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Jugend und Weltliteratur

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Lesebuch der Weltliteratur, Band 3, herausgegeben von Dr. Otto Rommel, Band 4, herausgegeben von Dr. Oskar Ma ar und Dr. Wilhelm Groß, Ostern Bundesverlag, Wien 1949

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Lesebuch der Weltliteratur, Band 3, herausgegeben von Dr. Otto Rommel, Band 4, herausgegeben von Dr. Oskar Ma ar und Dr. Wilhelm Groß, Ostern Bundesverlag, Wien 1949

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Mit dem dritten Band des Lesebuches der Weltliteratur für Mittelschulen ist dem Herausgeber ein Werk gelungen, zu dem unsere Jugend beglückwünscht werden kann. Hier werden von einem gründlichen Kenner der umfangreichen Literatur Quellen erschlossen, an die selbst die Universität ihre Studierenden nicht immer in der wünschenswerten Weise heranzuführen vermag. Das Material ist so substanziell, die einzelnen Stücke so wesentlich, daß im Laufe eines kurzen Schuljahres wohl nur ein Teil davon wirklich verarbeitet werden kann. Nur ein einziger Einwand könnte gegen das mit vorzüglichen Anmerkungen ausgestattete Sammelwerk gemacht werden: daß es vielleicht ein wenig zu akademisch geraten sei. Dies spiegelt sich unter anderem in den Titeln, welche den einzelnen Abschnitten vorangesetzt sind: Das Weltbild des Rationalismus, Gegenwirkungen gegen den Rationalismus, Vom Rationalismus zur Humanität, Die Hohe Zeit der deutschen Klassik, Der spekulative Subjektivismus und sein Umbruch, Ältere und jüngere Romantik, Von der Romantik zum Realismus, Die Stimme Österreichs zum romantischen Subjektivismus und Das bodenständige Wiener Volkstheater ein Kapitel, dessen ganz besonderer Kenner der Herausgeber ist.

Die Schwierigkeiten des vierten Bandes liegen auf der Hand und können kaum groß genug eingeschätzt werden. Er führt von dem Kapitel Anastasius Grün, Börne und Heine „Der Ruf nach der Demokratie" bis zur Zeit nach dem zweiten Weltkrieg und schließt mit einem Blick in die Zukunft Ernst Wiecherts „Rede an die deutsche Jugend“. — Vielleicht war es das Beatreben der beiden Herausgeber, es beiden Seiten recht zu machen, aber schon rein dem Umfang nach werden die Wortführer des konservativen und christlichen Gedankengutes durch die massiven Beiträge von Darwin, Hegel, Marx, Lassalle und andere erdrückt. Hier offenbart sich die ganze, unlösbare Schwierigkeit eines Literaturunterrichts, ja eines Schulunterrichts, der auf eine bestimmte weltanschauliche Einstellung bewußt verzichtet und damit der Jugend anstatt einer tragfähigen Basis eine Enzyklopädie der verschiedenen Weltanschauungen und Geistesrichtungen vermittelt. Auch scheinen die Fragmente aus zeitgenössischen Werken, welche zur Demo-Das Glück am Rande. Von G. Schwab. Scheuermann-Verlag, Wien.

Hier scheiden sich die Geister. „Ein langweiliges Buch" mögen manche Leser finden, und meinen damit: ein Buch ohne spannende Menschenschicksale, ohne packende Zeitprobleme. „Ein bezauberndes, beglückendes Buch“ werden die anderen sagen, die wertvolleren, wenn sie die allzufrühe letzte Seite wenden. Wovon es handelt? Ein Untertitel kündigt an: „Von Tieren, Bergen und Einsamkeit". Erwies sich Günther Schwab, der Forstmann in einem steirischen Alpental, schon in seinen früheren, vielgelesenen und vielgeliebten Büchern immer wieder als Tierschilderer hohen Ranges, so gelingt es ihm diesmal, unser staunendes Interesse nicht nur für die uralten Raben, den scheuen Auerhahn und das edle Hochwild der Bergwälder, die Gemsen des Felsgeklüftes, zu fesseln, sondern nicht minder für das versteckte Volk der Murmeltiere und für das Schneehuhn, von denen uns bisher nur selten Kunde wurde, ja sogar noch für den schwarzen Urweltsalamander in den feuchten Gründen und für die verheerenden Schwärme des Borkenkäfers in den Fichtenforsten. Niemals verfällt Schwab in den bei anderen Schilderern fast ausnahmslos verbreiteten Fehler, den Tieren ein Denken, Planen, Fühlen nach Menschenart anzudichten, er läßt sie einfach die Gesetze ihrer Art erfüllen, doch führt ihn seine oft erschreckend genaue Beobachtung, seine Hellsichtigkeit und Hellhörigkeit immer wieder zu der Erkenntnis, daß ihr Leben, auch das der Kleinsten unter ihnen, ein berauschendes Glück ist, freilich eines am Rande des Abgrundes. Herrliche Naturbilder rollt er vor uns auf, die verschwiegensten Geheimnisse des Waldes, die Blütenpracht der Almen, die feierliche Einsamkeit der gipfelumragten Felsenkare. Nicht in lehrhaft trockenem Ton wird uns hier so reiches Wissen geschenkt, sondern in der beseelten Sprache eines Dichters, da tischt uns kein Sonntagsjäger schnurrige Späßchen aus Wald und Flur auf, sondern jede Zeile dieses Buches legt Zeugnis ab von dem ehrfürchtigen Verständnis seines Autors für die Daseinsfreude, das ge- fährliche Glück und das Leid aller Lebewesen unserer heimischen Natur. Han B r e c k a und Aufblühen der ersten österreichischen Niederlassung zu Wiener Neudorf ausführlich behandelt. Der Leser wird so mit der Erziehungsmethode der guten Hirtinnen bekannt, die sich gefallener und gefährdeter Mädchen annehmen sowie weibliche Strafgefangene betreuen. Innerhalb der Gemeinschaft tätiger Schwestern lebt ein eigener Sühneorden im karmelitischen Geiste, die „Magdalenen", der sich nur aus ehemals Gestrandeten, dann Bekehrten zusammensetzt. In flüssiger Sprache zieht die Geschichte dieser Ordensgründung an uns vorüber, die sich in der Gegenwart in die moderne Sozialfürsorge eingliedert. Fesselnd ist die Gestalt der nunmehr heiliggesprochenen Gründerin, aufschlußreich sind ihre Kämpfe und Mühen. In der ersten Oberin der österreichischen Provinz wird der Leser mit einer anziehenden Persönlichkeit bekannt. Augenblicklich wirken die guten Hirtinnen wieder in Theresienfeld, Graz und Harbach und bilden in Ober-Siebenbrunn ihre Novizinnen aus.

Die Macht des reinen Herzens. Im Dienste Unserer Frau von der Liebe des guten Hirten. Von Oda Schneider. Verlag Herder, Wien.

Verfasserin berichtet in diesem Buch über die Gründung der Zufluchtsklöster Unserer Frau von der Liebe 1641 und erzählt, wie daraus die bekannte Kongregation Unserer Frau von der liebe des guten Hirten entstanden ist. Im vorliegenden Buch wird außerdem das Werden kretie, zur Humanität und zur Friedensliebe erziehen sollen, psychologisch nicht immer gut gewählt. — Doch auch in technischer Hinsicht ist dieser Band nicht einwandfrei. Diese Mängel spiegeln sich vor allem in einer Reihe von Druckfehlern, die in einem Schulbuch besonders störend sind und leicht zu einer Quelle unerwünschter Heiterkeit bei den Schülern werden können, sowie in einigen Verhebungen besonders arg in dem Gedicht „Gethsemane“ von Annette von Droste-Hülshoff, in des ein völlig fremdes Stück hineingeraten ist, S. 60. Sehr flüchtig ist dos Verzeichnis der Dichter und Schriftsteller mit seinen Werkangaben gearbeitet. Die einzelnen Werke sind weder ihrer Bedeutung noch ihrer Entstehungszeit nach richtig gereiht, die Auswahl der Titel ist oft willkürlich. So zum Beispiel stimmt die Chronologie der Stifter-Werke nicht, eines der letzten Werke Wiecherts, sein Erlebnisbericht „Der Totenwald", steht an erster Stelle, während des gleichen Dichters letzter und zugleich umfangreichster Roman, die zwei Bände umfassenden „Jerominkinder", als „Novellen“ bezeichnet sind. Von Maeterlincks Dramen werden zwei durchaus uncharakteristische genannt usw. Besonders peinlich aber ist die fehlerhafte Schreibweise einiger Dichternamen, etwa Hoffmansthal und Czokor und andere. Trakls Gesamtwerk ist mit dem lapidaren Wort „Lyrik“ gekennzeichnet — zu einem Zeitpunkt, da ein österreichischer Verlag eine vierbändige Gesamtausgabe vorbereitet. — Über die Frage, was in ein solches Buch aufzunehmen sei und was nicht, wird es immer verschiedene Meinungen geben. Aber wenn von zeitgenössischen Dichtern der mittleren Generation — deren Rang hier undiskutiert bleiben soll — ausgesprochen problematische Stücke aufgenommen werden, dürften große Meister, insbesondere der österreichischen Prosa des gleichen Zeitraumes, nicht fehlen. Besonders bedauerlich erscheint, daß der Schatz Hofmannsthalscher Prosa, wie er in den Bänden „Loris" und „Die Berührung der Sphären" sowie in den Reden und Aufsätzen, Gesprächen und Briefen vorliegt, auch hier nicht gehoben wurde, bedauerlich vor allem deshalb, weil hier eine Reihe österreichischer Themen in klassischer Form und mit einem tiefen Gefühl für die Werte der vaterländischen Kultur abgehandelt werden.

Exerzitien und Sakramente. Beiträge zu wichtigen Betrachtungen des Exerzitienbüchleins. Von Johannes B. U m b e r g S. J. Verlag Felizian Rauch, Innsbruck. 152 Seiten.

P. Umberg unternimmt in diesem Büchlein den Versuch, die Sakramentenlehre in den Grundplan der ignatianischen Exerzitien einzubauen und so einerseits das geistliche Leben in enge Beziehung zu den Sakramenten zu bringen und andererseits die Grundgedanken der geistlichen Übungen weiterzuführen bis in das sakramentale Leben hinein. Der Exerzitienleiter findet in dem Büchlein die Sakramentenlehre klar und einfach formuliert mit allem, was aus ihr ilturgisch und aszetisch auszuwerten ist. Außerdem werden die einzelnen Sakramente mit den Grundgedanken der Exerzitien in Verbindung gebracht, so die Taufe mit dem Fundament oder mit dem Schöpfungsgedanken, mit den Sündenbetrachtungen der ersten Woche die Sakramente der Toten, Buße und Krankenölung, mit der Reich-Christii-Betrachtung die Sakramente der Firmung, der Ehe und der Priesterweihe, wodurch diese Betrachtung den verschiedenen Ständen angepaßt wird. Mit den Leidensbetrachtungen der dritten Woche wird das hl. Meßopfer in Verbindung gesetzt und mit der Beschauung zur Erlangung der Liebe die hl. Kommunion. — Der Exerzitienleiter wird darin eine sehr praktische und wertvolle Handreichung finden. Alois Schrott S. J.

Das Wesen des Thomismus. Von Gallus M. M a n s e r O. P., 728 Seiten. Paulusverlag, Frei; bürg in der Schweiz. 1949.

Das bekannte Werk des Appenzeller Gelehrten von Weltruf liegt jetzt in dritter, erweiterter Auflage vor. Es ist die Frucht einer mehr als vierzigjährigen Lehrtätigkeit an der Universität Freiburg Schweiz. In der klaren und einleuchtenden Behandlung der einzelnen Probleme der thomistischen Seinsphilosophie wie auch im Aufzeigen ihrer logischen, systematischen und organischen Verbundenheit bekundet sich die reiche Lehrerfahrung des Verfassers wie die Exaktheit seiner Arbeitsmethode, die den Problemen bis in ihre Wurzeln nachgeht. Die geistige Lebhaftigkeit der Darstellung, die nirgends den Eindruck des trocken Lehrhaften aufkommen läßt, gewinnt noch durch die flüssige Behandlung der philosophie-geschichtlichen Zusammenhänge. In der Kontroverse mit anderen Lehrmeinungen ist bei aller Klarheit des eigenen Standpunktes stets eine wohltuende Atmosphäre leidenschaftsloser Objektivität spürbar, wie sie nur gereifter Weisheit eigen zu sein pflegt. Dieses Lebenswerk von Gallus Manser, das aus dem langjährigen, vertrauten Umgang mit dem Aquinaten gewachsen ist, bleibt ein zuverlässiger Führer in dessen Ideenwelt.— Die „kritische Durchsicht des Buches", für die der Verfasser im Vorwort seinem Nachfolger Paul Wyser dankt, ist eine beachtliche Arbeit von wissenschaftlicher Akribie, die besonders im Literatur- und Quellennachweis diese dritte Auflage dem neuesten Stand der Forschung angleicht. Marianus V e 11 e r O. P.

Les Gemmes et les perles dans le tnonde. Par Fdlix Hermann. Verlag Payot, Paris 1949.

Das Buch des österreichischen Verfassers ist eine Kulturgeschichte der Edelsteine, Perlen usw, eine ungemein reichhaltige und amüsante Darstellung ihrer Rolle in Sage, Geschichte, Brauchtum und Aberglauben; dabei sind in unauffälliger Form durchaus gediegene Angaben über mineralogische Beschaffenheit und Fundorte eingestreut. Für eine deutsche Ausgabe wäre dem Verfasser eine bessere drucktechnische Ausführung zu wünschen als die der vorliegenden französischen.

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