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Geschichte in der Dichtung

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Trenck. Die Stunde des Panduren. Von

Georg Wagner. Europäischer Verlag, Wien.

Georg Wagner betritt mit seiner Hörspieldichtung, einer dramatischen Ballade, formales Neuland. Um sie trotzdem mit Hilfe von schon Bekanntem zu charakterisieren, muß ich, was die äußere Atmosphäre, aber auch das innere Seelenklima angeht, auf Schillers Lagervorspiel zum „Wallenstein“, auf Rilkes „Cornet“ und auf Wildes „Ballade vom Zuchthause zu Reading“ verweisen. Franz Freiherr von der Trenck, Pandurenhäuptling, Haudegen, verwegener Kriegsheld, doch leider auch verbrecherischer Gewalt- und Übeltäter, liegt seit Jahren,- von Maria Theresia zu lebenslanger Haft begnadigt, in den Kasematten der Festung Spielberg zu Brünn. Hier hat sich der große Sünder gewandelt. Nun Ist es so weit, daß er den Tag seines herannahenden Todes voraussagen kann, und da legt der Reumütige vor seinen versammelten Offizieren seine große Lebensbeichte ab, deren rückhaltlose Offenheit ihn — so dürfen wir hoffen — vor Gott entsühnt. Diese öffentliche Confessio, umfassender Rückblick und leidenschaftliches Bekenntnis, ist das Kernstück der vorliegenden Funkballade. Es ist abgefaßt in freier, lockerer Rhythmik, in sauber gereimten Strophen. Geschmeidig passen sie sich dem jeweiligen Gehalt an. Zwei eingestreute Lieder geben Würze und Farbe her. Kurze prosaberichte im Zeitton machen mit den geschichtlichen Voraussetzungen bekannt. So ist dem Dichter ein Zweifaches gelungen: einmal ein in den Umrissen tatsachengetreues, historisch belegtes Zeitbild zu geben und dieses dann — eigenschöpferisch da und dort — zum überzeitlichen dichterischen Sinnbild zu erhöhen. Das Gedicht ist dem „ewigen Lands-knechttum“ auch unserer Tage ins Gewissen gesprochen. Dr. Friedrich S a c h e r

Mar« und Venus. Hofintrigen und Frauen um Prinz Eugen. Historischer Roman von Heinz B r u n n e r. Verlag Leopold Stocker, Graz 1950. 368 Seiten, Ganzleinen.

„Der historische Roman kann in viele Tausende die Liebe zur Geschichte säen, denen die geschichtliche Fachliteratur ein verschlossener oder ein sie wenig anziehender Bezirk ist,* Dies die Meinung Heinrich v. Srbiks, eines Berufenen, der zum vorliegenden Roman ein kurzes, aber äußerst lesenswertes Geleitwort hinterlassen hat, In dem er die wissenschaftlichen und künstlerischen Aufgaben dieser Romangattung klar umreißt. Es schließt mit dem Satz: „All diesen Anforderungen scheint mir der historische Roman .Mars und Venus' in sehr hohem Maße gerecht zu werden.*

Ein vollgewichtiges Urteil, das Heinz Brunners großen Roman in die vorderste Linie des Beachtenswerten rücken muß und das zugleich die Fülle der immer neu erscheinenden Romane und Erzählungen aus dem alten Österreich, unter der wir nachgerade zu stöhnen beginnen, in ihre Schranken verweist, nämlich in den Bereich unbilliger, aber auch billigster Schundliteratur. Es gibt Ausnahmen, gottlob, und als eine solche müssen wir das vorliegende Werk unbedingt werten Es bringt eine sehr geschichtstreue Darstellung der politischen Lage in Osterreich und ihrer Wechselfälle während des zweiten Jahrzehnts des 18. Jahrhunderts. Selbst die Frauengestalten und das Romanhafte, das an sie geknüpft ist, ist historisch gegeben und spielte zu jener Zeit sehr nachdrücklich ins Geschichtliche hinein, so daß man hier wirklich von einem Roman sprechen kann, den das Leben und die Zeit gedichtet haben. Daß Heinz Brunner ihn niedergeschrieben hat und dafür, wie er dies zu tun verstand, gebührt ihm unser Dank. War es gewiß kein leichtes Unterfangen, der starken, vielseitigen Persönlichkeit des Prinzen Eugen nahezukommen, so scheint uns fast noch höheres Können in der Wesensdarstellung Karls VI. zu liegen — was wußten wir denn von ihm? Der eine dies, der andere das, wir alle aber viel zuwenig. Dieses Buch ist ein Austriacum, geschrieben von einem, der weder Totengräber noch Schatzplünderer ist, und es rechtfertigt in jeder Hinsicht das so außergewöhnlich günstige Urteil, das ihm Heinrich v. Srbik, am Ende seines reifen und reichen Lebens stehend, gleichsam auch als österreichisches Abschiedswort, gesprochen hat.

Lexikon der Weltliteratur. Bearbeitet von Univ.-Prof. Dr. Heinz Kindermann und Dr. Margarete D i e t r i ch. Dritte verbesserte und erweiterte Auflage. Humboldt-Verlag, Wien-Stuttgart. 1066 Seiten.

Die erste Auflage des vorliegenden Werkes, das damals 928 Seiten umfaßte, erschien vor anderthalb Jahren. Die zweite Auflage von 1950 brachte als wesentliche Bereicherung den „Anhang“, eine nach Nationen geordnete Auswahl der wichtigsten Literaturgeschichten, Nachschlagewerke und Textsammlungen. Die vorliegende, soeben erschienene dritte Auflage bringt den Text des Hauptteiles unverändert, desgleichen den „Anhang“, dagegen einen wesentlich erweiterten „Nachtrag“. Daß infolge der langsamen Herstellung eines solchen Werkes ein Nachtrag unvermeidlich ist, braucht dem Fachmann nicht erklärt zu werden; doch wird die Benützung des Lexikons erschwert, und es wäre 6ehr erwünscht, daß in der nächsten Auflage der vorliegende Nachtrag eingearbeitet und der während der Drucklegung notwendige auf ein Minimum reduziert wird. — Die Vollständigkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Werkes, das etwa 8000 Stichwörter umfaßt und von den ältesten Zeiten bis in die jüngste Gegenwart reicht, kann verbindlich erst nach längerem — jahrelangem! — Gebrauch beurteilt werden. Auch wäre es leicht und verlockend, beim Durchblättern eine Wunschliste aufzustellen, und zwar weniger über die fehlenden Autoren (denn es ist eine bemerkenswerte Vollständigkeit erreicht!), als über den Umfang und die Perspektive einzelner Beiträge. Angesichts des ungeheuren Materialumtangs und der bekannten Schwie-ringkeiten bei der Beschaffung der Daten — insbesondere der Lebenden — aus aller Welt, verdient die Leistung der beiden Bearbeiter dieses Kompendiums alle Anerkennung. Uber die Grenzen, die sie sich selbst gesteckt haben, geben die Herausgeber im Vorwort Rechenschaft. Mit besonderer Befriedigung vermerken wir, daß die Werktitel — mit Ausnahme der Exoten, die zum Teil mit lateinischen Buchstaben transkribiert wurden — in der Originalsprache angegeben 6ind. Da6 wissenschaftliche Niveau des Werkes i6t bei den zahlreichen Stichwörtern nachprüfbar. Der Satz ist 6auber und weist kaum Druckfehler auf. Prof. Dr. H. A. F i e c h t n e r

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