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Im Stundenschritt durch Jahrhunderte

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Wie Geschichte in tönendes Leben verwandelt werden kann, zeigte die „S c h o 1 a Antiqua“ (im Rahmen des Wiener Kammerorchesters) unter Paul Angerer bei einem Konzert im Palais Rasumofsky, mit Musik aus der Zeit Maximilians I. Durch seine Mutter war der Kaiser mit Portugal, durch die erste Gemahlin Maria mit Burgund und mit dem chansonfreudigen Hof zu Mecheln, durch die zweite Gemahlin Bianca Maria Sforza mit Mailand verbunden. Burgund und die Niederlande stellten damals Zentren der Musikpflege dar. So haben Komponisten wie Binchois und Dufay, wie der Niederländer und Wahlösterreicher Isaac (den Maximilian 1494 für seine oberdeutsche Kapelle verpflichtete) neben den italienischen und nordwestdeutschen Einflüssen den Grund für den musikalischen Aufstieg der Epoche gelegt. Die Motetten, Chansons, Tabulaturen für Laute, Tasteninstrumente sowie Instrumentalsätze wurden von einer Reihe von stilsicheren Künstlern dargeboten. (Karl Scheit, Eduard Melkus, Hans Pettier, Luise Schreiber und Paul Angerer.)

Die 23jährige Französin Annie Jo dry, die ständig in Paris wirkt, hinterließ bei ihrem Violinkonzert mit dem aufstrebenden Pianisten Alfred B r 6 n d e 1 als Begleiter im Palais Schwarzenberg einen ausgezeichneten Eindruck. Debussy spielte die Französin ungemein Sensitiv und weich mit exaktem Bogenaufsatz. Brendel hat bei Beethoven etwas von der in letzter Zeit übersteigerten Romantik abgezogen, beließ sie dafür ungeändert bei Schubert.

Der Nachwuchs findet weiterhin bei den Palaiskonzerten erfreuliche Resonanz. Hans P e terma n d 1 hatte mit den Klavierstücken op. 76 von Brahms freilich keinen günstigen Auftakt gewählt.

Dafür war Alban Bergs Sonate op. 1 eine beachtliche Leistung. Traute S k 1 a d a 1 legte in Strauss- Lieder viel Empfinden. Als Klavierbegleiter mangelt Petermandl noch Erfahrung.

Nach einer Woche der Leere im Arkadenhof des Rathauses, erzwungen durch ungünstiges Wetter, haben die Wiener Symphoniker mit einem aus südlichen und nördlichen Breiten gemischten Programm (Rossini, Casella, Manfred Nedbal und Dvofäk) vor allem durch die gute Disposition der Bläser und den milden Glanz der Streicher gefallen. Der Dirigent Walter Goldschmidt, durch seine Wirksamkeit am Grazer Opernhaus und sein Bregenzer Gastspiel im Vorjahr bekannt, verlieh besonders der „Vierten" von Dvofäk philharmonische Weihe.

Die Symphonie Nr. 49 mit dem Beinamen „La Passione" von Joseph Haydn, vor 1773 entstanden, verlangt eine überaus sorgfältige Satzgruppierung nach Tempo und Ausdruck. Die Symphoniker haben richtig und mit ruhigem Melodiengang das einleitende Andante getreu den Zeichen, die Kurt Rapf gab, gegen das Allegro di molto abgegrenzt, und dem nachfolgenden Menuett jene eigentümliche Grazie gegeben, welche alle freundlichen Geister unserer Landschaft versammelt. Noch feiner schattiert klang das Orchester bei Debussys „Petite Suite". Das „Capriccio“ von Eduard Wertheim- Kremser — Jahrgang 1902 — ist einfache, an die Grenze der Unterhaltungsmusik gelangende Gebrauchsmusik. Rapf hat durch sein musikalisches Temperament als Dirigent starken Beifall zu verzeichnen gehabt.

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