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Notizen

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Papst Pius XII. nahm völlig überraschend am Sonntag Morgen auf der ersten Audienz nach seiner überwundenen schweren Krankheit vor belgischen Professoren und Studenten des Europakollegs Brügge in einer programmatischen Ansprache zur Vereinigung Europas in politischer, wirtschaftlicher und geistiger Hinsicht Stellung. „Wir fürchten, daß Europa ohne den christlichen Glauben nicht die innere Kraft besitzen wird, um gegenüber den Gegnern nicht nur die Integrität seiner eigenen Ideale, sondern auch die territoriale und materielle Unabhängigkeit zu bewahren“, sagte der Papst, der einen äußerst frischen Eindruck machte. Er gab in französischer Sprache eine Analyse der Gefahren und Widerstände der Vereinigung Europas und schloß mit der eindringlichen Mahnung, die europäische Einigung nicht so sehr aus nasiums — der Beschlagnahme durch die Gauleitung der NSDAP Niederdonau folgte sinnigerweise 1945 die Einquartierung der KPOe — wieder frei. Es ist zu hoffen, daß dem Wunsche der Eltern, wie den Bestrebungen, der die gute Tradition dieser Anstalt bewußt pflegenden Direktion, das unfreiwillige „Exil“ zu beenden und den Unterricht wieder im alten Stammhaus aufzunehmen, Erfolge beschieden ist

Die Zeitschrift der freien Studenten Berlins „Colloquium“ verleiht alljährlich als Preise die „Kinderschuhe der Demokratie“ für diejenigen Parlamentarier, die sich im abgelaufenen Jahr am wenigsten gewählt ausgedrückt haben. In diesem Jahr fiel der Preis auf Bundesjustizminister Dehler (FDP) und Bundestagsdem Bewußtsein zu gestalten, daß von außen kommende Gefahren abgewehrt werden müßten. Positive Elemente sollten vielmehr in den Mittelpunkt aller Erwägungen gestellt werden. Diese positiven Elemente könnten im wirtschaftlichen und politischen Bereich liegen.

Der Papst erinnerte daran, daß das Christentum die Seele der europäischen Völker gebildet und in ihnen den entscheidenden Begriff vom freien Menschen geweckt habe, jenes Menschen, der absolutes Subjekt des Rechtes und vor Gott nicht nur verantwortlich für sein eigenes, sondern auch für das Schicksal der Gesellschaft sei. Hierin lägen die Wurzeln der gegenseitigen Achtung, der Sinn der unveräußerlichen Eigenwürde und der Notwendigkeit gegenseitiger Hilfe zur Rettung und Förderung jener Güter, die aller Reichtum der Erde nicht bezahlen könne.

Durch das Fehlen einer Standesvertretung haben bekanntlich Oesterreichs Akademiker einen sozialen Tiefstand erreicht, wie er in der ganzen Welt ohne Beispiel dasteht. Der manuellen Arbeiterschaft ist es gelungen, durch schlagkräftige Organisationen einen gewaltigen und durchaus gerechten Aufstieg aus der proletarischen Verarmung zu nehmen; demgegenüber steht das Absinken eines Großteils der österreichischen Akademikerschaft in ähnliche Verhältnisse, wie sie überall sonst bereits der Vergangenheit angehören. In dem eben konstituierten „Oesterreichischen Aka-demikerbun d“ (Wien IV, Stalinplatz 11) haben sich deshalb Repräsentanten aller akademischen Berufe zusammengefunden, um den Gedanken der so dringend notwendigen starken Interessenvertretung zu realisieren. Die Mitglieder des Bundes sind ausschließlich Vollakademiker beider Geschlechter, die keiner politischen Parteizugehörigkeit verpflichtet sind. Vertretung aller akademischen Standesinteressen in der Form einer gewerkschaftlichen Organisation ohne hypertrophe Verwaltung, Eintreten für die Freiheit und Förderung der Forschung, Wissenschaft und Lehre, für Besserstellung in den unselbständigen Berufen, umfassende Betreuung der studierenden Hochschuljugend, Verwirklichung der Entniveliierung, Wiederherstellung der entsprechenden Bewertung geistiger Arbeit, des Ansehens und der erworbenen Würde der akademischen Berufe, das sind die vordringlichsten Aufgaben des Bundes.

Durch die Uebersiedlung des Zentralkomitees der Kommunistischer. Partei Oesterreichs in den russisch besetzten Sektor der Bundeshauptstadt wird überraschend das seit fünfzehn Jahren seinen Aufgaben entfrer dete Gebäude des Wasagymabgeordneten Greve (SPD), die in einer hitzigen Auseinandersetzung ihrem Temperament mehr Freiheit gewährten, als nach der Meinung des „Collo-quiums“ für das Ansehen der jetzigen deutschen Demokratie gut sei.

Holland gilt im Ausland als eine protestantische Nation. Diese Anschauung entspricht schon lange nicht mehr den Tatsachen. Nach der Proklamierung der Religionsfreiheit im Jahre 1848 konnte sich auch der Katholizismus frei entfalten, so daß

am 4. März 185 3, also vor hundert Jahren, die seit dem Sieg der Reformation verlorene kirchliche Hierarchie wieder errichtet wurde. Sie umfaßte das Erzbistum Utrecht jnd die vier Suffraganbistümer: Haarlem, Breda, 's Hertogenbosch und Roermond. Die diesbezügliche päpstliche Breve war zwar vom 4. März datiert, traf jedoch in der endgültigen Fassung erst zwei Wochen später in Holland ein, weil Pius IX. noch im letzten Augenblick einen für den Kalvinismus allzu harten Ausdruck des Kardinals Lambruschini in der ersten Fassung abgeschwächt hatte. Seit diesem denkwürdigen Tag hat sich der Katholizismus in Holland wieder breit entwickelt und den Protestantismus tatsächlich überflügelt. Es setzte eine katholische Emanzipation ein, die zum Beispiel in der heißumstrittenen Schulfrage endlich einen völligen Sieg davontrug, und zwar durch die gleichberechtigte staatliche Subventionierung der konfessionellen Schule (1920). Hollands Katholizismus, der von den letzten Päpsten wiederholt gelobt wurde, ist die glückliche Verbindung eines tiefen opferwilligen Glaubens mit einer planvollen Organisation. Der erste Faktor war die Frucht einer jahrhundertealten Unterdrückung, der zweite das Resultat eines selbstbewußten Verantwortlichkeitsgefühls, das gerade durch die wieder errichtete Hierarchie einen starken Auftrieb erhielt. Die holländische Kirchengeschichte der letzten hundert Jahre ist reich an großen Erfolgen auf religiösem, sozialem, politischem und erzieherischem Gebiete. Höhepunkte in dieser Entwicklung sind u. a. die Lösung der Schulfrage, ein hochentwickeltes Pressewesen, ein eigener katholischer Rundfunk, die „Katholische Volkspartei“, die im Parlament die stärkste ist, zwei eigene Hochschulen: die Universität Nijmegen und die Handelshochschule in Tilburg, ein guter Priesternachwuchs und sehr viele Orden und Kongregationen, von denen die meisten in den Missionen tätig sind. Aber auch in Holland sind einige fühlbare Lücken offen geblieben, zum Beispiel die Landflucht und dadurch die beginnende Ent-christianisierung des flachen Landes. Trotzdem kann dieser März als der stolze Abschluß einer bedeutenden Entwicklung betrachtet werden.

Zwischen Bätaszek und Mohlcs wurde in Ungarn der Bau einer eingeleisigen breitspurigen Bahnlinie beendet. Die Linie wurde von Bäta über Dunaszekcsö bis Mohäcs geführt und hat so direkte Verbindung mit der Hauptlinie zwischen Pees und Budapest. Die breitspurigen Bahngeleise werden im allgemeinen zuerst ohne östliche Verbindung im Inneren des Landes niedergelegt und erst später mit den stark vorgeschobenen ' östlichen breitspurigen Bahngeleisen verbunden.

Der italienische General und Nordpolflieger Umberto Nobile erklärte, wie „II Giornale d'Italia“ meldet, er wolle aus der Kommunistischen Partei ausscheiden, um wieder den Weg zur katholischen Kirche zurückzufinden. Der 76jährige vollbrachte gemeinsam mit Amundsen 1926 die erste Ueberquerung des Nordpols in einem Luftschiff. 1946 wurde er in das italienische Parlament als kommunistischer Abgeordneter gewählt

Seit Jahrhunderten bewahrt die Westminster-Abtei in London in einem Kellergewölbe ein halbes Dutzend kurioser lebensgroßer puppenartiger Figuren auf. Sie sind teils aus Holz geschnitzt, zum Teil aus einem gipsartigen Mörtel geformt und innen mit Heu und Stroh und alten Fetzen ausgestopft, seltsame altertümliche Popanze und Kinderschreck-Effigien. Man wußte, wer die Herrschaften waren oder vielmehr, wen sie vorstellen sollten: zwei englische Könige und drei Königinnen. Doch daß diese Puppen auch nur die entfernteste Aehnlichkeit mit ihren Urbildern haben könnten, das war jahrhundertelang niemand in den Sinn gekommen. Jetzt hat sich, am Ende einer unermüdlichen zweijährigen Restaurationsarbeit, der sich der Kustos der Abtei, Mr. Howgrave-Graham, gewidmet hat, herausgestellt,, daß die Gipsköpfe der beiden Könige unzweifelhaft authentische Totenmasken sind und keine Phantasie-Nachbildungen. Da die angebliche Totenmaske Dantes der allgemeinen wissenschaftlichen Auffassung zufolge aller Wahrscheinlichkeit nach nicht echt ist, dürfte die jetzt wieder aufgefundene und als solche identifizierte Totenmaske König Edward III. von England, der 1377 starb, die älteste erhaltene Totenmaske in Europa sein. Di« „Nachbildung“ des Kopfes König Henry VII. (1485 bis 1509) hat sich ebenfalls als eine echte Totenmaske erwiesen. Die bedeutsame Erkenntnis für die Historiker liegt jedoch darin, daß sie die Grabmalstatuen der frühen englischen Könige und Königinnen, die man kennt, in neuem Licht zeigt. Die Puppen stimmen in jeder Einzelheit mit den liegenden Nachbildungen auf den Sargdeckeln überein, woraus zu schließen ist, daß sie als Vorbilder für diese Skulpturen dienten. Da man anderseits weiß, daß es schon lange vor Henry III. Brauch war, von den toten Königen „Popanze“ herzustellen, darf man annehmen, daß auch diese frühen Grabmäler „lebensähnlich“ sind und die frühmittelalterlichen Könige tatsächlich so aussahen, wie wir sie von ihren Grabdenkmälern kennen, und keine idealisierten Porträts darstellen.

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