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Der Schwan von Avon

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SHAKESPEARES DRAMEN. Von Max Lüthi. Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin. 474 Seiten. Preis 136 S.

Seitdem August Wilhelm Schlegel in seiner zwölften Vorlesung „lieber dramatische Kunst und Literatur“' über Shakespeare gesagt hat: „Der Ausleger sind so viele aufeinander gefolgt, daß ihre Arbeiten nebst den kritischen Streitigkeiten, Widerlegungen, 'Rechtfertigungen usw.. eine nicht unbeträchtliche Bibliothek ausmachen“, und er die Meinung aussprach, nirgends stünde „das rechte, geschweige das Erschöpfende sei gesagt“; seit mehr als hundert Jahren also ist die Diskussion noch immer nicht an einem, alle Teile befriedigenden Ende angėlangt, und wird es wohl auch schwerlich je. Denn jedes Zeitalter — sehen "wir einmal von der reinen textkritischen und ästhetischen sowie übersetzerischen Arbeit ab — wird sich gemäß der jeweiligen soziologischen Position mit dem Werk des englischen Dramatikers auseinandersetzen müssen, weil, dieses Werk untrennbar mit dem Leben unserer Theaters verbunden ist Die vorliegende Arbeit ist zunächst deswegen wertvoll, weil sie sich nicht an einen begrenzten Kreis von Fachleuten, sei es des Theaters oder überhaupt der Anglistik wendet, sondern deutlich in den Tag und die Wirksamkeit des Shakespearischen Dramas hineingestellt, den Theaterbesucher anspricht. Dieser wird entweder vor oder nach dem Besuche’ einer Vorstellung sich gerne weiter unterrichten wollen, als dies die gewöhnlich willkürlich zusammengestellten Aufsätze eines Programmheftes tun. Jedem Stück ist — nach einem allgemein orientierenden Vorwort — ein eigenes Kapitel gewidmet. Zunächst werden die

Tragödien untersucht: dann, nach einem Exkurs übet.141ie'''föjmädft‘ -Shakespeares, .diä Komödien und Romanzen: die Historien machen der;,Beschluß.

Wichtig ist aber neben der Interpretation (bei der die Origanaltexte mitzitiert werden) der Anhang. Er gibt über das Leben des Dichters, aus dem so wenig bekannt ist, möglichst umfangreichen Aufschluß und zeichnet den zeitgeschichtlichen Hintergrund, die Politik, das elisabethanische Leben, sein Drama und seine Bühne, sowie die Sprache dieser Zeit. Dann folgen Chronologie, Quellen und Zeittafel, wobei über die Apokrypha in knappster Art das Nötigste gesagt wird. Zum Schluß wird über die Ausgaben, Uebersetzungen Und Interpretationen berichtet, wobei wir hinsichtlich der Beurteilung der sechsbändigen, an dieser Stelle seinerzeit besprochenen Uebersetzung von Richard Flatter (Wien 1952—1955 nicht 1956, wie Lüthi angibt) nicht der Meinung des Verfassers folgen können. Bei den Zitaten, die zumeist den Uebersetzungen von Schlegel-Tieck und Gundolf folgen, haben Stichproben zuverlässige Anführung ergeben; nur die Szenenangabe bei „Titus Andronicus“ (S. 128, 13. Zeile von unten) bei dem Hinweis „Er fällt in. die Grube“ mit II/3 ist ein Irrtum passiert, es soll richtig heißen:" II/4.

DIE SONETTE. Von Shakespeare. Deutsch von Rolf.-Dietrich Keil. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf-Köln. 191 Seiten. Preis’ 71.40 S.

Diese zweisprachige Ausgabe folgt der von Sir Denys Bray rekonstruierten, angeblich ursprünglichen Reihenfolge und gründet sich auf die Hypothese (siehe dessen Buch: „Shakespeare Sonnet-Sequence“, 1938) die Sonette Shakespeares sind, eine Sequenz, eine Form, die seit Petrarca die Dichtung Italiens, Frankreichs und Englands bestimmt hat. Da der sogenannte Quarto-Text von 1609 allgemein verbreitet ist, wird im Abschnitt III des Anhanges die Zählung der Son.ette nach Quarto und Sequenz zur raschen Orientierung gegenübergestellt. Nr. 1 der nachfolgend besprochenen Flatterschen Uebertragung entspricht somit Nr. 15 bei Keil. Ob es in der Widmung „Mr“ mit „Herr“ übersetzt heißen soll oder nicht vielmehr „Master“, im Hinblick auf die Aufschlüsselung der Initialen W H. zu William Herbert (Earl of Pembroke), bleibt zu erwägen. Das Wort „Mister“ hat in der Sprache jener Zeit nicht existiert.

SHAKESPEARES SONETTE. Uebersetzt von Richard Flatter. Verlag Kurt Desch, Wien. 176 Seiten. Preis 78.90 S.

Es hat Zeiten gegeben — und der Uebersetzer weist in seinem Nachwort darauf hin — da gewisse Prüde am liebsten die 154 Sonette (die heute noch weit weniger bekannt sind als die Dramen Shakespeares) aus dem Gesamtwerk fortdiskutieren wollten. Es gibt Kommentatoren, die den Sonetten autobiographischen Charakter absprechen, andere empfindliche Gemüter wünschen, diese Verse wären nie geschrieben worden — wohl weil der Dichter als lebendiger Mensch, schonungslos gegen sich selbst, hier auftritt. Was dazu (siehe S. 162) Flatter sagt, ist in jeder Hinsicht zu. unterschreiben. Jn dem Buche „So Worthy a Friend" von Charles Norman hat dieser in einer Studie über Shakespeares Sonette (nachgedruckt in der „Amerikanischen Rundschau, III. Jg., Nr. 16, München 1947) auch ähnlich geurteilt. Die Uebersetzung Flatters', der ja kein Ueber- setzer in laienhaftem Sinn, sondern ein Shakespeare- Fachmann und Gelehrter, profunder Kenner der Zeit des Dichters und selbst dichterisch tätig ist, hütet alle lebendig flutenden Ströme der in unsere Zeit geleiteten und mit ihr verknüpften Sprache. Die Unterschiede zu der vorhin erwähnten Ueber- setzung sind, .wie Vergleiche erweisen, beträchtlich.

SHAKESPEARES MACBETH. Bearbeitet von Richard Flatter. Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main. 76 Seiten

Wenn man ’sich an die eigene Schulzeit erinnert, wo teils mit aufgehobenem Finger Shakespeare kommentiert wurde, wo lederne Erläuterungen geeignet waren, eher vom Dichter fortzuführen, ist man angesichts dieser Broschüre in der Reihe „Grundlagen und Gedanken zum Verständnis klassischer Dramen" geradezu erfrischt, ja begeistert. Neben der szenenweisen Besprechung des „Macbeth“ erfährt der Studierende viel über die Charakteristik, die Symbolik, Sprache und Fortwirkung.

JULIUS CAESAR. Voh Shakespeare. Englisch und deutsch. Rowohlt-Verlag, Hamburg. 176 Seiten. Preis 12.90 S.

In der Reihe „Klassiker der Literatur und der Wissenschaft“, englische Abteilung, ist, auf der Uebersetzung von Schlegel und Tieck fußend, diese für Studienzwecke bestimmte zweisprachige Ausgabe erschienen. Die Zeilenbezifferüng folgt der „Globe Edition“. Wo Abweichungen zu finden sind, ist dies dem von obiger Ausgabe abweichenden Satz der Pros stellen zuzuschreiben. Auch das vorliegende Buch bringt nach Anmerkungen zur Uebersetzung, welche der Edition von Bernays vom Jahre 1891 folgt, einen Essay zum Verständnis des Werkes (verfaßt von Ernst Th. Sehrt), wo Entstehungszeit, Textgrundlage, Quelle und dramaturgische Fragen besprochen werden. Die knappgehaltene Bibliographie zieht viele britische' Publikationen heran.

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