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Die Schweizergarde

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Die Schweizergarde in Rom und die Schweizer in päpstlidien Diensten. Von Dr. Robert Dürrer. I. Teil. Verlag Räber, Luzern. 432 Seiten. — Die päpstliche Schweizergarde. Text und Beschriitung: Gardekaplan Paul Krieg. Bild und Gestaltung: Leonard von Matt, NZN-Verlag, Luzern. 100 Seiten. 89 Bilder.

Schon an den Eingängen des Vatikanstaates erblickt der Besucher Roms Schweizergardisten in ihrer schmucken Uniform. Natürlich auch in den Gemächern des Vatikans selbst, wo sie mit Helm und Hellebarde Dienst versehen. Besonders aber bei den kirchlichen Festlichkeiten in der Peterskirche, wo sie in unmittelbarer Umgebung des Papstes den Dienst versehen — mit schwerem Harnisch über der farbigen Uniform, Helm, Halskrause, ein Teil bewaffnet mit Hellebarden, ein anderer mit riesigen Schwertern.

In ihrem Äußeren deuten sie bereits auf ihre uralte Tradition, die weit diejenige der übrigen Eliteregimenter Europas übertrifft. Tatsächlich ist diese Truppe über 400 Jahre alt, gegründet im Jahre 1506 von dem Rovere- papst Julius II. Aus dieser Zeit stammt auch ihre jetzige Uniform. Allerdings, die Behauptung, daß dieses Kleid in dem sonderbaren Schnitt aus gelben, lila und roten Farben von Michelangelo oder Raffael entworfen worden sei, ist ein Irrtum. Der Schnitt der Uniform ist der typische zeitgenössische Schnitt der damaligen Schweizer Landsknechte und ihre Farben die Hausfarben des Mediceerpapstes Leo X. 1527, im berüchtigten Sacco di Roma, deckten sie buchstäblich mit ihren Leibern den Rückzug des Papstes Clemens VII. in die Engelsburg. Nur 42 überlebende retteten sich mit dem Papst hinter die Mauern dieses Kastells. Clemens VII. mußte auch diese schließlich entlassen, womit das Ende der Schweizergarde gekommen schien. Aber Paul III. gründete sie 1536 neuerlich und seither besteht sie, mit Ausnahme des kurzen Zeitraumes der napoleo- nischen Herrschaft über Rom, ununterbrochen.

Die Schweizergardisten stellen heute den letzten Rest der in der Geschichte Europas so berühmt gewordenen Reisläufer dar, jener Schweizer, die sich als Soldaten in den Dienst fremder Mächte verdingten. Von der Eidgenossenschaft, die sonst das Reislaufen heute streng verbietet, nur deshalb gestattet, weil die Schweizergarde jetzt keine Militärtruppe mehr, sondern nur eine Bewachungsmannschaft darstellt.

Die Rekrutierung erfolgt fast durchwegs aus den katholischen Schweizer Kantonen, doch überwiegt bei weitem das Wallis, das fast ein Drittel aller Gardisten stellt. Der derzeitige Kommandant, Hauptmann Pfyster von Altis- hofen, dagegen entstammt einer Luzerner Familie, die bereits neunmal in der Geschichte der Garde den Kommandanten stellte.

Der Dienst der kleinen Truppe, deren Bestand in der Geschichte zwischen 40 und 200 Mann schwankte, ist heute nicht leicht. Ist es doch besondere Aufgabe dieser wenigen Gardisten, für die Sicherheit des Papstes und den Schutz des Vatikans zu sorgen. An den hohen Festtagen, da der Petersdom mit 70.000 Menschen angefüllt ist, ist der Dienst besonders schwer. Fast die gesamte Garde muß dann meist von 6 Uhr früh bis weit über Mittag, natürlich ununterbrochen, noch dazu im schweren Panzer, für Ordnung und Sicherheit im Dom sorgen. Wer immer an solchen Feiertagen die Gardisten sah, konnte die Exaktheit ihres Dienstes bewundern und ebenso ihre Disziplin.

Leonard von Matt, bekannt durch sein großes Werk über Rom, gibt in einem schmalen, schönen Band Zeugnis von der Schweizergarde. Seine Bilder vermitteln audi demjenigen, der Rom und den Vatikan nicht kennt, ein klares Bild von ihrem Dienst, ihrem Leben, ihren Uniformen, ihrer Freizeit und lassen auch manchen Blick hinter die Kulissen des Vatikans tun. Monsignore Krieg, der Gardekaplan, schildert in kurzen, klaren Worten die Geschichte dieser Elitetruppe. — Das Buch von Dürrer, versehen mit einem großen wissenschaftlichen Apparat, zeigt nicht nur die Geschichte der Schweizergarde in der ersten Zeit ihres Bestehens, sondern auch der sonstigen vielen schweizerischen Truppen, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Dienste der damaligen Päpste standen. Dem Autor gelingt dadurch ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Renaissance in Italien. Schade nur, daß die geplante Fortsetzung scheinbar unterblieb.

DDr. Willy L or e n z

Die Welt des Gebetes. Von Adrienne von Speyr. Johannes-Verlag, Ein6iedeln 1951. 288 Seiten.

Nach zehn Bänden einer schöpferischen Schrifttheologie schreibt A. v. Speyr ein geradezu kühnes Buch über die Welt des Gebets, die eine Welt Gottes i6t. Das Kapitel über das Gebet in der Trinität bedeutet etwas so Neues und Gewagtes wie ein Wandern über die höchsten Grate. Hier sind Formulie-, rungen über den Glauben, die, wenn sie nicht analog aufgefaßt würden, gefährlich klingen könnten. Wenn Christentum Größe und Schweigen ist, dann möchte man fragen, ob man nicht besser über das Größte, Unsagbare schweigen sollte. Aber wer erreicht diese Laientheologin in der Meisterschaft, übernatürliche Wirklichkeiten nach dem Vorgang des natürlichen Lebens und Liebens zu erklären. Das kann nur, wer selbst tief in das Gebet und die Gebetsweisen hinabgestiegen ist und daher völlig neu und schöpferisch ebenso über das Beten Christi und Marias, des Heiligen, des Priesters und Glaubenden zu sprechen vermag wie auch in besonders gültiger Weise über das Gebet in der Ehe, Natur und Gnade, Liebe und Frucht. Nur hätte man unter „Einsam und gemeinsam bei einer Schriftstellerin von solchem Rang und solcher Theologie, die bis in eine letzte christologi6che und trinitarische Tiefe vordringt, auch vom Mysterium des Meßopfers und überhaupt vom liturtgischen Gebet ein Wort erwartet. Aber sie wird ja über das Gebetsleben der Kirche noch nicht das letzte Wort gesprochen haben.

Dr. P. Virgil Redlich O. S.B., Seckau

Die Wissenschaft vom Menschen. Beiträge zur Anwendung exakter Methoden in den Sozialwissenschaften. Von Stuart Chase. Band 18 der Sammlung: Die Universität. Humboldt-Verlag, Wien 1951.

Das Buch behandelt das soziale Beziehungsgeflecht nach den Methoden der Physik. Nun ist aber die Gesellschaft und ihre Bewegung kein Stein, der zu Boden fällt. Niemals ist daher die Sozialwissenschaft ein Sonderfall des Gravitationsgesetzes. Vielmehr ist die Gesellschaft, das Komplexe in ihr, wie Religion, Kunst, Wissenschaft, ein Geistgebilde, das in Elemente physikalischer Provenienz nicht auflösbar ist. Das Buch ist von Seite 4 bis 432 verfehlt. Das entwahrt sich auch 6chon in der sogenannten „Leiter der Sozialwissenschaften", die der Verfasser, unbeschwert von der griechischen Soziologie tausend Jahre vorher, erst im 16. Jahrhundert (!) mit der Registrierung der Taufen, Geburten und Begräbnisse in den Kirchensprengeln Englands, Deutschlands, Hollands beginnen läßt.

Univ.-Prof. Dr. August M. K n o 11

In Nacht und Eis. Von Fridtjof Nansen. Eberhard-Brockhaus-Verlag, Wiesbaden. 340 Seiten.

In unseren Tagen, da das überfliegen des Nordpols längst . zu einer Angelegenheit aeronautischer Routine geworden ist, erinnert der Name Fridtjof Nansens mehr an den großen Friedenspreisträger, dessen unermüdliches Wirken in und nach dem ersten Weltkrieg ungezählten Menschen das Leben und die Freiheit wiedergewonnen hat, als an den Führer der norwegischen Polarexpedition, deren mutmaßliches Schicksal die Welt unserer Väter jahrelang in Spannung hielt. Trotzdem sind Nansens Aufzeichnungen von jenem wagemutigen Unternehmen, und von seinem, allerdings mißglückten Versuch, von der festgefrorenen „Fram" aus mit nur einem Begleiter den Nordpol auf Hundeschlitten zu erreichen, auch heute noch von Interesse. Sie geben ein anschauliches und durch die Schlichtheit der Sprache um so eindrucksvolleres Bild von den Freuden und Leiden, den Hoffnungen, Nöten und Enttäuschungen, die der große Forscher und seine tapferen Gefährten drei Jahre hindurch in Nacht und Eis erlebt haben. Kurt Strachwitz

Salzburger Festspielbuch. Von Wolfgaitg Schneditz. Verlag „Das Bergland-Budi“, Salzburg 1952. 281 Seiten.

Eine wesentlich erweiterte und bis auf die Gegenwart fortgeführte Neuauflage des 1948 zum erstenmal (in einem anderen Verlag) erschienenen Büchleins. Damals hatte es 143 Seiten Text, 48 Tafeln und umfaßte die Programme von 1920 bis 1937. Jetzt sind folgende Kapitel neu hinzugekommen: Kriegsjahre, 1945, Das Wiedersehen mit dem Ein6t, Große Dirigenten, Das musikalische Theater, Neue Regisseure und Bühnenbildner, Bemühungen um Mozart, Die schönen Sängerinnen, Ereignisse der bildenden Kunst, Das neue Publikum. Ferner viele neue — leider nicht immer gut reproduzierte — Bilder, die zum Teil vom Autor stammen. Der Leser wird vom Verfasser auch hinter die Kulissen geführt und kann manchen Blick auch in das Privatleben der Künstler und anderer Prominenter tun. Wieweit diese daran Freude haben, möchten wir nicht entscheiden. Jedenfalls zeigt 6ich der Autor über alles bestens informiert. Ein Wunsch bleibt vor allem offen: eine stilistische Überarbeitung bei einer Neuauflage, die dem interessanten Buch sicher beschieden sein wird. (Seite 207 über Orffs „Antigonae“: „Als die Katastrophe in dieser Tragödie die Hybris erreicht..."; oder wenn von dem „gebrechlichen Figürchen einer bekannten jungen Sängerin die Rede ist; oder wenn bedauert wird, daß „dieser Vollzug noch nicht geschehen ist' usw.)

Dr. Albert Friedrich

Astronomie, Geschichte ihrer Probleme.

Von Prof. Dr. Ernst Zinn er, Direktor der Remeis-Sternwarte in Bamberg. Verlag Karl Alber, Freiburg-München 1951. 404 Seiten, 34 Abbildungen.

Es macht den besonderen Vorzug dieses Werkes aus, daß es vorwiegend die Autoren selbst, vom klassischen Altertum bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus, in Auszügen beziehungsweise Übersetzungen zu Worte kommen läßt, während sich der Verfasser auf die freilich sehr schwierige Aufgabe beschränkt, in knappen Überleitungen die gedanklichen Zusammenhänge herzustellen. Entbehren möchte man aus dieser guten Auswahl nichts; daß man sich noch manches hinzuwünschte. zumal in dem etwas kurz (nur 50 Seiten) geratenen zweiten Teil über die heute höchst aktuellen Probleme des Sternalls, sei gerade deshalb gesagt, weil der Außenstehende ohnedies noch immer geneigt ist, die seit etwa einem Jahrhundert eingetretene Verlagerung des Schwergewichts der astronomischen Forschung vom Planetensystem weg zu übersehen. Doch erfreut auch hier die Wiedergabe mancher schon fast vergessenen Pionierleistung au6 der Frühzeit der

Stellarastionomie, zum Beispiel die Ausführungen Daniel Hubers über Algol. Die Schwierigkeiten, die sonst dem Vordringen zu den Quellen entgegenstehen, 6ind weitestgehend au6 dem Weg geräumt, und so wird dieses Buch dem Studierenden und Lehrer eine wertvolle Hilfe, dem Astronomen (sowohl Liebhabern wie Fachleuten) ,und überhaupt jedem kulturgeschichtlich Interessierten eine Quelle reichen Genusses sein, wozu auch die vorzügliche Bebilderung das ihrige beiträgt. Univ.-Doz. Dr. K. Ferrari d’O c c h i e p p o

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