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Da goldene Net . Von Louis de Wohl. Verlag Otto Walter, Olten und Freiburg im Breisgau. 502 Seiten. Preis 14.80 sfrs.

Das starke Erzählertalent Louis de Wohls, dessen bekannter Augustinus-Roman .„Das ruhelose Herz" den Werdegang des späteren Bischofs von Hippo in fesselnder Weise schildert, kommt auch im vorliegenden Buch voll zur Geltung. Hier ist es der Lebensweg Don Inigos de Loyola, des „noble caballero de Dios", dem wir von der Zitadelle von Pamplona nach dem väterlichen Schloß, von dort nach Montserrat und in die Hafenkneipen Y n Barcelona, nach Venedig, nach Jaffa und in das Heilige Land, und schließlich nach Rom und bis zu den Anfängen der Gesellschaft Jesu folgen. Zwei andere Gestalten, der handfeste Schweizer Söldner Uli und ein spanisches Mädchen, die tapfere kleine Juanita, die in dem wackeren Eidgenossen einen wachsamen und ritterlichen Beschützer findet, vervollständigen ein Bild, welches an Lebendigkeit der Darstellung wie an Respekt vor der geschichtlichen Wahrheit nichts zu wünschen übrigläßt. Kurt Strachwiti

Solange es Tag ist. Erzählungen. Von Imma Bodmershof. Oesterreichische Verlagsanstalt, Innsbruck 1953. 118 Seiten.

„Wirken, solange es Tag ist “ Ueber diese Worte grübelt Dr. Vogelbusch, ein aus Böhmen vertriebener Deutscher, in der ersten Novelle, die dem Band den Titel gab. Was bedeutet eigentlich dieses „Wirken"? In seiner Erinnerung erwachen nun die Bilder der Vergangenheit, er betrachtet das Schicksal des Großvaters, des Vaters, auch sein eigenes, und erkennt die Fragwürdigkeit alles bloß äußerlichen Tuns, die rätselhafte Vielschichtigkeit des Lebens und die Macht jener im Tiefen unbewußt wirkenden Seelenkräfte, die oft nur in kleinen Erlebnissen, in einem flüchtigen Augenblick, durchbrechen und sich in der Rückschau als das eigentlich Wesentliche der Existenz erweisen. Auf wenigen Seiten -wird hier ein menschliches Grundproblem in meisterhafter Verdichtung berührt. — „Milch auf Gestein" schildert mit überzeugender Wiedergabe der landschaftlichen Atmosphäre das seltsame Liebes- erlebnis eines Mannes in Sizilien. — Die Aufzeichnungen eines Kriegsfreiwilligen („Der Tanz") berichten von einer Episode am Vorabend des ersten Weltkrieges, die in allen Beteiligten das Gefühl der großen Wende, des Abschieds von der alten Zeit, auslöst. — Die Novelle „Theres Piernagl" erzählt das einfache Leben und Sterben einer Bauernmagd. Sie ist in ihrer herben Verhaltenheit besonders eindrucksvoll. — Die Dichterin hat eine erstaunliche Fähigkeit, auch ohne psychologische Zerfaserung tiefere Seelenschichten aufzudecken. Sie kennt die Macht des Gefühls, von der sich der Verstand oft keine Rechenschaft gibt. Diese Novellen sind Schöpfungen einer reifen Erzählkunst von unverwechselbarer sprachlicher Prägung und in ihrem künstlerischen Wert den beiden wichtigen Romanen „Das verlorene Meer" und „Die Rosse des Urban Roithner" ebenbürtig.

Dr. Theo Trümmer

Rasende Räder. Von Garet G a r r e 11. Verlag Hermann Rinn, München. 183 Seiten.

Ueber den Menschen und das Werk von Henry Ford, dem Mann, „der mit den Händen dachte", wird hier von einem Journalisten, Romancier und Nationalökonomen erzählt, der sein umfassendes Wissen über die technische Entwicklung Amerikas an diesem Schulbeispiel einer Karriere zur Zeit des freien Unternehmertums demonstriert. Für technisch Interessierte. Manche Kapitel mehr für Jugendliche, andere mehr für Erwachsene.

Das bunte Kurzweilbuch. Unter der Gesamtleitung von Robert Stern. Büchergilde Gutenberg, Wien. 192 Seiten

Eingekleidet in lustige Gespräche zwischen vier Kindern von acht bis zwölf Jahren: vielerlei Anregung zu häuslicher Unterhaltung, von Streichholzkunststücken und Zahlenspielen bis zu so nützlichen Dingen wie der Herstellung einer Bücherkartei. Von Rudolf Totter mit vielen hübschen, bunten Bildern ausgestattet, die genau zeigen, wie es richtig gemacht wird.

Albert Friedrich

Anna Carroll. Im Sturm zu Glück und Sieg. Von Hollister Noble. Mit 10 Abbildungen und einer Karte. Amalthea-Veriag, Wien. 312 Seiten. Preis 66 S.

In der erfreulich dürftigen Kriegsgeschichte der Vereinigten Staaten nimmt der erbittert geführte, verlustreiche Sezessionskrieg, der Bürgerkrieg von 1861 bis 1865, eine literarische Vorzugsstellung ein. Neues, das, wie uns versichert wird, dokumentarisch belegt ist, bringt zu diesem Thema das Buch „Anna Carroll". von Noble. Eine junge Frau,

Journalistin und Geheimagentin aus beruflicher Leidenschaft, wird zur genialen Dilettantin der Strategie und entwirft die Operationspläne, die es General Grant erst ermöglichen, den Krieg für die Nordstaaten siegreich zu beenden. Aber eine Unmenge kleinlicher Bedenken verhindert die offizielle Anerkennung der w’ahren Siegerin — Anna Carroll Ob damit die historischen Verdienste des Generals Grant und seiner Mitkämpfer ernstlich geschmälert werden, ist eine Frage, für die wir uns bei der literarischen Beurteilung des eigenartigen Buches nicht zuständig erachten. Sicher ist die vorliegende romanhafte Biographie nicht das beste Werk in der bekannten Reihe „Berühmte Frauen der Weltgeschichte“ des Amalthea-Ver- lages. Aber es ist gut geschrieben, spannend, originell im Milieu, eine wirklich anregende Lektüre. Die für den Amalthea-Veriag bezeichnende schöne Ausstattung erhöht noch das Vergnügen an dem Besitz des Buches.

Prof. Dr. Friedrich W a 11 i s c h

Die großen Romane der Zeit. Ungekürzte Sonderausgaben. G. B. Fischer & Co., Frankfurt am Main. Je Ganzleinenband 9 80 DM (Halblederband 12.80 DM).

Neben die Kleinbuchreihen stellt ein deutscher Verlag nun die „Großbuchreihe", deren einzelne Bände 600 bis 800 Seiten umfassen, also Werke, die früher zumeist nur in zweibändigen Ausgaben und um etwa den doppelten Preis zu haben waren. Die Reihe umfaßt jetzt schon mehr als ein Dutzend stattlicher Bände, von Dostojewskijs „Dämonen" bis James Jones „Verdammt in alle Ewigkeit". Das Auswahlprinzip ist noch nicht ganz klar erkennbar. Franz Werfel ist mit „Barbara oder die Frömmigkeit" und „Die vierzig Tage dès Musa Dagh" vertreten, Thomas Mann mit den „Buddenbrooks" und dem „Zauberberg’’ (der durch eine Einführungsvorlesung des Autors für Studenten der Universität Princeton eingeleitet ist), Stefan Zweig mit „Marie Antoinette". Etwa die Hälfte der Werke sind aus Fremdsprachen übersetzt: zwei Romane von Lin Yutang, je einer von Hemingway, Vincent Sheean, Georg Stewart und der bereits erwähnte von James Jones. Die Reibe wird vermutlich fortgesetzt und wird vor allem auch jene Leser und Bücherfreunde befriedigen, die auch auf eine solide Ausstattung Wert legen.

Dr. Helmut A. Fiechtner

Erdstrahlen? Ihr Wesen, ihre Wirksamkeit und wie wir uns vor ihnen schützen können. Von F. Dietrich. Verlag Moritz Stadler, Villach. 159 Seiten.

Bei den „Erdstrahlen" handelt es sich nach der Darstellung des Verfassers um Aktionsströme, die unterirdische Wasser- und Metalladern begleiten und die mit Hilfe der Wünschelrute oder des „isderi- schen Pendels", das heißt mit den Methoden der „Radiästhesie" nachweisbar gemacht werden können. Daran, daß es tatsächlich solche Aktionsströme gibt und daß diese unter Umständen intensive Wirkungen auf den menschlichen Organismus ausüben können, kann vernünftigerweise kaum mehr geaweifelt werden. Hingegen erscheint die den Erdstrahlen zugeschriebene krankmachende, vor allem krebser-, regende Wirkung problematisch. Wenn der Verfasser P. 12 schreibt, daß auch der Wuchs von Pflanzen durch unterirdische Wasseradern ungünstig beeinflußt wird, so erscheint dies von vornherein unwahrscheinlich; man sollte eher das Gegenteil vermuten. Allerdings werden wir uns vergegenwärtigen müssen, daß solche Akionsströme nur dann fördernd auf den lebenden Organismus einwirken werden, wenn ihre Schwingungen mit den Eigenschwingungen des Organismus gleichgerichtet sind und keine störenden Interferenzen aufw’eisen. Wenn also durch die „Radiästhesie" sich tatsächlich krebs verursachende Wirkungen nachweisen lassen sollten, so könnten sie nur durch Interferenzwirkung, aber nicht durch die Strahlen als solche erklärt werden. — Das kleine Büchlein zeigt im übrigen die weiten Verzweigungen der Problemzüsammenhänge: mit Fragen des Pflanzenwachstums, der Landwirtschaft, des Städtebaues und der Bauplanung, der Entstehung von Mißbildungen, von störenden Gifteinwirkungen, von Zusammenhängen mit kosmischen und siderischen Strahlungen. Der ernsten wissenschaftlichen Erforschung dieser Fragen ist bisher das Odium entgegengestanden, das der schwindelhaften und schariatanen- haften Art anhaftete, mit der manche laienhafte „Pendler" und „Rutengänger" ihre Versuche betrieben. Es darf aber ausgesprochen werden, daß wissenschaftliche Erforschungen auch auf diesem Gebiete von großer Bedeutung werden könnten, nicht zuletzt auch für die S o z i a 1 - H y g i e n e.

Univ.-Prof. DDDr. A. N i e d e r m e y e r der Sowjetunion verläuft auch auf dem „Dach der Erde“, auf dem Pamir. Von dem ietzten sowjetischen Grenzposten dort ist es nur 15 Kilometer bis zur indischen und zur pakistanischen Grenze. Mit Ausnahme also der Türkei und Arabiens grenzt das sowjetische zentralasiatische Gebiet an alle mohammedanischen Staaten Asiens. Da nach der Abmachung mit Mao Tse Tung die mohammedanischen Völker Asiens weiter von Moskau aus revolutioniert werden sollen,

ist diese Lage von ausschlaggebender Bedeutung. Die Politik des Kremls versucht auch in den fünf zentralasiatischen Republiken eine Politik zu führen, welche über die Grenzen hinaus wirken soll. Es wäre falsch, zu glauben, daß dies zum Teil nicht gelänge. Schon die Tatsache allein, daß die fünf großen Völker Zentralasiens nach außen hin fünf nationale Staaten bilden, ist ein wichtiger politischer Faktor.. Die sowjetische Politik hat es verstanden, in allen diesen fünf Republiken eine äußerlich glänzende nationale Fassade zu errichten. Nach außen hin wird die nationale Kultur der fünf Völker sehr gefördert. Die Tatsache, daß eine ganze Schicht von Gebildeten bei diesen Völkern herangezogen worden ist, daß Akademien der Wissenschaften, Hochschulen, Theater in den Sprachen dieser .Völker errichtet wurden, übt gerade auf die umliegenden Staaten einen starken Einfluß aus. In Wirklichkeit spielt sich hinter dieser nationalen Fassade ein fortschreitender Russi- fizierungsprozeß ab. Die alten Lebensformen sind gebrochen. Nationale Trachten, Theater und Musik, einheimische Literatur und Kunst dienen vor allem dazu, das Regime und die

Herrschaft Moskaus zu festigen. Hinter jedem hohen einheimischen Funktionär steht, kaum sichtbar, ein Russe, der wirklich befiehlt. Doch vorläufig übt gerade diese Russifizie- rung hinter der nationalen Fassade in ihrem heutigen Stadium eine faszinierende Wirkung auf viele asiatische Völker aus. Es erscheint ihnen wie die Lösung einer schier unlösbaren! Aufgabe: die Beibehaltung einer nationalen Lebenskultur bei gleichzeitiger Erwerbung der Vorzüge europäischer Technik und Zivilisation. Tatsächlich dringt die Technik in dieses Gebiet, das bis etwa 1925 trotz seiner alten Kultur mohammedanisches Mittelalter war, immer stärker ein. Die großartigen Bewässerungsanlagen, die Kraftwerke, die neue Industrie, das alles verfehlt nicht auf gewisse Schichten in Afghanistan, Persien, dem mohammedanischen Singkiang und teilweise auch in Pakistan zu wirken. Um so mehr, als cs die Sowjetregierung verstanden hat, die. Beziehungen zur mohammedanischen Geistlichkeit, nach den Kämpfen zwischen 1928 und 1932, wieder sehr gut zu gestalten.

Natürlich gibt es auch nationalistische Gegenströmungen, die den Sowjets feindlich sind. Der alte Feind, der konservative Islam, den die Sowjets bis 1932 bekämpften, ist heute sehr schwach. Stärker sind dagegen, vor allem in der neuen Intclligenzschichte, die Ideologien des Pan-Islams und des Pan- Turanismus. Die erstere will eine Föderation aller Staaten mohammedanischer Kultur, die zweite einen Großstaat, unabhängig von Rußland, aller Völker, die turanischer Abstam mung sind. Das sind nicht nur alle Völker Zentralasiens, sondern auch viele Völker des europäischen Rußlands. Dieses erträumte Großreich würde also einen großen Teil Asiens und den östlichen Teil des europäischen Rußlands umfassen.

Doch diese Ideologien sind vorläufig den Sowjets nicht sehr gefährlich. Vorläufig ist es ihnen gelungen, aus dem sowjetischen Zentralasien nicht nur eine strategische Bastion mitten in Asien zu schaffen, sondern auch ein Ausstrahlungszentrum sowjetischer Propaganda nach Asien hin.

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