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„Scrinium“ — eine bibliographische Zeitschrift

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„Scrinium. Elenchus bibliographicus universalis“ ist eine bibliographische Zeitschrift benannt, auf die nachdrücklich hinzuweisen gut sein dürfte, da sie in Oesterreich kaum bekannt ist, obwohl sie bereits seit drei Jahren erscheint. Sie wird von einem der beiden Zweige der „Pax Romana“, von der „Weltarbeitsgemeinschaft der katholischen Altakademiker“ (MIIC — Mouvement International des Intellectuels Catholiques) in Freiburg in der Schweiz herausgegeben. Im Schriftleitungsausschuß zeichnet an erster Stelle der Generalsekretär des MIIC selbst, H. Ramon Sug-ranyes de Franch von der Freiburger Universität.

Ueber die Ziele dieser Zeitschrift äußern sich deren Herausgeber folgendermaßen: „Kein katholischer Akademiker, welches auch sein Spezialfach sein möge, kann an gewissen bedeutsamen Werken vorübergehen, die geeignet sind, einen neuen und entscheidenden Einblick in wichtige Fragen der christlichen Gedankenwelt von gestern und heute zu bieten. Gerade als Akademiker kann er sein Interesse nicht auf den engen Problemkreis beschränken, der ihm von seinem Glauben und seinem Beruf vorgezeichnet ist. Immer mehr macht sich in unseren Tagen das Bedürfnis nach einer umfassenden Gesamtschau auf allen geistigen Gebieten spürbar. Die aufgeschlossensten Menschen aus unseren eigenen Reihen empfinden es als dringendste Aufgabe der katholischen Akademikerschaft von heute, an der Schaffung — oder besser gesagt Neuschai-fung — der Einheit von Kultur und Bildung mitzuarbeiten.“ (I. Jg„ S. 4.) Das „Scrinium“ will dieser Aufgabe dienen. Es bietet daher eine Auswahlbibliographie, welche dem katholischen Intellektuellen jene wichtigen, „für eine bestimmte Geisteshaltung repräsentativen“ — nicht nur katholischen! — Neuerscheinungen des abendländischen Kulturkreises vorzustellen sich bemüht, welche ihn a 1 s katholischen Intellektuellen, außerhalb seines Spezialfaches, interessieren müssen. Das wichtigste Kriterium der Auswahl ist, daß „nur Werke, welche einen Einschlag an religiöser, moralischer oder philosophischer Stellungnahme aufzuweisen haben, berücksichtigt werden.“ Es werden beinahe ausschließlich wissenschaftliche Werke vorgelegt, nur ausnahmsweise solche der schönen Literatur.

Die vorliegenden Jahrgänge berechtigen wohl eindeutig zum Urteil, daß die Zeitschrift würdig und mit Erfolg an der Verwirklichung ihrer Ziel-

setzung arbeitet. Schon die äußere Aufmachung ist schön, das Satzbild übersichtlich. Der Stoff wird in 10 Fachabschnitten geboten, welche alle Wissenschaftszweige umfassen, auch Medizin und Technik einerseits, Theologie anderseits. Innerhalb eines jeden der Fachabschnitte wird eine Anzahl von Büchern von angesehenen Fachgelehrten verschiedener Nationen, — auch Oesterreicher befinden sich darunter —, großenteils Universitätsprofessoren, kurz und bündig, u. zw. in deutscher, englischer, französischer oder spanischer Sprache, meist derjenigen des Buches, besprochen. Diese Besprechungen sind drucktechnisch so gestaltet, daß man sie auf je ein bis zwei Karten internationalen Katalogformates (12.5X7.5 Zentimeter) aufkleben und in seine Privatkarteien einreihen kann. Sie sind trotz der verhältnismäßigen Kürze fast durchwegs höchst inhaltsvoll, klar, informativ und kritisch. Ein Jahrgang — bestehend aus sechs Heften mit insgesamt ungefähr 500 Seiten —I bringt rund 500 solcher Besprechungen; außerdem aber bibliographische Angaben, ohne Besprechung, über etwa fünfmal so viele weitere Werke, welche entweder in der Schriftleitung eingelangt sind oder zur Vervollständigung der zu bietenden Auskunft aus besten Quellen angeführt werden. Natürlich fehlen auch alphabetische Indices nicht.

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß üiese Zeitschrift eine für die katholischen Intellektuellen höchst wichtige Aufgabe in echt katholischem Geiste glücklich in Angriff genommen hat. Und es ist zu hoffen, daß auch das intellektuelle Oesterreich das ihm damit gebotene Auskunftsund Arbeitsmittel ausnützen wird.

Dr. O. B 1 a h a

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Das musische Land. Versuche über Oesterreichs Landschaft und Dichtung. Von Felix Braun. Oesterreichische Verlagsanstalt, Innsbruck 1952. 235 Seiten.

Allein wegen des knapp 20 Seiten umfassenden Essays „Die Landschaft Oesterreichs“ (steht er, wenigstens auszugsweise, in den Schullesebüchern?) gebührt dem neuen Prosaband von Felix Braun ein Ehrenplatz unter den Austriaca. Von der Idee der'Liebe in der Dichtung Oesterreichs handelt ein anderer Aufsatz; von der Liebe des Autors zur Heimat und ihren großen Söhnen künden alle. In die hellsichtige Grillparzer-Studie mag viel Persönliches eingeflossen sein; kein geringerer Wert kommt jedoch den „objektiven“ Teilen zu. „Musik, Gerechtigkeit, Melancholie und

Vaterlandsliebe“: damit sind in der Tat die Elemente von Grillparzers Dichtertum trefflich charakterisiert. Den breitesten Raum nehmen die beiden Stifter-Essays ein (S. 97 bis 156). Eine intensive Stimmung geht von den wenigen Seiten über Rilke aus, distanzierter ist die Stefan-Zweig-Studie, von wahlverwandtem Lebensefühl bestimmt der Essay „Das Welterlebnis Hofmannsthals“. Der kurze Aufsatz über Georg Trakl ist der einzige, der in unveränderter Form aus Felix Brauns erster Prosasammlung („Deutsche Geister“ von 1925) übernommen wurde. Natürlich klingen Themen und Motive der früheren Studien, besonders in den Stücken über Grillparzer, Stifter und Hofmannsthal, in dem neuen Buch an. Aber alles ist reifer, runder, vollkommener und weiser. Die drei lyrischen Einlagen („Das himmlische Oesterreich“, „Die Tänzerin“ und „Die Silberdistel“) sollen wohl den dichterischen Charakter dieser Sammlung betonen und sie von der philologischen Reihenuntersuchung distanzieren. Aber geschieht das nicht schon durch jedes dieser poetischen Landschafts- und Seelenbilder, in denen wir die liebenswürdig-humanen Züge des Autors so deutlich erkennen? Prof. Dr. H. Fiechtner *

Das Leben beginnt morgen. Roman von Nancy Wilson Roß. Aus dem Amerikanischen von Pia v. Härtungen. Humboldt-Verlag, Wien-Stuttgart. 1952. 460 Seiten.

Dem geheimen Wunschtraum so vieler Menschen unserer Zeit wird dieser farbenfrohe amerikanische Roman einer jungen Schriftstellerin gerecht: er erzählt von dem Zu-sich-Zurückführen eines gehetzten Großstadtmenschen in den Frieden einer einsamen, glücklichen pazifischen Insel. Geleitet von seinem Vater, der seit 26 Jahren in dieser Einsamkeit lebt und dort zum Weisen geworden ist, erlebt der von Beruf und Familie aufgeriebene berühmte Dramaturg Genesung und erwirbt neue Lebenskraft. Eine ganze Reihe anderer Figuren belebt die Handlung; eingestreute Sagen und Erzählungen, sowie die oft überaus interessanten Schilderungen der seltenen Tierwelt dieses glücklichen Fleckchens Erde bilden das erfrischende und beruhigende Gegengewicht zu den hingeworfenen Bildern des hektischen Großstadtlebens und seiner aus allen Bindungen gerissenen Menschen. Der optimistische Grundton macht das Buch zu einer erfreulichen Lektüre; die psychoanalytisch gefärbte Lösung der Probleme erfolgt nie von außen her. Freilich hätte das Buch einige Kürzungen vertragen.

Dr. Grete Steinbock *

Das Evangelium des heiligen Matthäus in theologischer und heilsgeschichtlicher Schau. Von Josef Dillersberger. 2. Band: Der Meister in Wort und Wunder. Otto-Müller-Verlag, Salzburg 1952. 177 Seiten.

In den letzten Jahren erschienen beachtenswerte Werke über das Matthäus-Evangelium von Schmid, Staab und Gutzwiller, aber Dillersberger kann durch die Originalität seiner Auffassung, die Lebendigkeit und die aus der Kontemplation ge-, wonnene theologische Schau neben ihnen al< Eigener bestehen. Texte, die von andern wie Steine ; liegen gelassen werden, hebt er als neue Kostbarkeiten auf. Der Meister im Wort, das ist dei

Deister der Bergpredigt, der das Wort an den /ater hat, der Meister im Wunder. Immer drei kVunderreihen fügt er zusammen. Welche Thema-:ik, welche Fülle von Anregungen steigt aus diesen Seiten empor. Nur ein Beispiel (Seite 42): „Die Berufung der Jünger erfolgte so im Umher-vandeln. Damit ist schon gesagt, daß Er sich Zeit ließ. Es hat Zeit gebraucht, bis aus dem raschen heißen Atem des Petrus der lange Atem der römischen Kirche geworden ist.“

Dr. P. Virgil Redlich OSB. (Seckau) *

Lebenswege und Lebensentscheidungen. Eine Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse. II. Teil. Von Emilia Mayer-Gallin. W. Braumüller,

Wien 1953. 30 Seiten.

Der vorliegende II. Teil der 1952 erschienenen Abhandlung der Verfasserin ist weniger eine Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse als mit den Kritiken, die die Verfasserin auf ihre Schrift erhalten hat: ein Verfahren, das „Schule machen“ kann, um sich mit unbequemen Kritiken auseinanderzusetzen. Die Verfasserin hat nach Ansichl des Referenten damit ihre Position der Kritik gegenüber nicht verbessert. Ihre Begründung mil höchstpersönlichen Erlebnissen bekundet die Suh jektivität ihres Urteils und legt deren Wurzelr bloß: Ressentiment infolge zahlreicher erlittene! Enttäuschungen durch die Psychotherapeuten, mi welchen sie „Kontakt genommen“ hat (ohne siel einer Lehranlayse unterziehen zu wollen). Eim einzige Ausnahme, die sie gelten läßt, bestätigt da: Phänomen der „Uebertragung“. Verfasserin glaubt den „Oedipus-Komplex“ zutreffender durch einei „Werther-Komplex“ ersetzen zu müssen un< gründet darauf eine „neue Theorie“. — Referen lehnt die Ansicht der Verfasserin durchaus nich ab, daß ein „Werther“-Erlebnis in der Postpubertä für die Persönlichkeitsentwicklung von entscheiden derer Bedeutung sein kann als so manche „in fantile sexuelle Traumen“; ihre Kritik an de Freud sehen Theorie der infantilen Sexualität is weitgehend berechtigt. Das eigentliche Wesen de Oedipus-Komplexes hat sie aber nicht begriffer wie auch Freud selbst offenbar nicht geahnt ha in wie viel größere Tiefen dieser Urkomple (Archetypus) hinabreicht als seine Deutung ir Sinne inzestuöser Libido. Um das zu verstehei

ist auch die Verfasserin viel zu tief dem evolutio-nistischen Denken verhaftet, aus welchem heraus sie Thesen aufstellt wie folgende: „Aus dem Trieb hat sich — im Falle richtigen Handelns — der Geist entwickelt“ (Seite 15); dementsprechend bezeichnet sie (Seite 14) den Geist als „Ueberbau“. Man kann der Verfasserin allerdings dankbar sein für solche Thesen, mit denen sie den Evolutionismus drastischer ad absurdum führt als mit noch so gelehrten Widerlegungsversuchen.

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