6635815-1957_14_09.jpg
Digital In Arbeit

Handbuch der Weltgeschichte

19451960198020002020

Herausgegeben von Alexander (von) Randa. Verlag Otto Walter, Olten und Freiburg im Breisgau. Zweiter Band. XXXII Seiten + Spalte 1161 bis 2684 (1524 Spalten), samt einer ergänzenden Broschüre von 32 Seiten

19451960198020002020

Herausgegeben von Alexander (von) Randa. Verlag Otto Walter, Olten und Freiburg im Breisgau. Zweiter Band. XXXII Seiten + Spalte 1161 bis 2684 (1524 Spalten), samt einer ergänzenden Broschüre von 32 Seiten

Werbung
Werbung
Werbung

Ueber Anlage, Gliederung und hohen Wert dieser durchaus eigenartigen, ihren Namen in jeder Hinsicht verdienenden Weltgeschichte ist schon nach dem Erscheinen ihres ersten Bandes das Nötige gesagt worden (siehe „Furche“, 22 Mai 1955). Nach zweijähriger Pause liegt nun der zweite Band vor, dem ein dritter mit den Registern und vermutlich ein vierter mit einer umfänglichen Bibliographie folgen sollen.

Der zweite, sehr stattliche, den Text abschließende Band, zwar wesentlich dem Abendland gewidmet, doch mit den gesamten Erdenrund einbegreifenden Darstellungen, die das Geschehen außerhalb unseres Erdteils vom Zeitpunkt an beleuchten, da die anderen Kontinente mit dem unseren in ständige Berührung treten, hält und übertrifft noch das, was sein Vorgänger verheißen hatte. Etwa ein Dutzend der fast hundert Mitarbeiter haben Kapitel beigesteuert, die in jedem Sinne große Geschichtsschreibung sind: um des Themas willen, das sie in klarer Uebersicht und mit tiefer Einsicht darbieten, kraft der Gesinnung, in der sie es betrachten und ob der wortkünstlerischen Form, die sie den die Zusammenhänge durchleuchtenden Gedanken leihen. Gonzague de Reynold bestätigt an ins Wesen eindringenden Bildnissen der Epochen seine ebenbürtige Nachfolgeschaft Jacob Burckhardts. Wolfgang von den Steinen hat, in gar manchen Einzelheiten minimal abirrend, dennoch eine schön, in magischem Licht funkelnde und gleichwohl echte Vision des mittelalterlichen Gottesreiches gemalt. Hans Eibl läßt uns, ernsthaft und dabei spannend, weltumspannend, Wanderungen und Wandlungen des suchenden Geistes nachspüren. Otto Brunner versteht es, auf wenige Seiten das Ineinander, Miteinander und Widereinander der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte zu bannen, ohne daß auch in dieser scheinbaren Domäne des Materiellen der Geist sein Walten einbüßte. Anton Tautscher porträtiert zwei gigantische Monstren, des Maschinenzeitalters Wirtschaft und den Staat, mit ihren gleichermaßen Krieg verkündenden Doppelantlitzen Kapitalismus und Sozialismus; er tut es mit der Liebe und der subtilen Kenntnis, die ein Maler besonders scheußlichen Modellen weiht, trotzdem ihrer Häßlichkeit nie vergessend. Ergreifend und mild begreifend ist, in edler Sprachform, Joseph Bernharts Auseinandersetzung über das Christentum und die Weltreligionen inmitten der historischen Zeitlichkeit. Hans Sedlmayr hat mit der kurzen Rechenschaft über die Weltepochen der Kunst — „Bild und Raum“ — neuerlich seinen Vorrang als chöpferisch durchdenkender Bewerter des Werkes gestaltenden und nachgestaltenden Menschenwillens beglaubigt. Emil F r a n z e 1, nur zu wenig anerkannt als durch immenses Wissen und Sprachbegnadung ausgezeichneter Publizist, übersetzt ins Historische die beiden literarischen, ach so schmerzenden, Vorwürfe „Sieg der Maschine“ und „Hochflut der Technik", alias „Kultur im Dienste des Kaufmanns“ und „Untergang der Welt durch schwarze Magie“, Gebhard Frei ergänzt Eibls Gesamtschau auf das glücklichste. Herbert C y s a r z ruft in zwei blendenden und ganz unverblendeten Blitzfahrten durch' das Reich der Weltliteratur des 19. und des 20. Jahrhunderts soviel Probleme im Gemüt des Lesers wach, daß schon derlei Anlaß zu dankbarem Lob wäre. Doch es gesellen sich noch die so seltene Gabe hinzu, in Gedrängtheit vieles auszusagen, ohne daß eine Flut von Namen und Tatsachen zum Katalog würde, sodann ein fesselnder und trotzdem das Nachdenken freistellender Stil.

Unter den einzelne Länder behandelnden Beiträgen rückt voran der unvergleichbar reiche, geistmächtige und so aus souveräner Sachkunde wie aus unbeirrbarem Instinkt für die wirklich gute Sache urteilende Ueberblick Franz Schnabels über Deurschland im 19. Jahrhundert. Sehr zu preisen ist die Umsicht und die Sorgfalt, mit der Randa seine Darsteller der sonst in ähnlichen Sammelwerken stiefmütterlich bedachten ost- und südosteuropäischen Entwicklung ausgewählt hat. Das gilt weniger für die politische Geschichte Rußlands als für dessen Kultur, zumal für den in jeder Hinsicht vortrefflichen Beitrag Günther S t ö k 1 s über historischen und dialektischen Materialismus, für-Heinrich Felix Schmids in ihrer Knappheit vorbildliche, unvoreingenommene und mit dem einschlägigen Material gründlichst vertrauten Kapitel über Polen, fürKoschmieders polnische Literatur und für des Herausgebers, vom rumänischen Standort ausgehende eigene Darlegungen, endlich für Hugo H a n t s c h’s Oesterreich betreffende Abschnitte. Sely vorteilhaft fallen des weiteren auf: V. Rodriguez C a s a d o s Panoramen der spanischen, portugiesischen und lateinamerikanischen Geschichte, Alfred C o b bans Frankreich des Anden Rėeįme seit dem Westfälischen Frieden, und Philippe Wolffs Frankreich zwischen der Begründung des absoluten Königtums und den italienischen Kriegen.

Noch haben wir eine kleine Nachlese gewichtiger Aufsätze vorzunehmen Grundsätzliches erörtert, auf höchster Warte und mit sprachlicher Gewalt, Hugo Rahner, wenn er die christliche Substanz im wer denden Abendland aufstrahlen läßt. Bertold Spulers Berichte von der orthodoxen Kirche, die umfänglichen und sachlich gediegenen Arbeiten von Hans Riehl über Malerei, von Wilhelm Fischer über Musik, von K i s z 1 i n g über den ersten Weltkrieg sind weniger als Geschichtsschreibung denn als zuverlässige Uebersicht zu begrüßen Als Extremfall dieser Art nennen wir Roberto A 1 m a g i ä s Chronologie der Entdeckungen, die überhaupt auf einen erzählenden Text verzichtet und dennoch aufrichtigen Dank erheischt.

Wir müssen abbrechen. Der Raum gestattet un weder, auf alle anderen guten und auf ein paar weniger gute Abschnitte hinzuweisen noch gar Widerspruch zu manchen umstreitbaren Sachverhalten und Urteilen anzumelden oder gar ihn geziemend zu begründen, geschweige denn einige eventuelle Irr- tümer zu berichtigen. Kein Menschenwerk ist vollkommen. Doch wenn eine Weltgeschichte in deutscher Sprache dem Ideal der Vollkommenheit nahekommt, ist es diese.

Univ.-Prof. Dr. Otto Forst de Battaglia

Opium für Intellektuelle. Oder: Die Sucht nach Weltanschauung. Von Raymond Aron. Deutsch von Klaus Peter Schulz. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln-Berlin. 383 Seiten.

Dieses Buch ist zunächst für französische Leser geschrieben. Es wendet sich vor allem an jene Landsleute des Verfassers, welche die traditionellen Sympathien eines nicht unbeträchtlichen Teiles der französischen Intelligenz für die Linke unkritisch auf den Kommunismus übertragen haben. Dieser wirkt so — in Variation eines bekannten Zitates von Marx — eben als „Opium für Intellektuelle“. Raymond Aron spürt der Herkunft dieses Betäubungsmittels für ansonsten oft sehr helle Geister nach. Der bekannte Soziologe und Schriftsteller erforscht dabei mit äußerster Gründlichkeit die überhaupt nur aus der französischen Geistesgeschichte der letzten 150 Jahre zu verstehenden Neigungen für den Mythos der Revolution und des Proletariates. Er steht nicht an, denselben die philosophische und politische Wirklichkeit eindringlich zu konfrontieren, und seufzt dann plötzlich, mitten in seiner eindringlichen Beweisführung, auf: „Außerhalb von Frankreich, vor allem außerhalb von St. Germain del Prėi, wäre eine lolche Polemik kaufh verständlich ...“

In dei T t: Vieles, was Aron in diesem Buch an den Leser heranträgt, muß in unseren Breiten wie dal Anzünden eines Lichtes am hellen Tag scheinen. Auch ist die Frage offen, ob die Sprache der Kanonen von Budapest auf die schwankenden „parakommu- nistischen“ Eliten in gewissen Ländern des Westen nicht Arons geschichtsphilosophischen und historischen Argumenten inzwischen an Ueberzeugungskraft den Rang abgelaufen haben. Doch was bleibt und auch bei uns wie im gesamten deutschen Sprach- raum Interesse verdient, ist eine tiefgründige geistesgeschichtliche Untersuchung und eine Unzahl gescheiter Aussprüche. Einer stehe für viele: „Die einzige Liebe, die sich stets immer treu bleibt, ist jene, die nicht der Freiheit oder Gleichheit, sondern der Brüderlichkeit, das heißt der Liebe huldigt.'

PS.: Ein Wort zum Schutzumschlag des vorliegenden Werkes: Warum ist dieser eigentlich in den Farben Rot, Weiß und Grün gehalten, wo doch — es ist von Frankreich und seinen Intellektuellen die Rede — es nahegelegen wäre, das Farbenspiel Rot, Weiß und Blau zu wählen?

Geschichte der Pfarre Gaishorn und des Palten- tales. Von Pfarrer Franz Wohlgemuth. Ganzleinen, 500 Seiten, über 500 Bildillustrationen, 3 Kartenskizzen und 1 Paltentalkarte. Herausgeber und Verleger: Römisch-katholisches Pfarramt Gaishorn, Obersteiermark. Preis 75 S.

Gleich auf zwei 500-Jahrfeiern kann die römisch- katholische admontische Stiftspfarre Gaishorn im Faltentale mit berechtigtem Stolz zurückblicken: auf die Jubiläumsfeier der altehrwürdigen Virgilkirche am 18. Juli 1948 und auf die vom ganzen Palten- tale und darüber hinaus großartig begangene Halb- jahrtausendi'eier der Pfarre selbst am 13. September

1953. Diese Anlässe verdienten eine Erinnerung, wie tie der gegenwärtige Seelsorger, der seit 1. Dezember 1942 alt Weltpriester der Diözese Seckau die Pfarre leitet, im vorliegenden Heimatbuch festgehalten hat. Aber darüber weit hinaus entrollt uns der Verfasser, dem wir schon eine wertvolle Lokal- geschicht seiner Heimatgemeinde Baumgarten (Oststeiermark) verdanken, einen überaus bunten Teppich dei vielfältigen religiösen und kulturellen Lebern dei gesamten Paltentales, ohne aber die Beziehung zu Admont und Frauenberg und deren Bedeutung zu vernachlässigen. Es war gewiß für den rührigen und besorgten Seelsorger ein Bienenfleiß notwendig, auf Grund der vielen Pfarrchroniken, des weithin zerstreuten Urkunden- und Aktenmaterials, das er immer wieder durch Abbildungen zu neuem Lebeti erstehen läßt, einen objektiven, von wahrhaft ökumenischem Geist getragenen Rechenschaftsbericht der reichen Vergangenheit zu erarbeiten. All das liegt nun vor uns ausgebreitet mit den vielen Licht- und Schattenseiten menschlichen Erfolges und Versagens. Dabei ist es dem kundigen Forscher, der auch dem Unscheinbarsten mit der ihm eigenen Liebe und Sorge nachgegangen ist, durchaus gelungen, trotz exakter Geschichtswissenschaft für die breite Schicht des Volkes über die Pfarrgrenzen hinaus das Heimat- und Volksbuch d l Paltentales in buntesten Farben zu zeichnen. Dafür werden ihm seine Pfarrkinder und die Bevölkerung des Paltentales von Rottenmann, Liezen usw. schuldigen Dank wissen. Aber auch die heimische Geschichtswissenschaft, insbesondere der Kirchenhistoriker wird für die saubere Herausarbeitung des Nachweises der zentralen Stellung der alten Mutterpfarre St. Lorenzen im Paltental sehr dankbar sein. Dieses Buch gehört in die Hand eines jeden Paltentalers; denn hier lernt er seine Heimat kennen, lieben und schätzen. Die grüne Mark ist um eines der umfangreichsten und gehaltvollsten, und vor allem billigsten Heimatbücher reicher geworden.

Dr. P. Benno Roth OSB., Abtei Seckau

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung