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Musik im Rathaushof

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Über besondere Wettergunst oder das Ausbleiben gewisser, nicht vorherzusehender Zwischenfälle können sich die stets eines großen Zulaufes sicheren Arkadenhofkonzerte im Wiener Rathaus in der ersten Hälfte des vorgesehenen Konzertprogramms, das vom Orchester .der Wiener Symphoniker bestritten wurde, nicht beklagen. Ein Konzert mußte der Ungunst des Wetters halber gänzlich abgesagt, ein zweites noch vor der Pause abgebrochen werden, und ein drittes Konzert wurde unter dem Eindruck des großen Straßenbahnunglücks abgesagt.

Von dem einen Konzert, das nur zum Teil abgewickelt werden konnte, hatte man die schönsten Erinnerungen nach Hause genommen. Das Orchester spielte klar in allen zarten Linien „Die Vögel“ von Respighi — Schade, daß gerade hier der Abbruch erfolgte: Berislav Klobuöar war ein übersichtlich disponierender Dirigent. Ein wenig enttäuschend ließ sich der Abend mit Wolfgang S a w a 11 i s c h an. Bei der „Donna-Diana“-Ouvertüre von Reznicek und mehr noch bei der Symphonie Nr. 94 von Haydn gerieten die Zeitmaße zu beschleunigt. Dafür entschädigte nach der Pause eine mit leuchtenden Farben gemalte „Vierte“ von Dvofäk. Die zeitgenössische Musik, die im Rahmen der Arkadenkonzerte einen Abonnementplatz innehat, war an diesem Abend mit Armin Kaufmanns regsamem, klug durchdachtem und harmonisch ebenmäßigem „Tanzstück“ vertreten. Da wir gerade bei der Gegenwartsmusik halten, sei des Konzerts gedacht, das Hans S w a-r o w s k y dirigierte, und jenes Abends, den der „Dirigent auf Reisen“, der so selten in Wien weilende Kurt W ö s s leitete. Swarowsky widmete sich einem konventionell angelegten „Scherzo giocoso “von Viktor Hruby; Wöss dagegen einem gewichtigeren, in der tonalen Aussage zwischen Kammermusik und großem Orchesterklang ausgewogenen „Scherzino buffo“ von Leopold Matthias Walzel (Uraufführung).

Mit Miltiades C a r i d i s stand ein weiterer prominenter Dirigent auf dem Podium unter den grellen Tiefstrahlern. Zwischen Italien (Rossinis Ouvertüre zur Oper „Semiramis“) und Rußland (Mussorgskij-Ravels „Bilder einer Ausstellung“) zeigten sich viele Züge zum Improvisatorischen, ohne daß der Zusammenhalt in großen Zügen verlorenging. Das „Allegro sinfonico“ von Oskar Wagner ist eine effektvolle, rasant gegen das Gipfelende aufstürmende Musik. — Auch Experimente lohnen sich im Arkadenhof. Man hat lange gezweifelt, ob ein Instrumentalsolist in dem weiten Rechteck überall zu hören ist: der tragbare, sehr substanzielle Ton des Geigers Eduard Mel-kus lieferte den erfreulichen Gegenbeweis. Der Wiedergabe des Violinkonzerts op. 64 von Mendels-sohn-Bartholdy wurde stürmisch applaudiert.

Für die immer regsamen und zu Tausenden anströmenden Freunde leichterer Kost hatte als Dirigent Kurt Richter vor allem mit der Ballettmusik aus der Oper „Scheherezade“ von Robert Fanta (geboren 1901) und einer Walzerfolge aus dem „Rosenkavalier“ von Richard Strauss Erfolg. Noch lockerer band den Strauß mit zwei Sträußen ein talentierter jüngerer Dirigent: Walter Goldschmidt, der Werke von Johann und Josef Strauß mit überaus temperamentvoller Gestik interpretierte.

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