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REVUE IM AUSLAND

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Die Hochzeit im englisdien Königshaus gab der englischen Publizistik, darüber hinaus aber der Weltöffentlichkeit Gelegenheit, das Wesen der englischen Monarchie in Vergangenheit und Gegenwart zu beleuchten. Die unabhängige Wochenschrift „T i m e a n d T i d e“ schreibt in einem Leitartikel über „Krone, Gemeinwesen und Volk“:

„Das Königsamt verkörpert tatsächlich die Kontinuität der Entwicklung, die in unserem politischen Leben so unermeßlich wertvoll gewesen ist. Seine Wurzeln gehen bis weit hinter die (normannische) Eroberung zurück, und in seiner gegenwärtigen Form — grundverschieden in fast allem, außer dem Namen von seiner frühesten Form — gehört das Königtum als ein wesentlicher Zug in die demokratische Verfassung.

Dieses Geheimnis kann nicht.leicht in bloß rechtlichen Begriffen erklärt werden. Durch die Entwicklung der modernen Demokratie wurde der König nicht nur als höchster Staatsbeamter, sondern als Mensch, und die königliche Familie als eine Familie menschlicher Wesen für Millionen zum Symbol, das für die Gesundheit unseres politischen Lebens notwendig ist und für das es sonst nirgends eine Parallele gibt. Die Existenz dieser dauerhaften Einrichtung des Königsamtes wirkt als ein ständiges Gegengewicht gegen das Aufkommen demagogischer Diktatur, das in modernen Demokratien immer die Gefahr ist. Es verleiht den Hoffnungen und Sorgen, den Freuden und Leiden vieler Tausende eine Art von Erhebung durdi die gemeinsame Menschlichkeit, die mit der höchsten Familie des Landes geteilt wird.“

Dte Gärung« der politischen und geistigen Lage in Frankreich spiegelt sich in einem weit vorstoßenden Artikel von Eue Baussart „Ü berlegungen über eine Taktik“ in der Monatsschrift „La V i e Intellectuell e“. Ausgehend von der Verurteilung der liberalen wie der sozialistischen Doktrin durch die Päpste, fragt der Verfasser, ob diese von ihm durchaus anerkannte Verurteilung nicht auf der Ebene des politischen und sozialen Handelns von Anfang an durch eine Aufnahme der positiven Bestandteile beider Lehren hätte ergänzt werden sollen.

„Wir waren Antiliberale gewesen, wir wurden Antisozialisten und weil Antisozialisten, blieben wir lange Zeit indifferent gegenüber dem Hauptproblem unserer Zeit, das durch das Arbeiterelend aufgeworfen wurde. Und als wir es in Angriff nahmen, da geschah dies auch lange Zeit mehr mit der Sorge, die bestehende Lage zu meistern als mit der mutigen Entschlossenheit, eine Neugestaltung der Verhältnisse ins Auge zu fassen.“

Wie gegenüber dem Liberalismus, habe auch gegenüber dem Sozialismus erst unser Jahrhundert im katholischen Lager eine durch die päpstlichen Arbeiterrundschreiben eingeleitete Wandlung gebracht. Ein ähnliches Problem bestehe heute gegenüber dem Kommunismus. Trotz grundsätzlicher Ablehnung seiner Doktrin und berechtigtem Mißtrauen gegenüber seiner Taktik („ich werde nie Kommunist sein: ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Katholik es sei, ohne seinen Glauben zu verleugnen und sich von der Kirche zu trennen“) müsse man ursprünglich christliche Sozialforderungen vertreten, auch wenn diese heute von den Kommunisten übernommen worden seien. Ohne auf die Vorzüge zu verzichten, die uns Liberalismus und Sozialismus gebracht haben, und ohne Selbsterniedrigung gegenüber dem Kommunismus müsse man eine „echte wirtschaftliche und soziale Demokratie“ erstreben.

„Sie wird nicht von selbst erstehen. Es gibt Hindernisse, mächtige Hindernisse, zur Rechten wie zur Linken. Man muß sie überwinden. Das ist das Werk der Menschen, die guten Willens sind, und unter ihnen der Christen, Menschen guten Willens, wenn sie den Ruf hören, der in jeder Weihnacht wiederholt wird. An diesem Werk mitarbeiten in einem Geist det Uneigennützigkeit und mit unserer ganzen Großzügigkeit, das ist für sie die einzige Art „Ant'kommunisten“ zu sein. Die anderen, die Torheit sind, sind nidit christlich.“

Die in Kalkutta ersdieinende Monats-sdirift „The New Rewiew“ beriditet in einem Artikel „A s i e n, w o h i n“? von R. V. Rao über interasiatische Beziehung e n:

„Die Tagung der Konferenz für asiatische Beziehungen in New Delhi zeigt deutlich, daß Asien als die Wiege fast jeder Kultur eine bedeutende Rolle nicht nur in der Entwicklung der gemeinsamen Menschlichkeit, sondern auch in der von Asien selbst spielen kann...

Ein sorgfältiges Studium der Gruppen-beridite läßt erkennen, daß bemerkenswerte

Gemeinsamkeiten in den politischen und wirt-sdiaftlichen Zielen bestehen, und unter diesen Umständen müssen die asiatischen Länder in Ubereinstimmung handeln. Doch verhehlen die kleinen Länder nicht ihre Besorgnis, daß Indien und China mit ihren Bevölkerungsmassen, ihrer überlegenen Größe und ihren ökonomischen Hilfsmitteln Asien beherrschen könnten. Jedenfalls tat Gandhi gut daran, zu unterstreichen, daß Indien keine kolonialen Pläne hat und sein Bestes versuchen will, um den unterdrückten Ländern Asiens zu helfen.“

Der Artikel berichtet dann über die Vorschlage zur Bildung eines Neutralitätsblocks in Asien, wirtschaftliche Besprechungen, die Schaffung einer „S ü d-ostasiatischen Reisstelle“ der reisproduzierenden Länden von Beratungen über Industrialisierung, Kapitalinvestierung und interasiatische Wanderung.

„Es war gut, daß eine Organisation für asiatische Beziehungen errichtet wurde. Während die Organisation nicht von den Regierungen geleitet wird, werden die verschiedenen Regierungen aus ihren Beratungen Nutzen ziehen. Auch große Flüsse haben kleine Anfänge. Diese Konferenz bedeutete, kurz gesagt, das Erwachen Asiens, ja des Ostens. Nun, da Indien frei ist, kann es die führende Rolle spielen.“

Das Interesse an asiatischen Fragen zeigt sich auch in verschiedenen Artikeln der französischen Zeitschriften. In diesem Zusammenhang sei ein demnädist erscheinendes Buch des Mitglieds der „Academie Francaise“ und bekannten katholischen Schriftstellers Paul Claudel über seine Erinnepun|en aus den letzten Jahren des chinesischen Kaiserreichs erwähnt, aus dem „La Vie Intellectuelle“ und „Mercure de France“ bereits Auszüge veröffentlichten.

Der „M ercure de France“ bringt in seinen beiden letzten Nummern eine große Übersicht von Luden Maury „S k a n-dinavien und wi r“, in dem die Geschichte der französisch-skandinavischen Wechselbeziehungen und Mißverständnisse vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart vor allem auf literarischem Gebiet eingehend dargestellt wird. Nach langen Zeiten der Unkenntnis, die allein im Zeitalter der Romantik von einem stärkeren Interesse der Franzosen für die skandinavischen Völker unterbrochen worden seien, habe jetzt die skandinavische Literatur das französische Publikum erreidit, wozu neben dem ungeheuren Erfolg von Sigrid Undset auch die Absperrung von der angelsächsischen Literatur während der deutschen Besetzung beigetragen habe.

„Unsere Literatur wird mehr als je in Kopenhagen, Oslo, Stockholm, selbst in Reykiavik gefeiert... Eine Revolution vollzieht sich vor unseren Augen mit dem Triumph des Flugzeugs, der Verkürzung der Entfernung. Die skandinavischen Hauptstädte liegen nunmehr vor unseren Türen. Skandinavien, so lange im Windschatten der kontinentalen Gegnerschaf ten und Wettkämpfe, kehrt in diesem Jahrhundert zurück und ist im Herzen des europäischen Lebens plötzlidi gegenwärtig, wie es seit zwei Jahrhunderten niemals mehr gewesen war.

Ist die Ära der traditionellen Mißverständnisse geschlossen? Viele Hoffnungen scheinen berechtigt, wenn die günstigen Tendenzen über die Sorgen und Nöte der Zeit triumphie ren.“

Die „Frankfurter Hefte“ bringen einen Vortrag, den der bekannte Tübinger Universitätsprofessor Romano Guardini vor Ärzten über das durch die unermeßliche Not der Gegenwart wieder in die Diskussion geschobene Thema der „s o-zialen Indikation“ gehalten hat, das heißt über die Frage, ob eine Tötung des werdenden Lebens erlaubt sei, w::in durch dieses Leben nicht nur das Kind selbst, sondern auch die Familie in tiefste Not gebracht wird. Gerade der Arzt, der „das Recht des kranken Mensdien gegenüber der Brutalität des gesunden“ vertritt, müsse auch „das Recht des werdenden Menschen gegen die Blindheit mentchUdier Selbstsudit, auch jener, die aus der Not kommt“, vertreten.

„Probleme, wie die von uns erwogenen, müssen auf das Ganze und die Dauer des Daseins von Familie und Volk hin gesehen werden, sonst ist es Flickarbeit. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß eine Denkweise und Praxis, welche die .soziale Indikation' bejaht, die Kräfte des Charakters wie die Initiative des Lebens lähmt. Sind hingegen die Eltern überzeugt, daß jedes Menschenleben vom Beginn seines Werdens an unter dem sittlichen Gesetz steht, welches die Tötung verbietet, dann wird diese Überzeugung sie gewissenhafter, opferbereiter und tatkräftiger machen. Darin liegt, im ganzen und auf die Dauer, das heißt aber, wirklich sozial gesehen, die Hilfe, auf die es vor allem ankommt.

Doch darf zum Sdiluß ein Letztes nidit ungesagt bleiben. Wer die soziale Indikation vertritt, erklärt damit folgendes: Mandie Menschen haben so wenig Nahrung, Wohnraum und Lebensmöglichkeiten, daß ein im Werden begriffenes Menschwesen getötet werden muß, damit das Maß für die bereits Lebenden nicht nodi enger werde. Das heißt aber, daß die wirtschaftlich soziale Ordnung von Grund auf gestört ist.

Bevor der Staat, um die Not dieser Unordnung zu verringern, zum Mittel des Tötens greift, bevor er Mütter ermutigt, die Tötung des in ihrem Schöße werdenden Kindes zu verlangen oder doch zu gestatten, sollte er prüfen mit dem ganzen Ernst des Gewissens prüfen —, ob er alles, wirklich alles getan hat, was möglich ist, um die Ordnung herzustellen. Dann wird er ohne jeden Zweifel zum Ergebnis kommen: Wenn er will — wirklich will —, dann braucht nicht getötet zu werden, damit gelebt werden könne. Es braucht nur gehandelt und geopfert zu werden.“

In der „C i v i 11 ä C a 11 o 1 i c a“ setzt sich A. B r u c c u 1 e r i S. J. mit einem Buch von M. Dipiero „Kritische Geschichte der italienischen Parteien“ auseinander und bringt Beiträge ur Frühgeschichte des italienischen Parteiwesens, so das Urteil von Karl Marx über die italienischen Anhänger der Internationale.

„Eine Bande von Entwurzelten der Abschaum der Bourgeoisie. Alle sogenannten Sektionen der Internationale in Italien werden geleitet von Advokaten ohne Klienten, von Ärzten ohne Kranken, von studentischen Stammgästen des Billardspiels, von Reisenden und Handlungsgehilfen und vor allem von Journalisten der Winkelpresse von mehr oder weniger zweifelhaftem Ruf . . ., heruntergekommene Bourgeois, die in der Internationale nur eine Karriere und einen Ausweg für sich selbst sehen.“

Erst im letzten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts sei auch in Italien mit der Gründung der „Partei der italienischen Arbeiter“ eine sozialistische Arbeiterbewegung erwachsen. Dieselben Jahre sahen auch mit dem von Prof. Toniolo im Geiste Leos XIII. 1894 geschaffenen Sozialprogramm die Anfänge einer katholischen sozialen Bewegung in Italien. Zum Beweis dafür, daß hier eine echte soziale Volksaktion und nicht nur eine patriarchalische Sozialfürsorge erstrebt wurde, zitiert Brucculeri aus diesem Programm:

„Doch die dauerhafteste Garantie des (sozialen) Wiederaufbaues sehen die Katholiken in der Errichtung beruflicher Unionen in der Stadt- wie in der, Landbevölkerung, wo die Großen wie die Kleinen in besonderen Gremien die Übereinstimmung ihrer Interessen und Wünsche für alles finden sollen, was die gemeinsamen Ziele des bürgerlichen Lebens angeht . . . Doch wenn die oberen Klassen der Besitzenden und Kapitalisten sich weigern, in gemischte Genossenschaften einzutreten, in diesem Falle . . .-sollen sich die Arbeiter in beruflichen Unionen vereinigen, die ausschließlich die Arbeiterschaft umfassen, und sollen auf dem Wege eines legalen Widerstandes an die Gewinnung der ihnen zustehenden Rechte schreiten.“

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