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Digital In Arbeit

Von der Schönheit im Ding und Werk

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Ein gedankenloses Urteil verdammt die Technik nicht selten zur Feindin der Schönheit undl schafft damit Gefahr, eine hohe Aufgabe des Menschen aufzuheben: aus Zeit und Umwelt die Schönheit immer neu zu entdecken. Dabei ist dem Menschen gerade zu dieser Aufgabe seit geraumer Zeit mit dem Film eine wertvolle Waffe in die Hand gegeben worden. Der Film hat denfMenschen tiefer, ja manchmal geradezu auf neue Art sehen gelehrt. Großaufnahme und Teleobjektiv haben verborgene Details aus dem Dunkel geholt, Zeitlupe und Zeitraffer die Bewegung sinnvoll erscheinen lassen. Neuerdings bat die „dritte Dimension” des Films, die Farbigkeit, an Mensch und Ding bisher unbekannte oder nur flüchtig bemerkte Schönheiten entdeckt.

Eine populäre Einrichtung des Wiener Technischen Museums, die regelmäßigen Tonfilmvorführungen und Lichtbildvorträge an Sonntag- und Feiertagvormittagen, gab kürzlich Gelegenheit, Spitzenleistungen des englischen technischen Kulturfilms in Techni- colorfürben zu sehen. „Colo r”, ein Schmalfilm, entwickelt aus einer Physik und Ästhetik der Farbe ihre praktische Nutzanwendung in der Technik des Industrie- (Textil-) Färbens. „Stählerne Zähne” entdeckt in der Arbeit modernster Kranriesen eine Schönheit und Dynamik der Bewegung, die dem Auge bisher fremd gewesen ist. Am großartigsten wirkt der Film „S t a h 1”. Er gibt mehr als farbenspielerische Kontraste, er dringt bis zu den Wurzeln modernen Lebensgefühls vor, der Beherrschung der Materie, dem Verhältnis des Menschen zu Ding und Tagwerk, dem Sinn von Arbeit und Beruf. In den ruhigen, konzentrierten, stumm befehlenden Gesten eines Meisters (eindrucksvolle Großaufnahmen des Gesichtes und der Hände), der die empfindlichen Phasen des Gießens und Formens lenkt, wird das Königliche, der Adel der Arbeit sichtbar. Mit „freiem” Auge sieht der Mensch es zuweilen anders.

„Stahl” ist neben dem kürzlich aufgeführten russischen Tierfilm „Auf Wildspur” der beste Kulturfilm, den wir nach dem Kriege gesehen haben. In solchen Dokumenten volkstümlicher Wissenschaft ist mehr Wert als in tausend „Dramen” kümmerlicher Autorenphantasie.

Zwar ragt in diesen Tagen aus der formlosen Masse zahlloser Neuaufführungen ein amerikanisdier Film von Haltung und Profil: „D ie Glocken von St. Marte n”. Sein Buch, die Sorgen und Freuden einer geistlichen Schwester und des Seelsorgers einer Klosterschule, bedurfte einer Spielführung mit Fingerspitzengefühl und einer bedachten Auswägung von Substanz und Wirkung. Eine sehr freizügige sportliche Szene zwischen Oberin und Schüler mag nur drüben möglich sein, darf aber durch seine warme Fröhlichkeit auch in unseren Zonen auf verständnisvolle Aufnahme rechnen. Das gleiche gilt für die bezwingende Kindlichkeit eines Krippenspieds. So ist das Endergebnis in manchem spezifisch amerikanisch, nirgends aber so, daß. es unseren Geschmack verletzt. Der Film strahlt vielmehr eine innere Heiterkeit aus, die mit dem Lebensernst und Aufgabenbereich katholischer Grundhaltung wohl vereinbar ist. Ja, er wächst gerade darin über einen glücklichen Einzelfall zu prinzipieller Bedeutung hinaus und rührt an ein Problem von brennender Aktualität: das Laienapostolat des Films in unseren Tagen.

Von den heiteren Filmen der Woche hat der österreichische, „DerHerr Kanzlei- r a t”, den zündendsten Witz, „Ein Mann gehört ins Haus” die schönste Kulisse, österreichisches Alpenland. Vom Charme zweier Weltstars lebt die amerikanische Komödie „Anui braucht einen Gatte n”.

Von da ab geht es Stufe für Stufe abwärts. „M ondscheinsonate” ist ein unglücklicher Musikfilm (französisch), „Der schwarze Geiger” (schweizerisch) eine tödlich langweilige neuerliche Gottfried- Keller-Verfilmung. „G i 1 d a” verkörpert den üblen Typus amerikanischer Sensationen aus Unterwelt und Halbwelt.

Mit „Zyankali” schließlich biegt der österreichische Film in ein gefährliches Fahrwasser, das neuerdings schwer diskreditierte . Genre des Kriminalfilms. Der bedenklichen Fabel entspricht die blutig laienhafte Inszenierung. Doch enthebt das eisige Schweigen des Premierenpublikums den Kritiker weiterer Strapazen.

Anders liegt der Fall bei dem amerikanischen Film „Die Wendeltrepp e”. Dieser Film überbietet das Schlimmste, was aus Amerika, England und Frankreich in den letzten Monaten an Kriminalsensationen in den Wiener Spielplan gepreßt wurde. Er tarnt sich nicht klinisch und psychologisch, sondern bietet mit zynischer Brutalität die Sensation um der Sensation willen: die Morde eines geachteten Mannes der Gesellschaft an bestimmten (körperlich gebrechlichen) Frauen. Alles üble Requisit des „Metiers” (Ton und Bild, Schreie und schwarzbehandschuhte Hände) wird zur „Verdichtung der Atmosphäre” herangezogen. Es ist unfaßbar, wie solche Filme in einer zivilisierten Welt entstehen. Ungeheuerlich aber ist es, ein Land von Kultur dazu zu zwingen, sie seiner Bevölkerung am laufenden Band zu zeigen.

Dorf wenigstens im 9. und 10. Jahrhundert bestanden. Der Direktor des Schaffhausener Museums urteilt im Luzerner „Vaterland’’, dieser Fund einer der ersten karolingischen Bauernsiedlungen in der Schweiz eröffne für die gesamte mittelalterliche Archäologie neue Perspektiven. Auf Grund der in Osterfingen noch herauszuarbeitenden Dorfanlage dürfte es nunmehr möglich sein, auch andernorts solche Wohnstätten zu erkennen.

In der Schweiz fand eine fünftägige interkonfessionelle Konferenz über die Ansiedlung von Flüchtlingen aus Intelligenzkreisen statt, bei der ein Mitglied des vatikanischen Auswanderungsbüros bekanntgab, daß der Vatikan einen Vertreter nach Südamerika geschickt habe, mit dem Auftrag, dort Ausschüsse ins Leben zu rufen, die den Ein- wanderungsstrora auffangen und den Flüchtlingen bei der Niederlassung behilflich sein sollen.

Nach neuesten Statistiken wohnen in der Ostzone Deutschlands 3,3 Millionen Katholiken; für diese sind nur 1324 Geistliche, davon etwa 500 Flüchtlingspriester, eingesetzt. Auf einen Seelsorger treffen also durchschnittlich 2500 weit auseinander wohnende Gläubige ohne Kirchen und Schulen.

In Prag haben 21.000 Deutsche oder solche, die sich während cfer Protektoratszeit als Deutsche ausgaben, um die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft angesucht. 6000 Gesuche wurden abgelehnt, 2500 genehmigt. Der Verband der Partisanen, die den Sicherheitsreferenten der Hauptstadt Prag stellen, hat vorgeschlagen, die etwa 8000 in Prag wohnenden Deutschen bis zum Sokolkongreß aus Prag auszusiedeln und die Tschechen, die für sie intervenierten, zu zwingen, sie in ihre Wohnungen aufzunehmen. Eine neuerliche Überprüfung der Staatsbürgerschaftsverleihungen würde sicherlich zur Freimachung weiterer tausender Wohnungen führen.

Über Ungarn führt die kommunistische Presse eine derart leidenschaftliche Sprache und wirft so schwere Anklagen gegen Kardinal- Primas Mindszenty in die Öffentlichkeit, daß hier das bekannte Vorspiel zur Gewalt eröffnet erscheint. Die Beschuldigungen gegen den Kardinal, die in krassem Widerspruch zu den Tatsachen stehen, behaupten, nie habe er gegen die Judenverfolgungen und Massenhinrichtungen während der Deutschenherrschaft und des Horthy-Regimes Stellung genommen; dafür habe er nach der Befreiung Ungarns die Kanzel zur Tribüne für Verleumdungen des neuen Systems und seiner sozialen Reformen gegen das ungarische Volk und seine Republik gemacht. Selbst große Teile des Klerus seien bereits gegen ihn und in demonstrativem Widerspruch gegen die Anordnungen des Kardinals habe der Erzbischof Grosz von Kalosz zur Revolutionsfeier einen Festgottesdienst zelebriert.

„Auf dem Wege nach Damaskus” heißt ein Kurzfilm der römischen „Universalia”- Filmgesellschaft, der an Hand der römischen Plastiken und Bildwerke die Wandlung des Christushassers Saulus zum Völkerapostel Paulus darstellen soll. Einblicke in das Leben eines christ- Echen Ordens vermittelt der Kulturfilm: „Die Abtei Grotcaferrata.” Er schildert die Verdienste der durch ihre tausend griechischen Handschriften weltbekannten Basilianerabtei- bei Frascati um die Pflege des Buches. Das größte Filmprojekt, mit dessen Verwirklichung die „Universalia” begonnen hat, ist die Verfilmung von Kardinal Wisemans Roman: „Fabiola”,

Die fortschreitende Lösung des Katholizismus von der Staatsgewalt in Spanien igt sich nach einem Bericht im „Luxemburger Wort” auch darin, daß sämtliche Erzbischöfe Spaniens sich geweigert haben, „sich für irgendwelche politische Zwecke herzugeben”. Zahlreiche Laien bemühen sich, der Kirche die vollständige Freiheit dem Staate gegenüber zu sichern. In den Statuten der Katholischen Aktion wird gefordert, daß keiner der führenden Männer der Katholischen Aktion zugleich ein politisches Amt innehabe.

„Bibliobus” werden die fahrenden Leihbibliotheken bezeichnet, die mit Autos die französische Provinzbevölkerung mit Lesestoff versorgen. Zu Beginn dieses Jahres wurden von 8103 Gemeinden nicht weniger als 3200 regelmäßig mit Büchern beliefert. Über zwei Millionen Leser in der Provinz, denen früher keine Leihbibliothek zur Verfügung stand, haben nun dank dieser neuen Einrichtung Ge. legenheit, kostenlos ihren Lesedurst zu be. friedigen. Der mitfahrende Bibliothekar vermag durch geeignete Beratung die Lesefreudigkeit der Bevölkerung zu steigern, wie vielfach beobachtet werden konnte.

Für die erste Vollversammlung des Dkume. nischen Rates der evangelischen Kirchen in Amsterdam vom 22. August bis 4. September 1948 wird eine Bücherschau mit allen wichtigen Erscheinungen der ökume. nischen Literatur veranstaltet und zugleich sollen religiöse Filme und Lichtbilder den Besuchern vorgeführt werden.

In Holland sind etwa 25.000 Soldaten der ehemaligen deutschen Wehrmacht gefallen. Sie sollen nun auf einer weiträumigen Friedhofsanlage bei Ysselstein in würdiger Weise bestattet werden. Man will den Gefallenenfriedhof zu einem Schmuckstück holländischer Anlagen- und Gartenb au k u n s t gestalten und dadurch die Ehrfurcht vor dem Lebensopfer der Gefallenen und die Anteilnahme an der Trauer der Hinterbliebenen zum dauernden Ausdruck bringen.

Die englische Universität Sheffield hat auf Verlangen des britischen Außenamtes einen Sonderkurs für deutsche Kriegsgefangene eingerichtet. Die Lehrfächer, die von den Kriegsgefangenen selbst gewählt wurden, umfassen Geschichte, Literatur, Jura, Naturwissenschaften, Theologie und Musik. An den Universitäten Cambridge und Aberdeen werden ähnliche Kurse abgehalten.

Nach dem kommunistischen Blatt „Glos Lidu” fNr. 22) werden in Polen in Zukunft in allen amtlichen Dokumenten und Vordrucken die Angaben über „Konfession” weggelassen.

In dem „Church World Service” haben sich in Amerika die Körperschaften der katholischen Kirche, die evangelischen Kirchen und die israelitische Religionsgemeinschaft wi- samimengeschlossen, um den Flüchtlingen und Vertriebenen nach Möglichkeit zu helfen. Dieser interkonfessionelle Ausschuß will das Arbeitsprogramm der beteiligten Gruppen koordinieren und für eine stärkere Einwanderung aus Europa die Vorarbeiten leisten, die einsetzen dürfte, falls der Kongreß den vorgeschlagenen Notgesetzen zuetimmit. Das neue Komitee wird einstimmig von den beteiligten Gruppen als das wirkamste Werkzeug eines .umfassenden Hilfswerkes bezeichnet, das von den verschiedenen Bekenntnissen gemeinsam benutzt wird.

Wie die ausländische Presse ‘berichtet, hat das japanische Kaiserhaus zum erstenmal in der Geschichte unlängst Einrichtungen katholischer Missionen besucht. Es handelt sich um eine Niederlassung der Pariser Missionsgesellschaft in Tokio, die seit 38 Jahren dort tätig ist, Spitäler und TuberkuJosenheime sowie eine Schule für aussätzige Kinder unterhält und besonders während des Krieges sehr segensreich gewirkt hat. Ihr Vorstand, Pater Fleaujacques, begrüßte den Kaiser in japanischer Sprache. Nach Beendigung des Besuches pflanzte das Kaiserpaar zwei Bäume zur Erinnerung im Garten des Missionshauses. Im Anschlüsse daran wurde auch die Niederlassung der Herz- Jesu-Schwestem besichtigt.

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