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Moselfahrt aus Liebeckummer (und andere Novellen). Von Rudolf G. B i n d i n g. Oesterreichische Buchgemeinschaft, Wien 1954. 335 Seiten.

Mit Recht steht die „Moselfahrt aus Liebeskummer“ an der Spitze dieser kostbaren Novellensammlung (vor: „Opfergang“, „Waffenbrüder“, „Angelucia“, „Coelestina“, „Unsterblichkeit“), da sich hier alles „Klassische“ in Binding, die Hintergründigkeit der Aktion und das glasklare Gespinst einer makellosen Sprache, zu einer vollendeten Einheit finden.

Letzte Sommertage. Roman von Kate O'B r i e n. Deutsch von Josef Ziwutschka. Paul-Zsolnay-Vcrlag, Wien 19 54, 349 Seiten.

Auf einem irischen Gutshof sinken die letzten Sommertage in die herbstliche Unruhe des zweiten Weltkriegsanfanges. Eine bittersüße Liebesepisode ohne Happy-End ist schon ganz von der Ahnung des Kommenden erfüllt. Das ist stimmungsvoll und sprachlich meisterhaft erfaßt. Die deutsche Ueber-etzung ist leicht und biegsam.

Leicht, schnell und zart... Roman von Sven Stolpe. Verlag Josef Knecht, Carolusdruckerei, Frankfurt am Main 1954. 319 Seiten.

In erregter Spannung zwischen Welt und Gott erlebt ein todgezeichneter schwedischer Emigrant im Paris der unmittelbaren Nachkriegszeit den letzten Akt der Tragödie seiner menschlichen Erfüllung. Die deutsche llebertragung Alfred von Sternecks leuchtet besonders in der expressionistischen Ouvertüre in allen Facetten auf. Ein sprödes, bedeutendes Buch.

Der Ehering. Roman von Martina Wied. Oester-rcichische Verlagsanstalt, Innsbruck 1954. 277 Seiten.

In kunstvoll gefügtem, zweifachem Handlungsrahmen steckt das Herzstück: die Begegnung eines verheirateten Krakauer Verlegers mit eineT kultivierten Künstlerin in einem österreichisch-schlesi-schen Kurort, über den die Dichterin aus dem kostbaren Schatz ihrer altösterreichischen Abkunft einen zauberhaften Schleier von Humor wirft, Der strenge Verzicht der beiden Menschen nach dem Gesetz des Gewissens ist frei von allem Sentiment. Ueber dem wertvollen Buch blaut der klassische Himmel von „Goethes Karlsbad“.

Cherl. Roman von C o 1 e 11 e. Paul Zsolnay Verlag, Wien 1955. 222 Seiten.

„Cheri“ stand am Tor des Weltruhmes der kürzlich verstorbenen Schriftstellerin. Es blieb bis heute ihr Meisterstück, diese Geschichte einer ungleichen Liaison zwischen der alternden Demimondaine und dem jungen Fan: ein Meisterstück verborgenster menschlicher Regungen und gewagtester Freizügigkeit.

Mary Anne. Roman von Daphne du M a u r i e r. Fretz und Wasmuth, Verlag-AG., Zürich-Stuttgart 1954. 418 Seiten. Preis 16.70 sfr.

Man traut seinen Augen nicht: diese Geschichte eines skrupellosen Weibes, das zeitlebens wie ein Vampir die Männer aussog, von der Verfasserin „dem Andenken ihrer Ururgroßmutter Mary Anne Clarke“ gewidmet zu sehen. Ein peinliches, taktloses Buch. Die disziplinlose und kritiklose Vielschreiberei Daphne du Mauriers feiert hier Orgien. Wenn sie nur einen Funken von dem Takt der Colette hätte! Dr. Roman Herle

Die bezaubernde Arabella. Roman von Georgette H e y e r. Paul Zsolnay Verlag, Wien. 327 Seiten.

Nicht mit Unrecht hat dieser Unterhaltungsroman die Welt erobert. Die Geschichte von dem kleinen Provinzmädchen, das in die Metropole kommt ,und dort die große Gesellschaft in Aufregung versetzt, ist keine Marlitt-Story, sondern beste Literatur. Mit viel Charme und Witz führt uns Georgette Heyer in die englische Society des 19. Jahrhunderts ein und gestaltet köstliche Charaktere voll Leben und Plastik. Wenn auch ab und zu soziale Motive anklingen, so ist das Buch doch im wesentlichen problemlos. Ef hält was es verspricht: Amüsement und angenehmen kultivierten Zeitvertreib.

Der Mann im Moor. Erzählungen von Paul Anton KelUr. Eduard Wancura Verlag, Wien-Stuttgart. 208 Seiten. Preis 48 S.

Paul Anton Keller gehört zu den wenigen zeitgenössischen Autoren, die Stil haben. Sowohl im Hinblick auf die Sprache als auch auf sein Gesamtschaffen. Die zehn Spukgeschichten, die er hier vorlegt, fügen sich darin richtig ein. Irgendwo an E. T. A. Hofmann oder Edgar Allan Poe gemahnend sind sie doch ganz eigenständig. Sie sind der unmittelbare Ausdruck eines Menschen, der die Natur kennt und die sie bewegenden Kräfte, auch die dämonischen. Diese Erzählungen haben mit dem zeitgenössischen Schlagwort von Surrealismus wenig zu tun. Deshalb sind sie auch im literaturkritischen Sinn nicht „modern“ zu nennen, sondern eher in romantischen Bereichen anzusiedeln; eine transparente Romantik, die zur Nachdenklichkeit anregt, die den allzu realen Sinn unserer Tage vielleicht erschreckt, jedoch hat man das Gefühl, der Autor weiß warum.

Die Frau im Aquarium. Erzählungen von Walter Ludwig Schober. Eduard Wancura Verlag, Wien-Stuttgart. 139 Seiten.

Der Autor ist Nervenarzt, wie der Verlag zu berichten weiß. Dieser Umstand mag dem Büchlein zugute gekommen sein. Man kann diesen skurrilen und manchmal makabren Skizzen einen gewissen Reiz nicht absprechen, wiewohl ein Kafka daran seinen (sie!) Freud gehabt haben dürfte. Die Storys sind offen, und jeder kann sich seinen Reim darauf machen. Das läßt der Phantasie der Leser Spielraum — und erspart dem Autor die Pointen. Das Satirische gelingt am besten. Die flinken Illustrationen von Rudolf Pleban fügen sich mit in den Rahmen.

Trost der Dinge. Von Johannes Kirschweng. Verlag Herder, Freiburg. 260 Seiten. Preis 8.80 DM.

Die Neuauflage dieses köstlichen Besinnungsbuches wird vielen Freude bereiten. Mit Stifterscher Beschaulichkeit wird hier den „kleinen Dingen“ nachgegangen; Tiere und Blumen, Landschaft und Hausgerät werden in liebender Betrachtung erschlossen. In einer Zeit der Jagd nach Sensation und Attraktion ein stilles Buch von der Freude am Alltäglichen und seinen Tiefen.

Stürmischer Frühling. Roman von Frank T h i e ß. Paul Zsolnay Verlag, Wien. 358 Seiten.

Eine begrüßenswerte Neuauflage dieses feinsinnigen Liebesromans im Rahmen der Jubiläumsausgaben des bekannten Verlages. Man kann wohl heute schon sägen, daß dieses Buch allein seiner dichterisch formschönen Sprache wegen zum festen Bestand der zeitgenössischen deutschen Prosa gehört.

Das Mondjahr. Chinesische Sitten, Bräuche und Feste. Darstellung und Kulturbericht. Von Juliet B r e d o n und Igor Mitrophanow. Paul Zsolnay Verlag, Wien. 528 Seiten mit 25 Abbildungen.

Neben unserer abendländischen Kultur steht, ihr gleiches Recht — um nicht zu. sagen: ihr Vorrecht — betonend, die chinesische. Sehr eingehend befassen sich die beiden Autoren des „Mondjahres“ mit den vielfältigen Aeußerungcn dieser Kultur. Dem wertvollen Werke ist eine Anzahl interessanter Abbildungen beigegeben.

Das fremde Mädchen. Roman. Von Friedrich Schreyvogl. Verlag Kurt Desch, Wien-Mün-chen-Basel. 318 Seiten.

Schreyvogl ist nun auch im Roman bis zur Gegenwart vorgestoßen und er sieht sie gottlob anders, als viele sie sehen, die unsere Zeit im Roman gestalten wollen. Er errichtet sein Gebäude der Gegenwart auf dem tiefreichenden Fundament einer bis ins Irrationale hinabführenden Handlung, zwei Leben spielen mit magischer Verknüpfung ineinander, das eines Mannes, der bei einem Flugzeugunglück zugrunde geht, und das des anderen, eines Wiener Arztes, der an dessen Stelle hätte fliegen — und sterben sollen. Und da ist Aglaja, das fremde Mädchen zwischen Wirklichkeit und Bühne, und da ist das zertrümmerte, wiedererweckte, traditions-beladene Wien unserer Zeit. Der Bühnenautor und Burgtheaterdirektor Schreyvogl sagt in diesem merkwürdigen, schönen Roman viel Wesentliches über das Theater aus, es ist ein episches Bekenntnis zur Bühne, zur Transparenz der dramatischen Scheinwelt. *

Peking. Augenblick und Ewigkeit. Von L i n Yutang. Büchergilde Gutenberg, Wien. 884 Seiten.

Ein Familienroman, von einem Chinesen geschrieben, außerordentlich aufschlußreich vom menschlichen Standpunkt und als Blick in eine uns fremde, seltsame Welt. Nicht vergeblich führt der Leser den Kampf gegen Schwerverständliches, er gewinnt Erkenntnisse, die ihn bereichern und die schließlich eine die Erde umspannende Einheit der Gefühle bekunden.

Phönix aus der Flamme. Roman von Marguerite S t e e n. Aus dem Englischen. Verlag Fretz & Wasmuth AG„ Zürich. 336 Seiten.

Ein unerhörtes Buch, weil es uns Europäer wissen läßt, daß in den Südstaaten der USA die Frage der Reinbliitigkeit noch immer fürchterlich auf viele Geschlechter zurück ins Alltagsleben eingreift. „Das bloße Farbenproblem ist gleichbedeutend mit Angst.“ Eine berühmte englische Schriftstellerin — so die Handlung des Romaus — macht bei einer amerikanischen Vortragsreise Beobachtungen, die ihr im Hinblick auf ihre eigene Vergangenheit alle Schrecken der unheimlichen Gefahr vor Augen führen. Das wird kühl erzählt, virtuos gesteigert, mit herbem Humor aufgehellt. Wieviel kritische Gedaiken weckt es im Leser!

Der Sprung von der Erde. Roman um die Wegbereiter des Fliegens. Von Richard Wunderer. Schönbrunn-Verlag, Wien. 292 Seiten. Preis 48 S.

Die Pioniere des menschlichen Fluges, unter denen Wilhelm Kreß in erster Reihe steht, sind bei Wunderer die Figuren eines sehr flüssig geschriebenen Romans der Technik. Es ist ein amüsantes Buch, die schweren Probleme werden uns von der leichten Hand eines gewandten Plauderers sehr mundgerecht vorgesetzt. Prof. Dr. Friedrich W a 11 i s c h

Der Speicher. Kleine Lesebuch 1954/55. Herausgegeben von Wolfgang Strauß. Verlag C. Bertelsmann, Gütersloh. 212 Seiten.

Adalbert Stifters Gedanken „Vom Großen und vom Kleinen“ leiten das neue Jahrbuch des Bertelsmann-Verlages ein; das Große, das ist für Stifter das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Wachsen des Getreides; Gewitter, Brandung und Erdbeben aber, alles Laute, das nur Wirkung ist einer höheren Kraft, erscheinen ihm klein und vergänglich. Was Wolfgang Strauß in diesem Büchlein gespeichert hat, Erzählendes — oft Erinnerungen — von Bernt von Heiseler und Wilhelm von Scholz, Ina Seidel und Jeannie Ebner, Gedichte, graphische Arbeiten und unterhaltende Beiträge, sie alle sind dem Leisen zugewandt, dem stetig und verborgen Wachsenden. Doch wir wissen, daß es in Wahrheit „das Große“ ist. — Hübscher Einband.

Dämonie und Verklärung. Von Reinhold Schneider. Oesterreichische Buchgemeinschaft, Wien 1954. 375 Seiten.

In zehn Essays gibt der hervorragende Kulturhistoriker Reinhold Schneider eine tiefschürfende Darstellung des Kampfes zwischen den Mächten des Lichtes und der Finsternis, der in den Dichtungen der Klassik und Romantik zum Ausdruck kommt. Durch den Einblick in dieses Ringen um Harmonie und Klarheit, das die Dichter als schicksalhafte Auseinandersetzung in ihrem eigenen Selbst erlebten, lernen wir nicht nur die Impulse für schöpferisches Wirken kennen, sondern auch das Wesen der Dämonie, die dem Weltbild unserer Epoche ihre Züge aufgeprägt hat.

Gcncralbcichte eines achtzigjährigen Sängerführers.

Von Viktor Keldorfer. Verlag Waldheim-Eberle, Wien. 170 Seiten.

Der Autor, der sich bereits' durch „Worte ohne Lieder eines alten Musikanten“ als launiger Plauderer vorgestellt hat, gibt mit dem vorliegenden Buche eine Autobiographie in Versen. Aus den beigefügten Anmerkungen ist allerhand Wissenswertes zu entnehmen, wie etwa, daß der bekannte Maler J. E. Schindler erster Tenor des Udel-Quartetts war, und daß in dem Ehrenbuche der Stadt Wien ein einziger Musiker eingetragen ist, der zudem kein Wiener ist (Richard Strauß). Professor Dobrowolny gibt eine Kurzbiographie als Berufener (er hat 1947 die Kel-dorfer-Monographie verfaßt).

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