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Alec Guiness — oder: Chapliniade aus England

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Neben brüchigen, irgendwie nach Verwesung riechenden Gesellschaftsdramen hat der englische Film in den letzten Jahren eine sehr erfreuliche Art von satirischen „Lustspieleu mit Hintergrund“ herausgebildet, deren moderner Märchenstil, aber auch deren kritische Note deutlich an die klassische „Weimarer Epoche“ des jüngeren Chaplin erinnern. Man hat dort neuerdings in Alec Guiness den richtigen Charlie dafür, zwar ohne sichtbare äußere Zugaben, aber mit ganz dem nämlichen erschrockenen, hilflosen, verwunderten und barmherzigen Blick in die Welt wie seinerzeit des Schöpfers des „Cid“, „Goldrausch“ und „Zirkus“. Auch der resignierte Schluß des neuen großartigen Films „Der Mann im weißen Anzug“ ist ein echtes Charlie-Ending: Der Erfinder einer angeblich unzerreißbaren, unbeschmutzbaren neuen Faser scheitert am Aufstand sowohl der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer (dem sich überflüssigerweise noch der technisch-erfinderische Bankerott der Idee anhängt) und verschwindet perspektivisch in dem jammervollen Kosmos, treu gefolgt nur von einer dämonisch-heiteren Glucks-Melodie, die auch sonst die überwältigend komischen Zwischenfälle seiner White-Suit-Epoche kontrapunktisch begleitet hat.

Das Schönste an dem sehr gekonnten finnischen Film „Olympiade Helsinki“ ist die Enthüllung der menschlichen Seite des Sports. Man sieht Keuchende, Verzerrte, Gebrochene, Jubelnde — und Weinende; ehrlich und hemmungslos weinende Männer. Hier ahnt man, was im Film überhaupt noch steckt, was er hinter der dürren Fassade der äußeren Erscheinung noch zu entdecken hat.

Eine stille und besinnliche Muttertagsfeier gab der amerikanische Film mit Jane Wyman und Charles Laujhton „Das Herz einer M t e r“. Nicht ganz frei von Ueberlarmoyanz läßt er doch in sehr mütterlich-weiser Art die Tragödie der kinderlosen Kinderfrau ahnen.

Auf ihre Weise feierte dieses Fest jene Filmnation, die uns erst kürzlich die gotthasserische falsche Romanze „Sie tanzte nur einen Sommer“ beschert hat: „Gef ahrea der Liebt“ (schwedisch) gibt in der Rahmenhandlung vor, für reine Ehe und Mutterschaft zu werben. Man erreicht das wohl am raschesten und gründlichsten durch (in einem eingeschobenen Lehrfilm ausdrücklich angepriesene) bestimmte Mittel zur Empfängnisverhütung? Leitaufsatz und Inserat erscheinen doch wohl nirgends auf der Erde auf derselben Seite, auch nicht in marxistischen Gewerkschaftsblättern. Oder? Roman Herle

Von fünf französischen Kulturfilmen, die durch das Institut Francais im Kosmos-Theater gezeigt wurden, verdienen die (auch in Venedig und ia Cannes vorgeführten) „Images pour De-bussy“,und „Miserere de Rouault“ nach der strengen Musik Josquin Despres hohes Lob. Im ersten gelingt es. mit Hilfe von Naturszenerien und optischen Eindrücken, vor allem durch Wasserspiegelungen, ein filmisches Aequivalent für einige der bekanntesten Debussyschen Klavierkompositionen zu schaffen. Im „Miserere“ werden einzelne Blätter und Ausschnitte aus einem graphischen Werk, das der bekannte französische Künstler in zehnjähriger Arbeit, vor allem während des Krieges geschaffen hat, zu einer Bildfolge von eindringlicher und ergreifender Wirkung aneinandergereiht. Der Farbfilm „Carnet de plongees“ schließlich fesselt besonders in seinem ersten Tei! durch das Sujet: die Hebung der Kunstschätze aus einer auf dem Meeresboden vor Mahdia liegenden altgriechischen Galeere. H. F.

Filmscha '(Gutachten der Katholische Filmkommission für Oesterreich) Nr. 19/111 vom 13. Mai 1953: II (für alle zulässig): „Olympiade Helsinki“; III (für Erwachsene und reifere Jugend): „Das Herz einer Mutter“, „Gefangene des Grauens“, „Die Sterne blicken herab“; IV a (für Erwachsene mit Vorbehalt): „Das Erbe von Monte Christo“; JV b (für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Die Diebin von Bagdad.“

Bangha und Tihamer Töth war er der vierte große priesterliche Erzieher der Nation in diesem Jahrhundert.

In manchen nahe der Grenze gelegenen Ortschaften der Tschechoslowakei wurden die Kirchen „infolge der Maul- und Klauenseuche des Viehs“ geschlossen. Es ist merkwürdig — wie aus den Kirchenschließungen wahrzunehmen ist —, wie sich diese Epidemie verbreitet. Im westböhmischen Kreise Taus wurden die Kirchen aus demselben Grunde geschlossen, aber ungeachtet dessen wurde in fraglicher Zeit die Einlieferung des Viehs aus den Dörfern in gemeinschaftliche Stallungen der Kolchoswirtschaften fortgesetzt, und auch in den Schulen wurde wie gewöhnlich unterrichtet. In den südböhmischen Städten T a b o r und S o b i e-s 1 a w wurden die Kirchen auf einige Wochen geschlossen. Begründung: „Infolge starker Fröste, die die historischen Dankwürdigkeiten unserer Kirche schädigen, hat das Denkmalschutzamt die vorübergehende Schließung unserer Kirche verfügt.“

In letzter Zeit gewinnt es immer mehr den Anschein, als ob man Bulgarien allmählich darauf vorbereitete, als erste von allen Volksdemokratien direkt an die Sowjetunion angeschlossen zu werden. Kürzlich erst hat Bulgariens Ministerpräsident, Walko Tscherwenkoff, einen weiteren Schritt in dieser Richtung unternommen, indem er an die ganze Nation appellierte, sie möge eine „große Volksbewegung für das Studium der russischen Sprache“ ins Leben rufen. So wurden am 1. Oktober 1952 mit dem Beginn des neuen Schuljahres neben den vielen, schon seit 1945 bestehenden „Studienzirkeln“ tausende neue Volkskurse für Russisch eingeführt. In Zukunft wird die Kenntnis der russischen Sprache in ganz Bulgarien obligatorisch sein, und tatsächlich lernt schon jetzt die überwältigende Mehrheit aller Schüler und Studenten fleißig. Innerhalb weniger Jahre — und dies herbeizuführen ist das wirkliche Ziel der ganzen Sprachbewegung — wird in Bulgarien, so wie heute in Georgien, Armenien, Turkmenien und anderen Sowjetrepubliken, das Russische die zweite Amtsund Schulsprache sein. Es soll wohl auch nicht mehr lange dauern, bis die bulgarischen Streitkräfte formell der Roten Armee eingegliedert werden, warum wäre es sonst so wichtig, daß die bulgarischen Soldaten die sowjetischen Kommandos verstehen lernen?

Wie ein „Bulletin“ des „Secretariat Permanent“ der „Union de la Presse Catholique“ meldet, wird die Gründung einer katholischen Tageszeitung für den Bereich Baden-Württemberg durch die kirchlichen Autoritäten angekündigt. Das Blatt wird in zwei Ausgaben erscheinen (eine für Baden, eine für Württemberg). Diese Gründung verdient um so mehr Beachtung, als Deutschland seit 1933 keine katholische Tageszeitung besitzt.

Inge Scholl hat sich, auch im Namen der anderen Hinterbliebenen der Münchner Widerstandskämpfer, gegen eine Verfilmung des Schicksals der Geschwister Scholl und ihrer Freunde gewandt. Inge Scholl erklärte, daß sie alle rechtlichen und moralischen Mittel aufbieten werde, um den von der CCC-Film geplanten „G e s c h w i s t e r - S c h o 11 - F i 1 m“ zu verhindern.

Die Errichtung eines Lehrstuhles für Niedersächsisch wurde erneut von der „Allgemeinen Twenter Vereinigung“ in Holland gefordert. Gegenüber der früheren Ablehnung eines solchen Antrages durch die Universität Groningen, die mit mangelndem Interesse begründet wurde, erklärt die Vereinigung, ein Lehrstuhl für Niedersächsisch würde der alten niedersächsischen Kultur innerhalb der holländischen Landesgrenzen mehr Rückgrat geben.Nachdem ein Frankfurter Richter einen jungen, durch die Lektüre Von Schundromanen verführten Gesetzesbrecher zu dem Besuch von wertvollen Theatervorstellungen verurteilt hat, wird ans Amerika ein ähnliches „psychologisches“ Urteil bekannt: Betsy hatte in einem New-Yorker Warenhaus ein paar Nylonstrümpfe gestohlen. Das Jugendgericht verurteilte sie dazu, ein ganzes Jahr mit schwarzen Wollstrümpfen herumzulaufen. Jeden zweiten Tag meidet sich Betsy seitdem bei ihrer Polizejdienststelle, um ich den Strafvollzug bestätigen zu lassen.

Die norwegische Zeitung „Verdens Gang“ berichtet, daß in Oslo in aller Stille eine estnische Exilregierung gebildet wurde, deren Mitglieder in den skandinavischen Ländern wohnen. Ais Sitz der Exilregierung ist Stockholm vorgesehen. Die In-iative ging von dem Vorsitzenden des estnischen Nationalrates, dem früheren Außenminister Rei, aus. Zum Außenminister der Exilregierung wurde Alexander Warman gewählt, der bis 1943 als estnischer Gesandter in Helsinki tätig war. *

„Die begnadete Angst“ von Georges JJernanos (Dialogue des Carmelites) erreichte im Theatre Hebertöt die 300. Aufführung. Das Stück wird derzeit in Rom, Turin und Deutschland gespielt und in Antwerpen, Madrid, Stockholm, Oslo, Helsinki und Buenos Aires einstudiert.

Eine große Bodenreformbewegung strebt in den verschiedenen Teilen der Welt darnach, den Bodenbesitz in die Hand desjenigen zu bringen, der ihn bearbeitet, und so sozial gerechte und stabile Verhältnisse zu schaffen. Ihre Erfolge sind beträchtlich. In den USA befinden sich heute 75 v. H. aller Farmen in Familienbesitz, während es vor 20 Jahren nur 58 v. H. waren. In Uttar Pradesh, dem dicht-test bevölkerten indischen Staat, wurden am 1. Jaii 1952 24 Millionen Hektar Boden neu verteilt. Die Großgrundbesitzer, denen dieser Grundbesitz bisher gehörte, werden entschädigt. In Italien wurden Tausende von Hektar seit Generationen in Kalabrien brachliegenden Landes durch moderne Methoden in Weideflächen umgewandelt, Berghänge durch Terrassierung zur Besiedlung urbar gemacht. Bekannt ist die große erfolgreiche Landreform in Japan: der Prozentsatz der ländlosen Pächter konnte von zwei Drittel auf weniger als ein Drittel gesenkt werden. In der Türkei wurden eine halbe Million Hektar an Einzelbauern übertragen, alle Grundstücke über 500 Hektar wurden gegen Entschädigung aufgeteilt, darunter auch bedeutende staatliche Latifundien. Im Irak wurden auf neuen, künstlich bewässerten Böden 1200 Familien angesiedelt. Die im Zuge befindliche ägyptische Bodenreform übertrifft alle anderen, gleichgerichteten Bestrebungen im Nahen Osten bei weitem an Ausmaß und Auswirkung.

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