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Maler aus dem Volke

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Der bekannte Wiener Landschaftsmaler Hlavacek sprach einmal den treffenden Satz aus, es sei, der größte Fehler der Künstler, gegen die Dilettanten zu Felde zu ziehen; denn diese lockerten erst das Erdreich für das richtige Kunstverstehen. Dieser Gedanke kam mir in Erinnerung bei einem Besuche der Ausstellung im Ottakringer Volksheim am Ludo-Hartmann-Platz. Schon 1934 richtete Frau Professor Gerda Matejka-Felden jene Volkshochschulkurse ein, die nach längerer unfreiwilliger Unterbrechung nunmehr wieder abgehalten werden. Die Aus-

stellung, deren Arbeiten auf verschiedene

Räume und Gänge verteilt sind, sollen ein Bild der geleisteten Arbeit und zugleich den Beweis für die Richtigkeit der Bestrebungen geben, die aus diesen Kursen mehr als eine bloße Kunstschule für Liebhaber der Kunst machen.

Es ist kein Zufall, daß hier neben dem halbwüchsigen Lehrling der bejahrte Beamte, neben dem Arbeiter der Mittelschuldirektor, neben dem Elektriker der Zuckerbäcker, sidi betätigt, alle von dem heißen Wunsdie beseelt, in der künstlerischen Arbeit jene innere Ruhe und Beglüdung zu finden, in die sich jeder aus dieser chaotischen Gegenwart hineinflüchten möchte. Kommt es unter diesen Umständen wirklich darauf an, daß an so mancher Arbeit noch die Eierschalen des Dilettantismus kleben, daß das Wollen oft noch stärker ist als das Können? Genügt es nicht, wenn da und dort aus einem kleinen Werke eines Unbekannten der göttliche Funke wirklicher Begabung sprüht? Sie alle, die hier mit emsigen Bemühen am Werke sind, in den verschiedensten Materialen und Techniken das künstlerisch auszudrücken, was ihnen am Herzen liegt, haben ja gar nicht die Absicht, mit den Berufskünstlern in Wettbewerb zu treten, und sollte sich unter ihnen ein Talent finden, das bis zu den Höhen der Kunst vorstoßen könnte, müßte man eine solche Entdeckung begrüßen. Wir können uns im neuen Österreich auf keinen Fall den Luxus leisten, wirkliche Begabungen zu unterdrücken, weil sie ihr Lebensweg nicht von vorneherein zur Berufskunst geführt hat. Es kommt einzig und allein darauf an, wem die Berufung geschenkt wurde.

Mit Wehmut betrachtet man die Bilder des in Rußland gefallenen Richard Apfelauer, dessen starke Begabung schon vor mehr als einem Jahrzehnt unser Interesse erweckt hat. Ein eigenwilliges Talent, dem das Leben hart mitspielte. Diese Lebensnot und dieses harte Ringen um künstlerische Befreiung spiegeln sich auch in seinen verschiedenen bemerkenswerten Arbeiten wider, die den frühen Tod Apfelauers bedauern lassen.

Ob diese Maler aus allen Schichten des Wiener Volkes nun ihre Motive aus eigenen Empfindungen und Erinnerungen nehmen oder der Natur ihre Schönheiten abzulauschen versuchen, immer spürt man die behutsame, liebevolle Führung ihrer Lehrerin, die sich damit ein Verdienst erwirbt, das ihr nicht nur jene danken sollten, die sich ihr als Schüler anvertraut haben.

Die Buchproduktion der Schweiz

In bekannten Schweizer Verlagen erscheinen gegenwärtig Gesamtausgaben führender Dichter und Erzähler der deutschen Literatur; so ist im Scientia-Verlag, Zürich, die dritte Folge der schönsten Erzählungen Adalbert Stifters herausgekommen, die neben einer Einführung von Dr. Hans Schumacher folgende Erzählungen enthält: „Die drei Schmiede des Glücks“, „Prokopus“, „Der Waldbrunnen“, „Der fromme Spruch“ und die „Nachkommenschaften“. Ebenfalls von Dr. Schumacher eingeleitet, ist im B ü h 1 - V e r 1 a g, Henliberg-Zürich, soeben der erste Band einer Theodor-Storm-Gesamtausgabj erschienen, der neben den Gedichten die Novellen „Immensee“, „Angelika“ und „Auf der Universität“ bringt. Im Artemis-Verlag, ebenfalls Zürich, sind die ersten fünf Bände von Carl Spittelens Gesammelten Werken, herausgegeben von Wilhelm Altwegg, Gottfried Bohnenblust und Robert Faesi, erschienen. Die Ausgabe wird elf Bände umfassen.

Im Verlag A. Francke, Bern ist in dar Reihe „Überlieferung und Auftrag“ Romano Guardinis „D er Tod des Sokrat“ erschienen, im Verlag der Arche, Zürich, eine Kardinal John Henry Newman-AuswsM „Zwiesprache des Lebens“ Im Verlag der Friedrich Reinhardt A. G., Basel, ist eine sehr interessante Schrift von Karl Jickendraht „Sieben Thesen wider den Nietzsche-Geist“ herausgekommen.

In der Mundus-Verlag A. G. (Basel) sind in der Schriftenreihe „Erbe und Gegenwart“, die einem „sozialen Humanismus“ dienen will, neben Gorkis Roman „Die Mutter“ die Aufsätze aus der großen Sowjetenzyklopädie über Friedrich Engels erschienen.

Der Pegasus-Verlag, Zürich, gibt eine Buchreihe „Der Staat als Theorie“ heraus, von der Band 1 bis 3 erschienen sind: J. J. Rousseau: Der Gesellschaftsvertrag. Nach der Übertragung von A. Marx durchgesehen und revidiert von Dr. W. Widmer, 171 S. — N. M a c h i a v e 11 i i „Der Fürs t“. Vollständige Übertragung von E. Merian-Genast, 111 S. — F. M. Dostojewski: Auswahl aus den politischen Schriften. Auswahl und Einleitung von L. Wiedner. Ubersetzt von Ch. Andres, 91 S. (Pegasus-Verlag, Zürich).

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