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REVUE IM AUSLAND

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Unter dem Titel „Die Stunde der Prüfung für die Katholiken Rumäniens“ gibt die „C i v i 11 ä C a 11 o 1 i c a“ im Jubiläumsheft zur Feier ihres einhundertjährigen Bestehens einen zusammenfassenden Bericht über die Katholikenverfolgung in Rumänien. Im Unterschied zu vielen anderen Glaubensverfolgungen in den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs, die zumeist verschleiert vor sich gingen, handelt es sich hier zürn ersten Male um eine offene Glaubensverfolgung im Stil vergangener Jahrhunderte. Freilich, eine Einkleidung und Vermänte- lung wurde auch diesmal nodi beobachtet: die mit Rom unierte griechisch-katholische rumänische Kirche, eineinhalb Millionen Menschen umfassend, wurde öffentlich und offiziell zum Abfall von Rom aufgefordert und gezwungen. Unter schärfstem Terror gelang es bekanntlich in Klausenburg am 1. Oktober 1948 — dieses Datum war absichtlich gewählt worden anläßlich des 250jährigen Jubiläums der Union mit Rom

— 38 Priester zu einer Kundgebung der „Rückkehr“ zur orthodoxen Kirche zu Vereinigen. Diese Priester, von denen etliche noch sichtbar am Körper die Zeichen der Mißhandlung trugen, vertraten jedoch nur jene 423 Priester, die sich gebeugt hatten, das heißt 25 Prozent des Klerus! Am nächsten Tag wurden diese Kleriker geschlossen nach Bukarest transportiert Und daselbst in einer bestellten Zeremonie vom orthodoxen Patriarchen in die Staatskirche aufgenommen. Die Landbevölkerung wurde durch Verhaftungen, Drohungen und Repressalien aller Art zur Unterschrift der „freiwilligen Rückkehr“ in die Orthodoxie gezwungen. Ein Protest der apostolisch 4n Nuntiatur in Bukarest würde von der rumänischen Regierung in einer scharfen Note zurückgewiesen als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des rumänischen Staates und Volkes. Die ganze Aktion wird hier dargestellt als Sieg eines 250jährigen Befreiungskämpfe des Volkes gegen den von Habsburg als „Instrument des Vatikans“ auferlegten Gewissenszwang. — Die

„Civiltä Cattolica" gibt zahlreiche Belege für das Märtyrerzeugnis rumänischer Un- iierter, die trotz allen Verfolgungen standhaft blieben.

Der gesamte Episkopat wurde, mit einer Ausnahme, pensioniert und weigerte sich, die Pension anzunehmen, da er sich als weiter im Amt befindlich betrachtet. Monsignore Hossu, der einzige nicht pensionierte Bischof von Kkusenburg, erwiderte d,em Kultusminister, der ihn zum Schisma zu verleiten hoffte, mit den Worten des heiligen Basilius an den römischen Kaiser Välensj „Es scheint, daß Du das erstemal mit einem katholischen Bischof sprichst."

Der Hauptgrund für den Abfall der post - sierenden Prister von. Rom ist in der Tat-

saohe zu sehen, daß 90 Prozent des griechisch- katholischen Klerus verheiratet sind. Vielen Pfarrern lag ständig im Ohr die Klage ihrer Frauen: „Was soll aus mir und aus unseren Kindern werden, wenn sie dich ins Gefängnis stecken. Wir werden alle in Hunger und Elend zugrunde gehen.“

Die Hintergründe der Aktion sind bekannt. Auf der Moskauer Synode im Juli 1948 erhielt der rumänische orthodoxe Patriarch Justinian den strikten Auftrag, auf schnellstem Wege und mit allen Mitteln die griechisch-katholische Kirche in den Schoß der Orthodoxie rückzuführen. Dieser Patriarch hatte sich bereits früher als gefügiges Werkzeug Moskaus bewährt, als er in seinen Klöstern Kurse im Leninismus zur „Neuerziehung“ der Mönche und Nonnen einführte. — Nach dieser Liquidierung der griechisch-katholischen Kirche zieht nun der Kampf gegen die lateinische römische Kirche herauf. Diese umfaßt rund eine Million Menschen, zum großen Teil ungarischer Volkszugehörigeit, was bisher Anlaß für ihre Schonung war. Was sie zu erwarten hat, geht aus einer Erklärung des Ministerpräsidenten Groza an einen katholischen Priester hervor: „Was bisher gegen die unierte Kirche unternommen wurde, ist nichts, im Vergleich zu dem, was der lateinischen Kirche bevorsteht.“ — Abschließend vergleicht die „Civilti Cattolica“ die Vorgänge in Rumänien mit jenen in Ungarn und Jugoslawien und kommt ziu dem Ergebnis, daß die Verfolgung in Rumänien jene in den anderen „Volksdemokratien“ weit ühertrifft.

Italienische Sorgen

In der April-Folge der „Etüde s" referiert R. Bose, von einer längeren Reise durch Italien heimgekehrt, über „italienische Probleme“. Seit den April-Wahlen 1948 hat sich Italien innerlich offensichtlich erholt, zum erstenmal seit der Befreiung herrscht ein Klima des Vertrauens und des Optimismus. Preise und Währung haben sich stabilisiert — im November 1948 hatte das Land zum erstenmal wieder eine positive Außenhandelsbilanz. Gerade angesichts dieser erfreulichen Entwicklung dürfen die gewaltigen Probleme nicht übersehen werden, die noch zu lösen sind. Da ist vor allem die Arbeitslosigkeit.

Die italienische Bevölkerung hat sich trots den Kriegsverlusten-" von rund 43 Millionen im Jahre 1936 auf 46,295.000 Einwohner im Jahre 1948 vermehrt. Bis 1930 wandert regelmäßig eine große Zahl Italiener aus. Weltkrise, Faschismus und Krieg haben diese Emigrationswelle unterbrochen. Ende 1948

hatte nun Italien rund 2 Millionen Arbeitslose! Der Staat kämpft mit verschiedenen Mitteln und Programmen gegen diese Gefahr: In Vollzug eines Siebenjahresplanes sollen 900.000 Arbeiter Wohnungen gebaut werden, der italienische Süden wird industrialisiert, durch die italienisch-französische Zollunion erhofft man sich gewisse Erleichterungen. Dies all-es genügt jedoch nicht. Große soziale Probleme, und dazu gehört das der italienischen Arbeitslosigkeit, können heute nur mehr durch internationale Zusammenarbeit gelöst werden. Bose appelliert an England und Frankreich, Italiener in ihre dünn besiedelten afrikanischen Territorien aufzunehmen, Opfer von beiden Seiten sollen eine Eingliederung' der Italiener in die Bevölkerung des Gastlandes erleichtern. — Die italienische Regierung steht ihrerseits in Verbindung mit südamerikanischen Staaten, um die Emigration zu lenken. Unter den zahlreichen privaten Vereinigungen, die sich dieselbe Aufgabe gestellt haben, gibt es auch eine „katholische Liga für die Emigration“.

Angesichts dieser Tatsachen ist die soziale Lage immer noch gespannt, zumal in den von den Kommunisten beherrschten Gebieten des Nordens und der Mitte, wo teilweise starker kommunistischer Terror herrscht. In den ersten zehn Monaten des Jahres 1948 gab es 735 Streiks und 132 Unruhen. In die Zahl der Streiks sind dabei nicht eingerechnet jene neuen raffinierten Formen der Arbeitssabotage, der „Nichtmitarbeit“ und der Teilstreiks, die in der letzten Zeit von den Kommunisten erfunden wurden. Interessant und beachtenswert das Phänomen, daß der Kommunismus in seinen alten Hochburgen Mailand, Genua, Turin etwas zurückgeht und dafür im Landarbeiterproletariat des Südens steigend an Anhang gewinnt. Diese Tatsache lenkt das Augenmerk auf die Notwendigkeit sozialer Reformen.

Die Regierung De Gasperi hatte die Agrarreform des Südens vordringlich in ihr Programm genommen, die Verwirklichung derselben läßt jedoch auf sich warten. Verschiedene Ursachen bewirken diese Verzögerung, u. a. der entschiedene Widerstand der „Confida“, des mächtigen Verbandes.der italienischen Grundbesitzer, so daß es im" Schoße der Demo- cristiani selbst bereits zu heftigen Auseinandersetzungen kam. — Hier sind auch die Kämpfe um Sinndeutung und Einsatz der Katholischen Aktion zu würdigen, 'Deren „Bürgerkomitees“ waren die Organisatoren des großen Wahlsieges vom 18. April 1948. In der Folgezeit erschienen etliche wenig geschickte Erklärungen von Führern der Katholischen Aktion, die für diese das Recht beanspruchten, direkt in die Politik einzugreifen. Sie stießen jedoch auf den heftigen Wider-

■ stand gerade aktiver junger Katholiken in der Partei De Gasperis.

Bose kommt zum Schluß, daß die Zukunft der Derriocristiani von der Realisierung der sozialen Reformen abhängen wird. — Hoffnung gibt das in nahezu allen. katholischen Kreisen verbreitete Interesse für diese Reformen. Eine Reihe katholischer Organisationen für die Arbeiterschaft, zahlreiche sozialkritische und sozialwissenschaftliche Veröffentlichungen bezeugen ebenso wie etwa die Gründung des „Domus paeis“ in Romr eines Hauses für die katholische Jugend aller Völker, wie die literarische und publizistische Tätigkeit eines Papini und Lombardi die Zeitaufgeschlossenheit und Vitalität des modernen italienischen Katholizismus. R. Bose gibt abschließend seiner Hoffnung Ausdruck auf eine erneuerte und vertiefte Zusammenarbeit zwischen Italien und Frankreich im Geiste eines christlichen Personalismus.

Die Sprache der Steine

S. A. P a q u e t diskutiert in der in F r e i- b u r g i. B. erscheinenden Halbmonatsschrift „Die Gegenwart“ (Nr. 79/1949) bisher unveröffentlichte Pläne und Entwürfe zu den Monumentalbauten und V e r ke h r s a n 1 a g e n de;s Dritten Reiches. — Die Gigan- tomanie, ein Streben, alles bisher Gebaute zu überbieten, der Verlust jeden Maßes und jeder Mitte, charakterisieren diese Pläne, die alle durch Hitlers Fland gegangen sind. — München sollte durch eine Prunkstraße, „Die Achse“, neu geformt werden. An ihr sollte unter anderem ein Theater für 40.000 Zuschauer stehen. An der Stelle de jetzigen Bahnhofs waren zwei Obelisken von 150 Meter Höhe vorgesehen. Diese „Achse" sollte ihre Krönung in einem Bahnhof finden, der ah Rundbau mit einer Küppel von 245 Meter Höhe gedacht war. „Die Pląne waren 1939 ungefähr fertig. Kleinigkeiten waren noch Sache des Spiels, ob die Säulen unter dem äußersten Vordach aus schwarzgefärbtem, poliertem Beton, das Gesims aus Aluminium bestehen sollte...“ Dieser Bahnhof sollte auch Durchgabgsstelle für H i 11 e r s „G ig.dn t- b a h n“ werden, seine Lieblingsidee. „Eine Ubereisenbahn mit 4 Meter Spurweit e und einer Geschwindigkeit von 300 Kilometer in der Stunde, die Rostow am Don, das Schwarze Meer mit Marseille und dem Mittelmeer-verbinden sollte.“ Für diese Bahn, die Betonbahnkörper verlangte, machten sich im Jahre 1943 Trupps auf den Weg, um ihre Strecke abzustecken. — Das 'Mekka der Bewegung, Nürnberg, sollte durch Bau werke.geschmückt werden, die alle Dome und Pyramiden in den Schatten zu stellen berufen waren.

Maße der Kongreßhalle: Ein Hauptsaal für ’ 60.000 Personen mit einem 400 m langen Säulengang. Dieser Bau ist-zu zwei Drittel fertig geworden. Vor ihr eine Aufmarschstraße von 60 m Breite. An ihr ein Stadion für 400.000 bis 500.000 Zuschauer. Grundriß: eine Hufeisenform, 700 bis 800 m in der Länge, 200 bis 300 m in der Breite. So hö'di, daß die oberen Sitzreihen nur von schwindelfreien 'Personen besetzt werden konnten. Dafür hatte man bereits einer

■ o pt i sch e n . F, i r m a den Auftrag g'e- . geben, besondere Brillen zu schaffen, da aus dieser Höhe und Entfernung die Vorgänge im Stadion selbst kaum mehr sichtbar waren...

Das Drama vollendet sich in Berlin. „Pläne von einem Kuppelbau von 3 0 0 Meter Höhe liegen vo r.“ „Kuppeln, Obeliske, Pylone mit Adler- standbildern in der'Höhe, Türme, Brücken, Blocks, Triumphbogen, aufgereiht an den großen neugeschaffenen Achsen der Weltstadt.“ Ein Triumphbogen von 120 Meter Höhe und 150 Meter Breite. Und nun das Merkwürdige: unter dem Bogen dieses Denkmals war ein Zweites projektiert, eine Art Brandenburger Tor, das mit seinen Säulen den Durchlaß regeln sollte. Zwei Tortürme mit' aufgesetzten Schildwach-

plastiken, die 18 Meter lange Speere tragen! „Ein Monument will das andere steigern und beide heben sich gegenseitig auf. Es ist wie eine Rechnung, bei der mit Riesenzahlen die Zahl Nüll multipliziert wird. Während Deutschland in den Jahren 1941 bis 1944 immer mehr einschrumpfte, wurden die Pläne Hitlersimmerausschweifender.

„Die größte Brücke der Welt war in Hamburg 'geplant, als ein Tor zu allen Erdteilen, während die Tür nach außen noch nie so fest verriegelt war. Eine Höchschulstadt ohne Beispiel Wsar geplant, und die Geistesfreiheit wurde geknechtet. Eine Giganteribahn war geplant quer durch den Kontinent, während der Zugverkehr langsam erlahmte. Ein Reichsmuseum war in Linz geplant. Dorthin sollten die Kunstschätze zusammengetragen werden ... Städte hatten einfach kehrt zu machen. Straßburg ... sollte sein Gesicht mit einer prächtigen Uferfassade dem Rhein zuwenden."

Die Sprache dieser Pläne ist eindeutig, sie bedarf keines Kommentars.

Die geistige Krisis der arabischen Jugend

Über dieses Thema gibt Dr. Abdurrahman Badawi in Heft 12/49 der „Schweizer Rundschau" einen Bericht, der Beachtung verdient als ein autobiographisches Zeugnis für die seelischgeistige Lage der erwachenden Intelligenz nicht nur in Ägypten, sondern im ganzen Nahen und Fernen Ostens in den letzten 30 Jahren. — Diese hochstrebende Jugend fühlte sich durch ihre Väter und durch die Europäer „verraten“ ... „Wir waren wahrhaftig nicht viel mehr als Sklaven. Verurteilt, Steine und Mörtel zu schleppen, nach5 Befehl und Belieben jener Bauherren der Welt; wir waren nur das arme Werkzeug, der Spielball der großen Mächte, die leichte und fügsame Beute des reißenden Ehrgeizes anderer.“ — „Die Jugend Europas konnte die Wunden ihrer Seele mit den Heilmitteln seines reichen Erbes pflegen. Uns aber war von unserem alten Erbe nichts geblieben als verkalkte Trümmer.“ Diese Jugend fühlt sich „in unsagbarer Vernachlässigung des Geistes und des Leibes aufgewachsen..." So wurde sie zunächst eine Beute aller Gedanken und Ideologien, die Europa in den letzten Jahrzehnten von sich gab. „Keine neue įdėtam Horizont Europas, kein neuer Begriff im Leben Europas, dienichtunserenGeist verführt hätten“: von Nietzsches „Gefährlich Leben", vom „Sacro egoismo“ bis zum „Mythus des 20. Jahrhunderts“.

Besondere Anziehungskraft üben die Radikalismen -aus, Die einen glauben än Berlin, die anderen an Moskau, „als wollten sie zum

Kreml als - der Kaaba unserer Zeit wall-

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fahren“. Einen überaus starken Reiz übte die expressionistische . und extremistische Dichtung und Kunst der europäischen Decadence aus: von Baudelaire bis zu D. H. Lawrence„ vom Dadaismus bis zum Kubismus und Futurismus. Hin- und hergerissen zwischen Marx und Freud, Buddha und Picasso, de Quincey und Aldous Huxley, konnte diese junge Generation nicht ihren eigenen Weg finden, sondern spaltete sich auf in zahllose einander bekämpfende sektiererische Gruppen und Richtungen. Diese Tatsache findet starke Dokumen- tierung im religiösen Bereich, in dem „äußerste Verwirrung“ herrschte. Da stehen Gottesleugner in der Tradition der europäischen Aufklärung, späte Schüler Renans und D. F. Strauß’ neben orthodoxen Mohammedanern, welche die „reine Lehre“ restituieren wollen. Diese beiden radikalen Lösungsversuche des religiösen Problems sind heute im wesentlichen gescheitert, da es „ihren Trägem an einer genügenden geistigen Festigung, an Mut und Freimut mangelte“. — Der Autor zeigt das innere Chaos auf, die große Gefährdung, in der diese „erwachende Jugend“ des Ostens schwebt, er verzichtet darauf, Zukunftsaspekte zu geben. — Ein Bericht, der den Europäer nachdenklich stimmt. Wie groß ist immer noch unsere Verantwortung für das Schicksal dieser ganzen Welt, da jeder Gedanke, der von Europa aüsgeht, zu guter oder giftiger Saat im hungrigen Erdreich der Kontinente aufgeht.

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