zu eröffnen, das untrennbar mit der Geschichte unserer Zeit verbunden bleibt.Uriel Birnbaum, 1894 in Wien geboren, ein lyrischer Könner von Format (deshalb ist von ihm vielleicht so lange nichts
DURCH EIN GLASFENSTER in der Trennungswand zweier Räume winken die hellen Türme der Votivkirche beziehungsreich in die Schule und kommt von der Universität her ein schwesterlicher Gruß. So wie der Wiener Heinrich Ritter von Ferstel die Blüte mittelalterlicher Baukunst dort drüben mit dem lichten Pfeilerwald, der hochstrebenden Chorbildung in verjüngter Gestalt wieder erstehen ließ; so wie dieser Architekt die Universität im Stile der Renaissance baute, so ist er im reizvollen Wandel seiner Baugesinnung zum Schöpfer des Hauses geworden, bei dessen Betreten man sich eher angesichts des
Die Sonderausstellung „Johann Strauß und das Theater an der Wien“, welche im Mariahilf er Heimatmuseum, Gumpendorfer Straße 4, eröffnet wurde und vorderhand bis 3 Juli 1960 zugänglich bleibt, greift weit über den Rahmen einer lokalen Schau hinaus. Selbst der Name des Walzerkönigs ist nur ein Ton auf den vielen Saiten dieser klingenden Geschichte. Gewiß hat auch die Sicherung des lange gefährdeten Hauses und die künftige Verwendung als Festspielhaus durch die Gemeinde Wien, anregend auf die Absicht gewirkt, eine Ausstellung zu zeigen, die beweisen soll — und dies auch im
Josef Strauß, das poetischeste Gemüt aus der Dynastie der Walzerkönige, hat so viele schöne Melodien geschrieben, daß es naheliegend war, wenn Theaterpraktiker, wie Carl Lindau, Julius Wilhelm und Ernst Reiterer als musikalischer Arrangeur, eine Operette aus diesem „Material“ zimmerten — Strauß fand keine Zeit dazu. Seit der Zeit der Uraufführung, als hinter dem Praterstern noch „Venedig lin Wien“, bestand, wo die Sterne Fritzi Massary und Mitzi Zwerenz aufgingen, ist viel Wasser die Donau hinuntergeflossen. Die Neufassung der 1903 herausgekommenen Operette „F r ü h 1 i n g
EIN SCHUSS! Der weiße Strich wird zum auswärts gekrümmten Bogen, bekommt eine Spitze, schnellt vorwärts, fegt die Längsseite des Platzes hinunter. Gleich aneinandergereihten Perlen Hinken bald darnach helle Punkte von der unteren Bahnkurve. Mein Nachbar nimmt nach einem Blick auf seine Stoppuhr das Fernglas und setzt es sogleich ab. „Union voran!“ sagt er. „Für einen Trainingsstart so zeitig im Jahr riicht schlecht!“ Wieviel er gestoppt habe, möchte ich wissen. „Nun, raten Sie einmal!“ lautet die Antwort. Die Erinnerung rückt weit in die Wende der zwanziger Jahre zurück.
GEISTIGES KÄRNTEN. Literatur- und Geistesgeschichte des Landes. Von Erich Nußbaumer. Verlag F. Kleinmayr, Klagenfurt. 648 Seiten. 16 Bildtafeln. Preis 160 S.Solche Dastellungen am Rande des einen Volkstums, und siedlungsgeschichtlich noch über die Grenzen der Republik hinausgreifend, haben allein schon durch die Sichtung des Stoffes Bedeutung. An wohlerwogenen Beispielen entrollt sich uns das Bild eines Landes, das immer eine vom Raum bestimmte Einheit gewesen ist. Der slowenischen Dichtung wird gebührend gedacht. Als sehr verdienstlich muß vermerkt werden, daß der altösterreichische
AM AUSGANG DES ORTES, wo sich die Straßen nach Enns und Linz gabeln, weist eine Tafel mit roten Buchstaben die Richtung zum KZ. „Lager“, buchstabiert ein etwa fünf Jahre altes Mädchen in der Kolonne. Später kommt nochmals eine wegweisende Tafel: wie ein dünner Faden geronnenes Blut zwischen Berg und Tal. Das Rot grellt gegen das Weiß des frischgefallenen Schnees. „Lager“ — das buchstabierte Wort des kleinen Mädchens an der Hand seiner Mutter, die nichts antwortete, war das einzige, das man hörte. Die Schritte der vielen Menschen, welche die gleiche Straße gehen wie einstmals
Da Werke wie „Herzog Blaubarts Burg“, „Der hölzerne Prinz“ und „Der wunderbare Mandarin“ bei uns auf der Bühne nicht häufig sind und da das breitere Publikum eigentlich nur die konzertante Wiedergabe der einaktigen Oper „Herzog Blaubarts Burg“ kennt, haben wir, einer Einladung folgend, die seltene Gelegenheit benützt, uns mit der gegenwärtigen Opern- und Tanzkunst in Budapest bekannt zu machen.Bei einer solchen Gelegenheit wird offenbar, wie unzulänglich jede Art einer konzertanten Wiedergabe sein muß, vollends bei Werken, wie den hier genannten von Bartok. In ihnen wird
VOR DEM MOSAIK EINER LANDKARTE, das an der Gebäudefront des Zollhauses von Hegyeshalom in den ersten Strahlen der durchbrechenden Morgensonne bunr aufleuchtet, steht ein Mann und starrt nachdenklich die Form des Gebildes an und sagt zu einem neu Hinzutretenden: „Wie ein Pferd schaut es aus, das nach Osten sprengt. Vor der Nase die Sowjetunion, von der Kinnkettengrube an Rumänien, zwischen Vorder- und Hinterhand Jugoslawien.“ Sein Nebenmann stopft ein paar Forintscheine in die Brieftasche, zündet sich genießerisch eine Zigarette an und meint nach einem kurzen Blick auf das Mosaik:
AUF DER LÄNGLICHEN GLASTAFEL über der Loge rechts vom Eingang des Hotels funkeln goldverziert die Worte: Rezeption. Empfang, Aufnahme also. Es ist knapp vor zweiundzwanzig Uhr. Vor mir baut ein Angestellter die Gepäckstücke des Herrn und der Dame mit unleugbarem Sinn für geometrische Ordnung auf. Jedesmal, wenn wieder ein Koffer durch die Drehtüre hereingetragen wird, weht die feuchte und herbe Nachtruft des späten Winters in die behagliche Wärme der Halle. „Man könnte glauben, daheim zu sein“, meinte ich zum Direktor, der zwar ein wenig müde, aber unerschüttert freundlich den
Die „ö s t e r r e i c h - R e i h e“ (herausgegeben von Ludwig F. Jedlicka, Hans M. Loew und Kurt Skalnik im Bergland-Verlag, Wien) ist eine jener heimischen Kleinbuchreihen, die in kluger Planung ererbtes Gut und seine Frucht in der leider nur allzuoft dem Neuesten zugewandten Gegenwart zu hegen weiß. Grillparzer ist — nicht zuletzt preiswert für Schul- und Volksbildungszwecke — mit seinem Lustspiel „Weh dem, der lügt“, mit dem dramatischen Märchen „Der Traum ein Leben“ und dem „Bruderzwist in Habsburg“ vertreten. Wir finden bei dem Lustspiel, dessen Mißerfolg vor
UNDURCHDRINGLICHER NEBEL zwischen Saalfelden und Alm. Die Wetterfrösche haben uns tags zuvor Aufheiterung versprochen, nicht ohne die neckische Beifügung „gebietsweise“ und nicht ohne vorangehende Niederschläge, „die im Tal als Regen, in Höhen über 2000 m als Schnee“ fallen könnten. Schemenhaft tauchen aus dem Weißgrau zeitweise die Umrisse eines einsamen Heustadels auf. Zur Linken, von Rain her, schimmern die Lichter eines Bauernhofes, schräg gegenüber, wo Almdorf liegt, rattert ein Traktor. Sein Geräusch mutet an, als habe man es in Wolle gepackt Die Maschine ist nicht zu
SELBSTZEUGNISSE. Von Albert Schweitzer. Verlag C. H. Beck, München. 347 Seiten. Preis 8.20 DM.Die heutige Welt ist an Idealen nicht ärmer als frühere Zeiten, sondern reicher an materiellen Kräften, die mit allen Mitteln den Sinn der Ideale in Frage stellen. Aber ärmer wird die Welt an Männern, die mit beiden Füßen festgegründet auf der Erde stehen und mit ihr verwachsen, Leuchttürmen gleichend, ihr Licht hinaussenden auf die nachtdunkle, sturmbewegte See. Ein solcher Weiser in doppelter Bedeutung ist Albert Schweitzer, dessen Geburtstag kürzlich die ganze Welt feierte. Lebt sie ihm
DAS LOKAL IST VON AUSSEN her gesehen nicht gerade repräsentativ. Jetzt eben, eine Stunde vor Mitternacht, stehen vier, sagen wir, junge Herren in erregtem Disput auf dem Gehsteig. Der erste mit dem wirren Schwarzschopf den er eben mit Hilfe eines Kammes einigermaßen in Ordnung bringt, sagt zu seinem Nachbar, der sich eine Zigarette anzündet: „Das ist nichts Neues. Das hab' ich von ihr auch schon gehört. Die halt' dich nur zum Narren. Und tanzen kann's auch net.“ Der Zigarettenraucher spuckt kräftig aus, bevor er antwortet: „Der Boogie war net schlecht.“ Darauf der dritte, der eben
Der Österreichische Rundfunk, Studio Wien, gedachte gemeinsam mit der Österreichischen Albert-Schweitzer-Gemeinde bei einer öffentlichen Feier des 85. Geburtstages des „Urwalddoktors“, in deren Mittelpunkt die Uraufführung der Ode auf Lambarene „Das Selbstverständliche ist die Güte“ des Wiener Komponisten Karl Maria Brand-s t e 11 e r stand. Der Text, vom Präsidenten der Schweitzer-Gemeinde, Karl Schulhofer, verfaßt, trägt eine starke werbende und didaktische Note. Das Gefühl wird von der humanitären Idee her angesprochen. „Du mußt das Selbstverständliche tun, Doktor
DER ANSAGER SCHNELLT seine Pointe in den Saal. Ein dünnes Lachen plätschert und geht in fernen, unbestimmbaren Musiktakten eines Tanzstückes unter. Und dann herrscht mit einem Male Stille. Am rechten Ende des fast quadratischen Saales, wo sich die Kristalleuchter und ihr Widerspiel in Spiegeln gegenseitig zu überbieten scheinen, steigt eine Frau die paar Stufen hinauf zum Laufsteg. Von links oben und rechts vorn richten sich schmale, gekuppelte Scheinwerfer aus, ein letzter mit zartorangem Licht blendet in dem Augenblick auf, als die Frau die ersten Schritte macht, von einer gelben
Der vorliegende Band, der unter Mitarbeit von Dr. Siegfried Deutschmann, Dr. Isolde Emich, Dr. Hans Hajek und Dr. Karl Jelusic für die letzte (achte) Klasse der Mittelschulen vom Bundesministerium für Unterrricht approbiert wurde, hat neben dem Unterrichtszweck des Jahrganges sich zum Ziel gesteckt, nicht „antiquarisch“ verkauft zu werden, sondern ein Schlüssel zu sein, ein freundlicher Wegweiser, der wenig vom erhobenen Finger, viel aber von der kameradschaftlich gebotenen Hand an sich hat. Zunächst wird der Weg von der Romantik zum Realismus eingeschlagen. Auch in der Dichtung (und
Ihr erstes Konzert fand im Frühjahr 1956 im Großen Konzerthaussaal statt, und nun, am 25. November 1959, verabschiedete sich das ungarische Exilorchester mit einem Konzert im Großen Musikvereinssaal unter der Leitung Zöltan R o z s n y a i s, des gleichen Dirigenten, der die aus verschiedenen ungarischen Orchestern kommenden Musiker zu einem Klangkörper vereinigt und der das erste öffentliche Konzert des neuen Ensembles geleitet hat. Es war ein festlicher Abschied im gut besuchten Saal, ein Sprecher des Orchesters dankte Wien und Oesterreich (wo das Orchester über 100 Konzerte
DER „FAVORITENHOF", WEIT VOR DER STADT — später „Favorita“ genannt, in einer lieblichen, ländlichen Umgebung —, so zeigt der Radierer Merian in seiner „Topographie der österreichischen Provinzen" das Schloß, zu dem noch unter Kaiser Matthias der Grundstein gelegt worden war. Nach Bannung der Türkengefahr und nach dem Frieden von Karlowitz ist das Haus, wie viele andere Wiens, neu errichtet worden; denn, wie ein Aktenstück aus dem September 1685 berichtet, ist die „Favorita völlig abgepronnen und fast niemand als ein Gärtner darinnen " Es scheint wie ein Symbol, daß auf
En Jahrhundert deutscher Literaturkritik. Band II: Schiller und sein Kreis; Band III: Der Aufstieg zur Klassik; Band IV: Das große Jahrzehnt. Von Oscar Fambach. Akademie-Verlag, Berlin, XXXI 562, XXII 685, XIX 684 Seiten. Preise 32, 56, 42 DM
Als die fünfte Sammlung von Novellen unter dem Titel „Herbstreigen“ im Jahre 1896 erschien, schrieb Saar an seinen Verleger am 9. Juni: „Die jetzt vorliegenden 17 Novellen sind alle aus einem Gesichtspunkte zu betrachten, nämlich als Kultur- und Sittenbilder aus dem österreichischen Leben von 18 50 bis zur Gegenwart. Nur wenn man ihren Zusammenhang erkannt hat, begreift und würdigt man sie vollständig.“ Die beiden vorliegenden Bücher der auf fünf Bände berechneten Gesamtausgabe des erzählerischen Werkes, durch einen heimischen Verlag herausgegeben, verdienen gerade aus der
BIOGRAPHISCHES LEXIKON VON OBERÖSTERREICH. Herausgegeben vom Institut für Landeskunde von Oberösterreich, bearbeitet von Martha Khi1. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz.Wie in so vielen kulturellen Unternehmungen (man denke nur an die Errichtung des Adalbert- Stifter-Instituts) ist das Land ob der Enns mit diesem nach modernen Grundsätzen aufgebauten und praktisch eingerichteten Nachschlagewerk vorbildlich. (In Lieferungen auf Blättern für Ringmappen erscheinend, fallweise ergänzt, und daher stets auf der Höhe des Tages.) Man kann es in vielfacher Hinsicht ordnen und auswerten:
BOHINJSKA BISTRICA - so steht es in großen Lettern auf dem Stationsschild gemalt. Der frische Wind zaust am Efeulaub und zieht dünne Staubfahnen vom trockenen, harten und weißlichgrauen Boden. Eine Schar munterer Schulkinder steigt in den Zug. der von Aßling her gekommen ist. Mit den Kindern steigt als letzter, aufmerksam umherblickend, auch ein wohlbewaffneter Soldat ein — gleichsam, um hier in der schier weltentlegenen herrlichen Alpenlandschaft daran zu erinnern, daß die Grenzzone beginnt. Indes die Kinder, Mädchen und Burschen zuerst die Erlebnisse des Vorrecht passend — indessen
HANDLANGER GOTTES. Von Hans Fischer- Bar n i c o 1. Verlag Josef Knecht-Carolusdruckerei, Frankfurt am Main. 198 Seiten. Preis 9.80 DM.Nach fünf Jahren internationalem Bauorden das Ergebnis: 15.000 junge Männer opferten ihre Freizeit und schenkten sie und alle ihre Kraft den Zaungästen des Lebens, den Notleidenden, denen, die stumm im Winkel stehen, denen, die keine Heimat mehr haben. Umriß und Werk des Bauordens ersteht in dem dokumentarischen Bericht eines Mannes, der auf einer Art sozialer Pilgerfahrt die europäischen Baulager besucht hat. Ein wichtiges, auch für ‘die Jugend
Die Neueinstudierung der komischen Oper „D e r Barbier von Sevilla“ in der Volksoper muß nach mehreren Gesichtspunkten gewertet werden: Das Bühnenbild unter teilweiser Verwendung der für den Redoutensaal von Alfred Roller entworfenen Dekorationen von Walter H o e s s 1 i n sieht wie gestaltgewordene Sparsamkeit aus, es staubt an allen Ecken und Enden, und selbst der Horizont zeigt Altersschwäche; außerdem steht der Wille zur Stilisierung und Distanzierung angedeutete Oellampen an der Rampe im Widerstreit mit der Spielführung. Die Regie Alfred J e r g e r s hat eine Ueberfülle von
IN DER SPÄTEN HERBSTSONNE steht in der Gestettengasse im dritten Wiener Gemeindebezirk oberhalb der Schlachthausgasse, in jener Gegend, die dem Einheimischen als Erdberg bekannt ist, ein weißhaariger Mann und hält ein Huhn an einer Spagatschnur, wie man einen Hund ausführt. Das sieht auf den ersten Blick etwas komisch aus, und der Mann mißt mich denn auch scharf, als ich eine Weile stehenbleibe und das vorzeitliche Idyll betrachte. Vorzeitlich: denn ein paar hundert Meter weiter vorne ragen wie die Bordwände dreier vor Anker liegender Ozeanriesen die ersten Wohnblocks im Bereich jener
Die große Fuge in B, welche ursprünglich den abschließenden sechsten Satz im Streichquartett op. 130 von Beethoven bildete, fand in der architektonischen Dimension bei den Zeitgenossen des Meisters wenig Verständnis. Es ist daher begreiflich gewesen, wenn Bülow und Weingartner die Fuge, welche 1827 eine eigene Werkzahl bekam, versuchshalber von einem Streichorchester spielen ließen. In dieser Form, die Dimitri Mitropoulos an der Spitze der W i e- ner Philharmoniker dirigierte, ist — nicht zuletzt durch die Neigung des Dirigenten für die Logik und straffe Rhythmik — erneut der
Im Jahre 1766 bezog die fürstliche Hofhaltung das neuerbaute Lustschloß Esterhaza südlich des Neusiedler Sees. Dieser Wunderbau, der ohne die Vorbilder von Versailles und Schönbrunn freilich nicht denkbar ist, trat damit an die Stelle eines in sumpfiger Einsamkeit liegenden Jagdhauses bei Süttör, 24 Kilometer östlich von Oedenburg gelegen. Das Schloß ist nunmehr von den Kriegsschäden wiederhergestellt. Mit den erleuchteten Fenstern am späten Abend und dem über die in Weiß und echtem Schönbrunner Gelb glänzende Fassade flutenden Scheinwerferlicht der Fernsehleute erschien es uns.
BEIM BAHNHOF VON ALA sitzt ein dunkelhäutiger Mann und zeichnet mit einem dürren Ast, der die Form eines Säbels hat, in den Sand etwas, das wie ein Vogel mit ausgestreckten Schwingen aussieht. Mit einiger Phantasie könnte man ihn für einen Adler halten. Ich schaue dem Mann eine Weile zu und frage, was die Zeichnung bedeuten soll. Er wirft mir einen schiefen Blick zu und pfeift eine Tanzmelodie, bevor er in gebrochenem Deutsch antwortet: „Das ist Adler.“ Also nicht schlecht geraten, denke ich. Der Mann setzt fort: „Paßt zu Ala. Ist römisch. Latein. Legionen!“ Nun, fürwahr, ein
SHAKESPEARES DRAMEN. Von Max Lüthi. Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin. 474 Seiten. Preis 136 S.Seitdem August Wilhelm Schlegel in seiner zwölften Vorlesung „lieber dramatische Kunst und Literatur“' über Shakespeare gesagt hat: „Der Ausleger sind so viele aufeinander gefolgt, daß ihre Arbeiten nebst den kritischen Streitigkeiten, Widerlegungen, 'Rechtfertigungen usw.. eine nicht unbeträchtliche Bibliothek ausmachen“, und er die Meinung aussprach, nirgends stünde „das rechte, geschweige das Erschöpfende sei gesagt“; seit mehr als hundert Jahren also ist die Diskussion
DER SCHUHREISENDE PITELLI, der im Simpionexpreß seiner Nachbarin eben die Verdienste von Enrico Mattei, des Präsidenten des „Ente Nazionale Idrocarburi”, hervorgehoben hat und dabei „II Giorno” wie die Trikolore schwenkte, dieser temperamentvolle Herr mußte sich als Gegenleistung erklären lassen, warum dieses Jahr weniger Oesterreicher nach Italien gekommen wären. „Eine gelenkte Propaganda , sagte die aus Berlin stammende Dame. „Oesterreich neigt sehr zum Osten.” Der Herr wiegte bekümmert seinen Kopf und schielte nach mir, dem schweigsamen Herrn an der Gangecke des Abteils.
Diese zum hundertsten Geburtstag erscheinende Ausgabe macht noch einmal deutlich, was Hamsun in der Entwicklung der Weltliteratur bedeutet bat, bedeutet und bedeuten wird. Wenn man den Namen des Mannes, der, bevor er Bücher schrieb, Knud Pedersen hieß, und nur durch einen Druckfehler (er hatte Hamsund gewählt) schließlich als Hamsun vor die überraschte Welt trat, heute ausspricht, kann man in acht von zehn Fällen hören: Ach, der diese Geschichten tait der Politik hatte, den man in seiner Heimat einsperrte und psychiatrierte! Nun gleich vorweg: Hamsun war kein Politiker. Dichter haben
Wie Geschichte in tönendes Leben verwandelt werden kann, zeigte die „S c h o 1 a Antiqua“ (im Rahmen des Wiener Kammerorchesters) unter Paul Angerer bei einem Konzert im Palais Rasumofsky, mit Musik aus der Zeit Maximilians I. Durch seine Mutter war der Kaiser mit Portugal, durch die erste Gemahlin Maria mit Burgund und mit dem chansonfreudigen Hof zu Mecheln, durch die zweite Gemahlin Bianca Maria Sforza mit Mailand verbunden. Burgund und die Niederlande stellten damals Zentren der Musikpflege dar. So haben Komponisten wie Binchois und Dufay, wie der Niederländer und Wahlösterreicher
Im Jahre 1777, als Haydns Oper „La vera con- stanza", die für Wien geschrieben worden war, infolge Kabalen italienischer Opernkreise hier nicht aufgeführt werden konnte, fand am 3. August in Esterhäz die Vermählung des zweiten Sohnes des dortigen Fürsten, Nikolaus, mit der Gräfin Anna Maris von Weißenwolff statt. Aus diesem Anlaß schul Haydn die Opera buff a „11 mondo della luna" (Die Welt auf dem Monde), und dazu die parodistische Marionettenoper „Genofevens 4. Teil“. Beide Libretti sind herzlich schwach. Die Musik zur Operette ging verloren, von der Oper lebte eine Arie
Für die vielen auswärtigen Besucher Wiens, die mit dem Namen dieser Stadt das Schwingen einer melodischen Atmosphäre verbinden, stellen in der sommerlichen Zeit die Konzerte im Arkadenhof des Neuen Wiener Rathauses und die Abendkonzerte in Wiener Palais einer Bereicherung des Programms dar. Das Amt für Kultur und Volksbildung der Stadt Wien verfolgt auf zwei verschiedenen Linien das gleiche Ziel: gute alte und neue Musik zu bieten und bei der Ausführung zudem jungen, aufwärtsstrebenden Künstlern eine Chance zu geben.Im Arkadenhof sind die Ergebnisse doppelt bedeutsam. Erstens, weil es
DAS TELEPHON KLINGELT. „Ist dort Herr Huber? Ja? Kaffeehaus im fünften Bezirk, Mar- garetenstraße 48? Nicht wahr, Sie haben die Nummer geändert? Nein? Bitte, entschuldigen Sie, also ist es die richtige Nummer.“ Ein sympathisches Lachen. Und fort ist das Gespräch. (Alle Namen und Orte sind aus naheliegenden Gründen verändert.) Der Cafetier schüttelt den Kopf und geht wieder in die Küche. Ein Irrtum! Oder ein Spaßvogel, das kommt ja am Wochenende zuweilen vor. Zum Schluß lächelt der Cafetier. So ein Gedanken, zu fragen, ob man der ist, der man ist!AM GLEICHEN ABEND erscheinen im
Der letzte Abend in der Staatsoper vor den Sommerferien brachte eine von einem prominenten Sängerensemble getragene, italienisch gesungene „Tose a“. Renata Tebaldi prägte die Titelrolle aus dem Empfinden, aus der Tiefe der Seele, aus der Kraft des Herzens, als einen Menschen, der mit seinen Leiden wächst. Alles dies wurde in die zuerst sparsam disponierende, mit dem Fortschreiten der Handlung klug zugehende Stimme gelegt, das Schauspielerische blieb am Rande, in der Andeutung, in einer weisen Geste: Denkt mit, fühlt mit, schaut auch in euer Herzl Der Cavaradossi Eugenio Ferna n d i s
Das Orgelkonzert im Sendesaal des Oester- teichischen Rundfunks während der Internationalen Musikfestwoche und Alois F o r e r als Interpret haben schon Tradition. Der Organist hat bereits bei selten zu hörenden Stücken, wie der „Sonata prima“ von J. J. Fux und Mozarts „Phantasie für eine Orgelwalze", gutes Stilempfinden und vor allem maßvolle Registrierung bewiesen. Die moderne Orgelliteratur war mit der 1952 komponierten, durch die Oekonomie der Mittel und die Strenge der Linie fesselnden Toccata von Karl S c h i s k e und der formal gerundeten kleinen Partita über „Innsbruck,
DER LÄNGST IN DEN BÜCHERN der Literaturgeschichte eingesargte Friedrich von Bodenstedt ist lange durch die Worte aus dem „Mirza Schaffy“ bekannt geblieben: „Das'Paradies dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde." Ob die irdischen Zustände sich so sehr von der Kennzeichnung „paradiesisch" entfernt haben, weil das Glück für viele Menschen mehr in dem Druck auf den Gashebel liegt als auf dem Rücken des Pferdes - das mag ein Philosoph untersuchen. Jedenfalls, und hier ist die Statistik zuverlässig, betrug die Zahl der Pferde auf dem Boden Oesterreichs im Jahre 193 8 ins gesamt
IHR ZWINGT DIE FLÜSSE NICHT. Roman. Von Erich P o g a t s. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. 288 Seiten. Preis 107.45 S.Das Thema des Widerstands gegen fremde Okkupation haben neben tschechischen und slowakischen Autoren im Deutschen vorweg F. C. Weiskopf, Ludwig Winder, Stefan Heym, Heinrich Mann und Franz Glaser behandelt. Ihnen schließt sich nun der junge heimische Schriftsteller an, der Prag als schattenhafte -Kulisse-'der Erzählung wählte,’’‘die Tm HefKst'T939 einsetzt und bis 1940 — also ohne den Triumph der Idee — den Weg des tschechischen Studenten Jifi Tuma verfolgt.
DER MARKIGE MARSCflGESANG. aus den Lautsprechern des Bahnhofes von Aßling bot aufrüttelnd „Guten Morgen“, als die Bremsen des Jugoslawien-Expreß knirschten. Die zackige Ermunterung, an Zeiten erinnernd, derer wir uns ungern entsinnen, bildete aber — das sei gleich vorweggenommen — weder eine direkte politische Propaganda noch (Und das hatte ich ja keinesfalls erwartet) eine Begrüßung der in die Föderative Volksrepublik Jugoslawien einreisenden Fremden. Es war vielmehr gerade der Tag, an dem das ganze Land den vierzigjährigen Bestand der Kommunistischen Partei Jugoslawiens
ln seinen „Weltgeschichtlichen Betrachtungen hat Jacob Burckhardt gesagt: „Das Wesen der Geschichte ist die Wandlung”, John Locke hat die Geschichte als die „große Lehrerin der Klugheit und der Staatskunst” bezeichnet. Das klingt schon wesentlich anders als die hämische Ansicht Börnes, daß die Geschichte der Völker den Geschichtsschreibern und den Buchhändlern, welche ihre Werke verlegten, etwas Geld eingebracht hat. Die Wandlung, die Lehre: das will doch auch besagen, daß die Geschichte mit den Generationen immer neu betrachtet, durchdacht und geschrieben werden muß. Ob es
FRÜHMORGENS ÜBER DER EBENE. Ein hauchzarter Nebel, von der aufsteigenden -Sonne silbern durchwirkt, raucht um Maulbeerbäume, Pappeln, Kornfelder, Wiesen, dreht Spiralen über kleinen und größeren Gräben, in denen bleifarben und unbeweglich Wasser steht. Herb wirkt die Luft. Sie schmeckt nach Rauch und verbranntem Holz. Von der Staatsstraße 11, die linker Hand westlich Magenta über Ponte Nuovo schnurgerade auf die Ticinobrücke zielt, hört man einen Wagen rasseln und Pferdegewieher. Zweimal knallt eine Peitsche, in der Einsamkeit schreckhaft verflatternd, wie Schüsse. Kein Vogel
Eines der besten und virtuosesten Vokalensembles Wiens, der Akademie-Kammerchor, hat einen neuen Leiter erhalten. Der älteste Sohn des Komponisten Johann Nepomuk David, Thomas Christian, begann als Kammermusiker, gründete den „Süddeutschen Madrigalchor” (mit dem er auch in Wien erfolgreich konzertiert hat) und war dann als Chor- und Orchesterdirigent in zahlreichen europäischen Ländern tätig. — Als Komponist wurde er 1956 mit dem Preis der Stadt Stuttgart ausgezeichnet und im vergangenen Jahr als Professor an die Wiener Musikakademie berufen. Die Leitung des Akademie- Kammerchors
Es bedeutete ein Wagnis, an einem Abend zwei so bekannte und eigengesichtige Quartettvereinigungen wie die Pariser Loewenguths und die Münchner S t r o ß - Leute zusammenzuspannen. Aber das Mendelssohnsche Oktett in Es, selten genug zu hören, eine der schönsten Gaben des Komponisten, gewann gerade durch die Vereinigung der acht Künstlerpersönlichkeiten. Die polyphone Art des Werkes leuchtete bereits im ersten Satz auf, jede Stimme hatte ihren eigenen, wohlausgewogenen Wert, und vollends entzückte das Scherzo mit seinen virtuosen Streicherkünsten. Während das Stroß-Quarteti eine
AM ANFANG MUSS DAS KINDERLACHEN STEHEN. Mit den Schultaschen, denen die neuzeitliche Aktenmappenmode noch nichts an- haben kann, mit einfachen Ranzen also, steigen die Kinder in Zeltweg am frühen Nachmittag in den Personenzug. Es geht heimzu ins Lavanttal. Der Himmel ist trüb, ein dünner Regen rieselt unerbittlich, die Höhen stecken bis weit ins Tal in Nebelschleiern. Und trotzdem lachen die Kinder, und als der Zug mit seinen drei Wagen zum Obdächer Sattel hinaufkeucht, hebt ein Singen an, pflanzt sich von Bank zu Bank weiter. Kinder kommen und gehen auch weiter unten im Lavanttal, in
DER MANN IM PERSONENZUG von Feldkirch, der auf einem kleinen Bahnhof länger als vorgesehen stehen bleibt, um einen verspäteten Eilzug vorüberzulassen, wird von Minute zu Minute ungeduldiger. Die bereits gelesene Zeitung wird nochmals durchgeblättert und bald weggelegt. Dann sucht der Mann in der Aktentasche, zieht eine Mappe mit Dokumenten heraus, findet das Gesuchte nicht; greift schließlich nach der Brieftasche, wühlt in Papieren und scheint endlich das, wonach er forschte, in der Hand zu halten. Das ernste Gesicht erhellt ein schwaches Lächeln. Der Briefbogen, auf dem etwa ein
ÖSTERREICHS KUNSTDENKMÄLER. Herausgegeben vom Oesterreichischen Bundesdenkmalamt. Verlag Anton Schroll Ät Co.. Wien. 80 Seiten, 92 Abbildungen. Preis 20 S.In diesem Sonderheft der „Oesterreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege” wird eine große Bilanz der pflegerischen Arbeit gegeben. Das wird neuen Mut und w Al auch Geldmittel verschaffen, denn die Zeit der Rettungen ist, wie Präsident Dr. Demus richtig sagt, noch nicht vorüber, ja, diese Zeit ist stets gegenwärtig, ist die Pflicht des Tages. Seit 1946 wurden allein aus ordentlichen Haushaltmitteln des Bundes für
1Die erste aktuelle Pressediskussion, die auf breitester Basis in der Oesterreichischen Aerzte- kammer stattfand, hat sich eine Tagesordnung gestellt, deren einzelne Punkte jeder für sich schon allein ausgereicht hätte, stundenlang diskutiert zu werden.• Frage 1: „Wo liegen die Schwierigkeiten zur echten Reform und Sanierung der Krankenkassen in Oesterreich?"• Frage 2: „Besteht ein Aerztemangel oder Ueberschuß an Aerzten in Oesterreich?“• Frage 3; Memorandum der Aerzteschaft an die politischen Parteien.2Die Fragen einer Sanierung der Kassen und einer Reform der
'Wie sehr '’Franz ’4 PSi W4 un3’;hebeif’'äen ,rßfe-' Strebungen des Allgemeinen Deutschen Cäcilien-Ver- eines von sich aus eine Reform der Kirchenmusik anstrebte, beweist (weit mehr als seine großen Messen) seine Missa choralis für Chor und Orgel — 1865 komponiert —, die einem erhabenen Sakralstil zustrebt, der freilich durch die romantischen Chromatismen, sowie durch das Mißverhältnis zwischen diesen und den gregorianischen Themen nicht ganz erreicht wird, dennoch, soweit die nicht geringen Forderungen an Intonationssicherheit erfüllt werden, ein ebenso persönliches wie
ADALBERT STIFTER: SÄMTLICHE WERKE.13. Band, 1. Hälfte. Erzählungen 1. Teil. Herausgegeben von Gustav Wilhelm. Stiasny-Verlag, Graz. CXIII und 225 Seiten. Mit 3 Abbildungen. Preis 145 S.Der von allen Stifter-Freunden seit dem letzten Kriege sehnlich erwartete dreizehnte Band liegt nun endlich vor uns. ln der Reihe der großen kritischen Prag-Reichenberger Gesamtausgabe steht er mit zwei Teilen zwischen dem zwölften Band, der „Mappe“, und dem vierzehnten Band, der ersten Abteilung der Vermischten Schriften. Wir haben den ersten Schritt zur Vollendung der Gesamtausgabe — noch fehlen die
DER FRIEDE VON UTRECHT, den die beiden Seemächte England und Holland im Jahre 1713 am Ende des dreizehnjährigen Ringens um die Erbfolge des habsburgischen Hauses in Spanien schließen, und der kärgliche Schluß von Rastatt bezeichnen den Triumph des „europäischen Gleichgewichts”. Aber das Wien Karls VI., das noch im Besitze der Neoen- länder der spanischen Krone, der Niederlande, Mailands, Neapels und Sardiniens War, dieses Wien entfaltet1 sich zum kulturellen Mittelpunkt des Festlandes, zur Hauptstadt auch des sonnedurchleuchteten Südens, wohin so oft Kaiserfahrten gegangen waren.
Johann Sebastian Bachs „Passionsmusik nach den Worten des Evangelisten Matthäus” erlebte ihre traditionelle Wiedergabe im Großen Musikvereinssaal unter Herbert von Karajan. (Singverein, Wiener Sängerknaben, Symphoniker.) ln der bewußt auf dramatische Zuspitzungen gerichteten Auffassung erwuchsen den Chören besondere Aufgaben, die Steigerung - und ausdrucksmäßig mit großer Intensität gelöst wurden. Unter den Solisten waren besonders Maria Stader und Hilde Rössel-Majdan mit den stilistischen Ansprüchen absolut vertraut, und in Waldemar Kmentt wächst ein Evangelist von Format
DIE GÖTTLICHE KOMÖDIE. Von Dante Alighieri. Italienisch und Deutsch. Uebertragung, Einführung und Erläuterung von August V e z i n. Verlag Herder, Freiburg. 1432 Seiten, ein Titelbild. Preis 3 8 DM.Das unaufhörliche Bemühen und das Bestreben jeder Generation, von ihrer wissenschaftlichen Arbeit Rechenschaft zu geben, hat der episch-didaktischen Dichtung, von der mehr als 500 Handschriften existieren und von der im Jahre 1862 die erste kritische Ausgabe in Deutsch erschien, gerade — und nicht zuletzt durch die Romantik — bei den Deutschen einen Widerhall verschafft, dem nur zwei Namen
IN SEINER BUDGETREDE im Jahre 1957 hat der Bundesminister für Unterricht im Parlament erklärt, er suche in manchen Städten das schäbigste Gebäude. Dann wisse er mit Sicherheit, er stehe vor einer Mittelschule. Ueber die Technische Hochschule Graz, deren altes Haus versöhnlich in verfrühter Lenzsonne vor mir liegt, sind inoffizielle Aeußerungen bekannt, die wiederzugeben viel Effekt ergäbe — aber die Scham, das eigene Nest zu beschmutzen, hält davon .ab. Auf der Fahrt nach Graz wäre es indes überaus lockend gewesen, die Neubauten der Industrie,. des Handels und der diversen