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VON NEUEN BUCHERN

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Schutz den Ungeborenen. Wir sprechen über den J 144. Von Margareta Prix. 32 Seiten, S —.60. Verlag: Katholische Schriftenmission, Lina 1947.

Die Verfasserin hat in Form eines Dialogs zwischen einer jungen Frau und einer Ärztin die Problematik des 144, die Frage des Rechtsschutzes für den ungeborenen Menschen, allgemeinverständlich dargestellt. Dies geschieht in einer so warmherzigen und ansprechenden, echt mütterlichen Weise, daß die Verfasserin sich allein schon durch die Art ihrer Darstellung ein hohes Verdienst erworben hat. Sie legt ihre Anschauungen einer Ärztin in den Mund, die der um Rat fragenden jungen Frau Schritt für Schritt falsche Vorstellungen berichtigt. Die Darstellung ist vom medizinischen und sozialen Standpunkt einwandfrei und bestens geeignet, die auf diesem Gebiete weitverbreiteten falschen Vorstellungen zu berichtigen. Die ,Jjunge Frau“ ist hier typisch und spricht aus, was so viele denken — weit weniger aus Bosheit als aus Unwissenheit. Insofern kann die Kleinschrift als „Volksaufklärung“ im besten Sinne bezeichnet werden, und es ist ihr die weiteste Verbreitung in allen Volksschichten zu wünschen.

Urmenschen im Feuerland. Vom Forscher zum Stammesmitglied. Von Martin G u s i n d e. Mit 82 Abbildungen und 1 Ubersichtskarte. Paul-Zsolnay-Verlag, Berlin-Wien-Leipzig 1947.

Unter den Neuerscheinungen auf dem österreichischen Büchermarkt verdient wohl dieses Werk eine besondere Würdigung. Ein verdienter und dem Leben wohl aufgeschlossener Forscher, der jahrelang in Südamerika sowie in Afrika unter Naturvölkern gelebt hat, schildert für iedermann verständlich die Lebensführung einer im Aussterben begriffenen Menschengruppe. Unter den Jäger- und den Wassernomaden der Südspitze Amerikas lebend, konnte Gusinde in letzter Stunde die materielle und geistige Kultur 'owie das körperliche Erscheinungsbild der Selk'nam, Yamana und Halakwulup studieren und für die Nadiwelt in Bild, Sprache, Ob-fekten und Skeletten erhalten.

Ein geschichtlicher Überblick über die Völkerkunde führt zur ausgezeichneten Charakterisierung des Urmenschen von ehedem und beute hinüber. Schilderungen von Landschaft, Flora und Fauna geben dem Leser eine Vorstellung von dem unwirtlichen Lebensraum dieser Indianer, die allerdings von den Europäern, selbst von einem Charles Darwin, stets mißachtet worden sind. Der Verfasser schildert dann in vorbildlicher Weise das Tagewerk, das Gesellschafts- und Familienleben dieser Nomaden. Eingehend wird die Jugendweihe als Erziehungsgrundlage für das Gemeinschaftsleben, die geheimen Männerzeremonien lowie die Geisterwelt der Feuerländer beschrieben.

Mit diesem Werke ist ein wertvoller Beitrag zur Gesamtgeschichte der Menschheit erschienen, der manche wissenschaftliche Theorie durch seine Lebensnähe erschüttert und jedem Leser eine ebenso blickweitende und belehrende als auch unterhaltende Lfktüre sein kann. Es wäre nur zu wünsdien, daß derart vorbildliche Studien in weitesten Kreisen die ihnen gebührende Beachtung fänden. R. Routil

Giovanni Bosco. Motiv einer neuen Erziehung. Von Franz D i 1 g e r. Verlag Otto Walter, Ölten.

Don Bosco war ein Revolutionär auf dem Gebiet der Jugenderziehung. Durch seine Methode erzog er verwahrloste Jugendliche, kindliche Verbrecher zu gesunden, frohen jungen Men-ichen. Worin bestanden die Motive seiner Erziehungsmethode? Don Bosco wandte die Aufforderung der Heiligen Schrift „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...“ auf das Gebiet der Erziehung an. Das Kind wird zum Maßstab des Daseins. Das Kind soll nicht — vielleicht unter Anwendung von Gewalt — in die Welt des Erwachsenen gepreßt werden, sondern die Erzieher sollen zum Kind werden. Don Bosco ■ elbst wurde bei seinen Kindern wieder zum Kind und war auf den Titel eines „Königs der Spitzbuben“ sogar stolz. Das Werk Dilgers gliedert sich in zwei Teile: der erste schildert in Form einer Erzählung die Arbeitsweise Don Boscos, der zweite bringt eine theoretische Abhandlung über die Grundlagen seiner Erziehungsmethode. Die Idee, auf diese Weise das Wirken Don Boscos zu schildern, ist originell. Dennoch hätte der erzählende Teil wesentlich kürzer sein können, ohne dadurch die Ver-Itändlichkeit des zweiten zu mindern. Dafür ist der zweite Teil dem Verfasser um so besser gelungen. DDr. Willy Lorenz

Entweihte Heimat. Von Dr. Franz L o i d 1. Verlag Muck, Linz. — Als Priester im Konzen-fationslager. Von Leopold Arthofe r, Verlag Ulrich Moser. Graz. S 4.80. — Zeit ohne Gnade. Von Rudolf Kalmar. SchönbrUnn-Verlae. Wien. — Turm A ohne Neuigkeit. Von Anselm Grand. Verlag L. Doblinger (Herz-mansky), Wien.

Seit dem ersten Weltkrieg wissen wir, daß Massenerlebnisse ein spröder Stoff sind, der sich gegen die formende Hand des Dichters wehrt und meistens einer subjektiv-einseitigen, nicht selten sogar, wenn der natürliche Geltungstrieb lange Zeit unterbunden wurde, unbewußt übertreibender Reportage anheimfällt, die sich der literarischen Wertung entzieht. Von diesem Typus hebt sich die ethisch motivierte Sammlung von Tatsachenmaterial für die künftige Geschichtsschreibung ab, wie sie der Dozent Dr. Franz L o i d 1 vorlegt, der sich auf die Wahrnehmungen in seiner Heimat Ebensee beschränkt. Anselm Grand, der in Dachau und Sachsenhausen gefangen war, bleibt im Rahmen des genannten Typus. Die Bücher der beiden Dachauer Arthofer und Kalmar zeigen das edle Bemühen, nicht — an sich begreifliche — Aufwallungen der Leidenschaft, sondern gutes österreichisches Menschentum sprechen zu lassen. Während aber der oberösterreichische Pfarrer, was er in jener schrecklichen Umwelt an Leib und Seele litt, schmucklos erzählt und eben durch die haßfreie Einfachheit ans Herz greift, läßt Kalmar, der Wiener Journalist, bewegte und erregende Reflexionen mit den Reihen erschütternder und aufrüttelnder Tatsachen wechseln, was seinem Buche besonderen Reiz und Wirkung verleiht. Bei beiden treten ohne aufdringliche Tendenz die treue Kameradschaft der Lagergefährten, namentlich der Österreicher, und das religiöse Erwachen vieler hervor, aber auch die nackte Abscheulichkeit dem Laster verfallener Menschen, die als SS oder sogar als Mitgefangene ihre Machtbefugnis in schlimmster Weise mißbrauchten und das Lager erst recht zur Hölle machten. Die sachliche Richtigkeit von Einzelheiten kritisch zu prüfen, erübrigt sich, denn im wesentlichen zeigen die Linien das wahre„ düstere Bild eines Kulturrückfalles, den das hoffärtige Selbstbewußtsein der Europäer für undenkbar hielt, ein entsetzliches Versagen der sittlichen und geistigen Kräfte einer Nation, die im Rausche des Machtstrebens allzulange der gefährlichen Dämonie zu wenig geachtet hatte, die als Ausgeburt des seelenlosen Materialismus in jedem Nationalismus allmählich sich entwickelt, um scheinbar plötzlich auszubrechen. Mögen die Völker, die heute das Richteramt im Namen der Menschheit ausüben, dessen eingedenk Sein, daß vor dieser Gefahr keine Nation gefeit ist, die vermeint, statt einet echten Nachfolge Christi in Politik und Wirtschaft mit bloß traditionellen Formen religiösen Scheinlebens sich begnügen zu dürfen oder aber sich überhaupt von Kirche und Christentum abwendet... — —

The Contemporary Theatre 1944 and 1945. Von James A g a t e. George G. Harrap and Company Ltd. London 1946.

Der englische Theaterkritiker James Agate vereinigt in diesem handlichen Band seine wöchentlichen Theaterkritiken aus der „Sunday Times“. Es sind anmutige Plaudereien, launige, flott und doch nachdenklich geschriebene Rezensionen, Apercus, Impromptus und kritische Rhapsodien um Stücke und Schauspieler der Londoner Theatersaison in den Jahren 1944 bis 1945. Der Leser gewinnt durch dieses Buch einen guten Einblick in den englischen Theaterbetrieb, was die aufgeführten Stücke, die Schauspieler und — last not least — die Kritik betrifft. Der Verfasser, der schon nach dem ersten Weltkrieg mit ähnlichen Feuilletonsammlungen hervortrat (1923), schreibt einen Stil, der am ehesten mit dem Hermann Bahrs verglichen werden könnte. So lernt man in Agate auch gleichzeitig einen Vertreter des englischen Feuilletons kennen. Launig erklärt der Autor, daß sich kein Theatermann um die aufbauende, schöpferische Kritik kümmere. Warum er dann noch Kritiken schreibe, fragt sich der Autor selbst. „Weil ich ein Narr bin.“ Ein echter Theaternarr, der aber weniger ästhetisch als vielmehr moralisierend das Schicksal des Theaters in der Gegenwart verfolgt. In einer der den Band abschließenden Betrachtungen gibt Agate einen vielsagenden Einblick in die Kommerzialisierung des Theaters im Londoner Westend und behauptet, daß die Kunst des Dramas dort schon tot sei oder zumindest in den letzten Zügen liege. Er legt sich die Frage vor, auf welche Weise das englische Theater denn diesen größten aller Kriege spiegle und findet, daß sich bisher noch keine befriedigende Gestaltung des Kriegserlcbnisses gefunden habe. Gewisse bange Sorgen um die Zukunft der von einer unterhaltungssüchtigen Gesellschaft bedrohten Kunst des Theaters und des Dramas sind unverkennbar. In ihrer Gesamtheit bieten diese Feuilletons einen ausgezeichneten Einblick in cie Welt des englischen Theaters gegen Ende des zweiten Weltkriegs.

Es läßt mir keine Ruh. Ein Buch für innere Formung und Lebens^staltung. Von Hanni Z a h n e r. Verlag Kongregationssekret;, lat, Zürich 2.

Der Buchtitel ist der Anfang eines alten Volksliedes und so drängt es auch den jungen Menschen, wenn einmal in ihm sich ein gewisse Etwas rührt, das Herz und Sinn in Bewegung setzt und ihn nimmer zum Stillstand kommen läßt. Hundert Fragen, kleine und große Probleme, heute dies, morgen wieder anderes. Was es alles sein kann und was ein Mädchen in diesen Jahren bedrängt, das wirft dieses Buch gleichsam dem Leser mitten ins Gesicht. Man kann es richtig einen neuen Typ nennen, weniger ob der Fragen, sondern wegen der originellen Antworten und Formulierungen. Man schaut noch einmal den Titel an und man spürt die Lebensfreude, welche dieses Buch gibt. In Gruppenabenden, in denen ich es zeigte, hat schon der gut aufgemachte Umschlag Begeisterung hervorgerufen und die Feststellung veranlaßt: „Das muß ein feines Buch sein!“ In der Tat, wir haben bisher noch kein Mädchenbuch gehabt, das so vernünftig zu konkreten Fragen Stellung genommen und sie auch beantwortet hat. Dabei ist nirgends der solide Boden einer klaren Glaubens- und Sittenlehre verlassen und man staunt ob der gewandt eingestreuten Bibelstellen, die sich nirgends aufdrängen oder angeklebt erscheinen. Es wird hier so viel Lebenspraxis und richtige Lebenshilfe geboten, mehr als kluge Pädagogen mit langen Reden vermögen. Aber dieses Buch ist auch für sie geschrieben, weil man aus ihm lernen kann, wie man es machen soll und was die jungen Menschen heute denken und wissen wollen.

Das klingende Wien. Von Josef Bergauer. J.-Günther-Verlag, Wien.

Die unerfreuliche Gegenwart verlockt zur Rückschau in die Vergangenheit; immer häufiger, immer lieber spricht man von der „guten, alten Zeit“, und „Alt-Wien“ ist große Mode geworden. Berufene und auch manche Unberufene führen durch das Wien von anno dazumal. Wenn nun Dr Josef Bergauer einlädt, mit ihm den Spuren der großen Tondichter zu folgen und deren einstige Wohnhäuser und Erinnerungsstätten aufzusuchen, so ist kaum jemand berufener als er, der schon durch sechs Jahrzehnte, seit er unter Domkapellmeister Preyer in das Konvikt der Sängerknaben von St. Stephan eintrat, mit dem klingenden Wien aufs engste verhaftet ist. Um es kurz zu sagen. Die „musikalischen Spaziergänge“ unter Dr. Bergauers Führung sind ein erlesener Genuß. Der Verfasser betont zwar in der Einleitung, 4äf er nur die bedeutenden Tondichter ausgewählt habe, befaßt sich aber dann doch, zumindest en passant, auch mit kleineren Größen, wogegen andere, edit wienerische Musiker, wie etwa die Dynastie Fahrbach, Wenzel Drahanek, Michael Pamer und andere leider vollständig übergangen werden, was vielleicht bei einer Neuauflage zu berücksichtigen wäre.

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