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VON NEUEN BUCHERN

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Mit dem Gedichtband „Sonette für Jan“ von Alma Johanna Koenig macht uns der Luckmann-Verlag mit einem Nachlaßwerk einer österreichischen Dichterin bekannt, die, wie so viele, ihre zwangsweise verlassene Heimat nicht mehr wiedersehen sollte. Alma Johanna Koenig ist uns vor allem durch ihren Roman „Der heilige Palast“ in Erinnerung geblieben. 1925 war die Dichterin Literaturpreisträgerin der Stadt Wien.

Die vorliegenden Sonette halten den sich aufdrängenden Vergleich mit den Sonetten an Ead von Anton Wildgans wohl kaum stand; trotzdem sind sie formschöne und kraftvolle Dichtungen, die über das persönliche Erlebnis des Grundthemas hinaus allgemein gedanklichen und poetischen Wert besitzen.

„Zwölf Gedichte“ nennt sich eine im selben Verlag erschienene Lyriksammlung von Erika M i 11 e r e r. Schon der Verlegenheitstitel verrät, daß die Gedichte keine innere Linie verbindet. Es kann nicht bestritten werden, daß der Band einige reife Gedichte enthält, der Gesamteindruck ist jedoch nicht stark. Die einzelnen Gedichte haben untereinander weder durch ihre Form noch durdi den Inhalt einen inneren Kontakt. Die Tatsache zwölf Gedichte geschrieben zu haben, dürfte wohl kaum genügen, den gegenwärtig an Lyrik ohnedies so reichen Büchermarkt mit einem neuen Gedichtband zu belasten.

Großes Interesse muß hingegen einer vom Kulturreferat der österreichischen Hochschülerschaft herausgegebenen und im Europäischen Verlag erschienenen Gediditsammlung junger Hochschüler, „D as tägliche Bemühe n“, entgegengebracht werden. Zum ersten Male begegnen wir völlig neuen Namen, jungen Menschen, die aus dem Erlebnis unserer Zeit um neue Werte und Formen ringen. Obwohl es die unglückliche Zusammenstellung der Gedichte erschwert, sich über die einzelnen jungen Dichter ein geeignetes Bild zu machen, so kann man doch an den beachtenswerten und hervorstechenden Beiträgen von Hans Heinz Hahnl, Hans Bausenwein und Irene Kutscha nicht vorbeigehen. Echte Dichterkraft steckt in diesen Versen. Wir sollten uns diese Namen merken! Es ist freudig zu begrüßen, daß das Schweigen unserer jüngsten Dichtergeneration durch diese Anthologie gebrochen wurde. Dr. H. M. L.

„Kleine Geschichte Österreichs“. Von Ludwig Reiter. Verlag Lichtner, Wien, 1946, 38 Seiten.

Auf knapp 30 Seiten Oktav kann man mit bestem Willen und noch so großem Wissen eine Geschichte Österreichs, und wäre es auch nur eine „kleine“, unmöglich geben. Es geling auch dem Verfasser nicht; was er wirklich bietet, ist eine geschickt getroffene Auswahl von wichtigen geschichtlichen Ereignissen: Jahreszahlen mit kürzest gefaßten Angaben. An sich zum Repetitorium geeignet, verliert das Schriftchen an Brauchbarkeit durch den Ton, der angeschlagen wird. Ein so kurzer Geschichtsauszug ist auch nicht zu polemischen Urteilen da, auch wenn diese gut gemeint sind. Der Verfasser scheide in einer Neuauflage diese Mängel aus und schreibe daneben eine entsprechend verbreiterte Darstellung, die seiner Auffassung Raum geben soll. Anerkennung sei gezollt dafür, daß der Verfasser nicht nur kriegsgeschidn-liche Ereignisse, sondern auch kulturelle und wirtschaftliche anführte. Dr. T z ö b I

„Bühnenmalerei“. Von Emil P i r c h a n. Wilhelm-Frick-Verlag, Wien, 1946, 174 Seiten mit 133 Bildern, S 9.20.

Seit den großartigen Theaterdekorationen der Barockzeit bildet ungefähr seit einem Jahrhundert das Bühnenbild wieder eine wesentliche Komponente einer Aufführung. Während ein Drama von Shakespeare noch ganz ohne Kulissen gespielt werden konnte, ist die Aufführung einer Wagner-Oper ohne entsprechende Dekoration undenkbar. So hat sich am Theater neben der Kunst des Schauspielers, Sängers, Musikers und Regisseurs auch die Kunst des Bühnenbildners zu einem selbständigen Zweig entwickelt. Die Kunst des Bühnenbildners verlangt aber von dem Künstler, daß er nicht nur mit den Besonderheiten des Materials, welches er verwendet, vertraut ist, sondern im besonderen auch mit den Gesetzen der Bühne und den Möglichkeiten, welche die Bühne der Verwendung des Materials bietet. Der Bühnenbildner wird deshalb ein weit größeres Maß an handwerklichem Wissen besitzen müssen als andere Künstler. Dieses handwerklicht Wissen mußten sich bis jetzt die Bühnenbildner fast immer selbst durch ihre Praxis erwerben, da beinahe gar keine Handbücher vorhanden waren. Professor Emil Pirchan, der Bühnenbildner des Wiener Burgtheaters, hat durch sein Buch „Bühnenmalerei“ diesem Mangel abgeholfen. Sein Werk, das die Erfahrungen eines langjährigen Fachmannes gesammelt wiedergibt, enthält von der Einrichtung einer Kulissenmalerei-werkstatt, über die Zubereitung von Farben und Leim, von der Verwendung der Pinsel bis zu den schwierigen Kapiteln der Diapositivzeichnungen alles, was der Bühnenbildner an praktischem Wissen besitzen muß.

Das auch äußerlich schön ausgestattete Buch wird nicht nur von Fachkräften gelesen werden, auch der Laie wird gerne danach greifen.

„Wenn die Nacht weicht“. Besinnliches Tagebuch eines Häftlings. Von Viktor Reimann. Verlag Anton Pustet, Salzburg, 1946, 94 Seiten,

Das Buch Viktor R e i m a n n s gibt in seinem Titel ungewollt ein Symbol für seine geistige Haltung. Es stehen viele besinnliche Betrachtungen über die verschiedensten Dinge darin, über die Deutschen, über die Engländer, Hitler, Napoleon, teilweise in schöner Sprache, teilweise etwas dozierend. Worauf der Leser von Seite zu Seite vergeblich wartet, ist der Durchstoß vom Besinnlichen zur Besinnung. Es findet sich keine wie immer geartete Gewissenserforschung darin, warum dieses Grauen der letzten Jahre über die Menschheit kam und wer daran Schuld trägt und wie diese Schuld gesühnt werden kann. Es gibt ein paar besinnliche Worte über Gott, aber keine Besinnung zu Gott. Zwielicht beherrscht das Buch.

Im übrigen stehen am Beginn des Buches einige Worte als Motto, die nicht übersehen sein sollen. „Die Menschen können einander des Irrtums zeihen, des bösen Willens aber kaum.“ Solche Worte sind gefährlich, denn sie schläfern ein. Tausende von Schuldigen, von den Angeklagten des Nürnberger Prozesses angefangen, reden sich heute auf „Irrtum“ aus. Ob nicht besser die Worte des Dichters „Wir haben wohl den Mut zu freveln, aber nur selten den Mut zu sühnen“ als Motto stehen sollten? Dr. W. L.

„Mysterion“. Von Leopold Feiler. Rudolf M. Rohrer Verlag, Wien 1946.

Unter der Patronanz des österreichischen Archäologischen Instituts veröffentlicht der Wiener Arzt Dr. Leopold Feiler seine Gedanken vor den Dionysischen Fresken der Villa Item in Pompeji, der sogenannten Mysterienvilla, wobei er den Versuch unternimmt, den Sinn dieser aus der Augusteischen Zeit stammenden Fresken zu ergründen. Das Verdienst des Buches liegt vor allem in der Beschreibung der beigegebenen Bildtafeln, während man der Deutung der Fresken, die ganz durch die Anschauung der Gnostiker bestimmt ist, nur teilweise zustimmen kann, auf keinen Fall im fünften Kapitel das vom Geiste der längst überwundenen Drewsschen Christusmythe getragen ist. tr.

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