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Gesünder leben — länger leben. Praktischer Ratgeber für jedes Alter. Von Leopold Schönbauer. Forum-Verlag, Wien-Frankfurt 195s. 403 Seiten.

Populärmedizinische Bücher sind am besten, wenn sie von hervorragenden Autoritäten der Medizin verfaßt sind. Prof. Schönbauer hat es sich nicht verdrießen lassen, ein auch im guten Sinne populäres Buch zu schreiben. Er tritt hier nicht als der große Chirurg dem Leser entgegen, sondern als Arzt schlechthin, der auch über die alltäglichsten Dinge der Gesundheitspflege spricht — die vielleicht gerade darum so wichtig sind, weil sie alltäglich und darum selbstverständlich sind, aber trotzdem so oft verhängnisvoll übersehen werden. Als Arzt im Sinne des universellen Praktikers spricht Schönbauer zum Leser, wenn er seinem Buche über Gesundheitspflege das Kapitel „lieber den Umgang mit Aerzten“ vorausschickt. Das müßte jeder — auch der Arzt — gelesen haben. Anschließend werden die einzelnen Lebensalter — vom Säuglingsalter bis zum Tode — ihren spezifischen gesundheitlichen Problemen nach behandelt. Nicht folgen kann man dem Verfasser, wo er sich über die Fragen der Sterilisation und der Empfängnisverhütung verbreitet. In den Fragen der Sexualhygiene ist er der Schwierigkeit der Problematik nicht gerecht geworden. Eine kurze Andeutung der hygienischen Bedeutung der Eheberatung wäre wohl erwünscht gewesen. Abgesehen von diesen Ausstellungen kann das Buch als Hausbuch bestens empfohlen werden.

Geheilt entlassen. Von Gertrud Hummel. Verlag Ferdinand Berger, Horn. 229 Seiten.

Die Autorin schildert in Romanform ihre anscheinend selbst erlebte Krankengeschichte: Zunächst eine einfache Blinddarmoperation; an diese schließen sich die schwersten Komplikationen: eine zu spät erkannte Darmlähmung (Ileus), die im letzten Augenblick operativ behoben wird; darnach weitere Komplikationen, wie Bauchdeckenfisteln durch Fadeneiterungen, die operiert werden müssen, zum Schluß die Operation eines Bauchnarbenbruches. Die Darstellung ist zwar laienhaft, aber sachlich gut und glaubhaft; das .gesamte Krankenbild trotz seiner Schwere doch ziemlich stark „psychogen überlagert“. Lehrreich für den Arzt ist die Erwägung, was aus einem Versehen bei der Nachbehandlung nach einer einfachen, alltäglichen Operation alles werden kann; doch allzuviel Neues wird der Arzt auch aus diesem sicher nicht alltäglichen Krankheitsbericht lernen können. Eindrucksvoll geschildert sind die Charaktere der verschiedenen Aerztetypen: vom geschniegelten Zimmerarzt des Luxussanatoriums bis zu den großen Persönlichkeiten des Chirurgen und des Gynäkologen, die der Patientin schließlich das leben gerettet haben. Das wertvollste an dem Buche sind die tiefen religiösen Momente, die die Verfasserin an den entscheidenden Stellen aufleuchten läßt. Zusammenfassend aber muß man sagen, daß es Zeit wäre, mit der Modeware von Romanen aus dem Arztleben und den belletristischen Darstellungen von Operationen endlich Schluß zu machen.

Weltbild der Medizin. Von Hugo Glaser. W. Maudrich, Wien. 162 Seiten. Preis 42 S.

Nach einer historischen Einleitung über die Wandlungen des Weltbildes der Medizin, die ein Abbild der geistigen Wandlungen der Zeiten sind, führt der Verfasser unmittelbar in Probleme der modernen praktischen Medizin ein: Chemotherapie, Antibiotika, Vitamine und Hormone, Allergie, medizinische Psychologie usw., um schließlich nach einem Kapitel über Prophylaxe zum eigentlichen Thema des „Weltbildes“ zu kommen. Dies geschieht im vorletzten Kapitel „Theorien der Medizin“. Hier wird, ausgehend von V i r c h o w s Zellularpathologie bis zu den modernen Krankheitslehren der Relationspathologie von R i c k e r, der Neuraipathologie von Speransky und zur Adaptationslehre von S e 1 y e ein kurzer Ueberblick gegeben, wobei der Verfasser sich an die Lehre von P a w 1 o w über die bedingten Reflexe anlehnt. Im Schlußkapitel „Die übrigen Figuren“ werden heterogene Dinge kurz gestreift, wie die neue Narkosetechnik, die psychosomatische Medizin, das Krebsproblem. Der Verfasser kommt zum Resultat, daß das Weltbild der Medizin von heute auf Erkenntnissen aufgebaut ist, die im Laboratorium und im Experiment gewonnen sind.

Es scheint, als wenn dem Verfasser unter „Weltbild“ etwas anderes vorschwebte als das, was der Referent sich darunter vorstellt. Um ein Weltbild in des Wortes vollem Sinne aufzubauen, ist die Laboratoriumsforschung unzulänglich. Wir müssen erkennen, daß „Forschung“ sich nicht nur auf die positivistische Tatsachenforschung beschränkt. Sie verlangt zunächst die bereits anerkannte Basis der Grundlagenforschung, drängt aber nach dem krönenden Abschluß durch eine universalistische Zusammenhangsforschung. Die Zusammenfassung dieser drei Forschungsrichtungen erst kann zu dem führen, was den Begriff „Weltbild der Medizin“ ausschöpft und erfüllt.

Krebs ist heilbar. Von Kurt Pollak. Humboldt-Verlag, Frankfurt-Wien. 158 Seiten. Preis 30.65 S.

Wenn man den Titel und die Aufmachung des kleinen Büchleins betrachtet, gewinnt man den Eindruck unseriöser Populärlitcratur. Der Inhalt überrascht in wissenschaftlicher Hinsicht erfreulich; der Verfasser hat sich ja auch einen guten Namen gemacht durch einige populärwissenschaftliche Werke von gutem Niveau (Der Naturarzt, d?r neue Hausarzt). Trotzdem kann man hier das Bedenken nicht unterdrücken, ob es notwendig und zweckmäßig ist, ein populärmedizinisches Werk mit soviel Einzelheiten zu belasten. Dem Leser ist damit nicht gedient, wenn er es nicht versteht; und wenn er es versteht, ist ihm damit noch weniger gedient, weil er dann die Grenzen seines Halbwissens nicht sieht und dann glaubt, alles zu wissen, womöglich besser als sein Arzt. Der Titel „Krebs ist heilbar“ erweckt zudem falsche Hoffnungen bei dem, der die Voraussetzungen der Heilbarkeit nicht kennt und nicht beachtet.

Krebs. Sein Gesetz und sein Geheimnis. Von Friedrich F a b e r. Eduard Wancura Verlag, Wien-Stuttgart. 314 Seiten.

Hier ergreift ein Biologe, nicht ein Mediziner das Wort zum Krebsproblem. Er beginnt mit der Feststellung: „In Wien stirbt alle zwei Stunden ein Mensch an Krebs.“ Das wirkt alarmierender als die nüchterne Feststellung einer Letalität von zwanzig Prozent. Davon abgesehen, enthält das Werk sicher manche wertvolle Beiträge zur Theorie der Krebs-entstehung Der Verfasser geht von der Erwägung aus, daß die verschiedenen Kulturepochen ihre besonderen Krankheiten haben, die aus dem Zeitgeist heraus zu verstehen sind: das Mittelalter die Pest, der Beginn der Neuzeit die Syphilis, das 19. Jahrhundert die Tuberkulose, unsere Zeit den Krebs. Er sucht, den Krebs historisch und evolutio-nistüch verständlich zu machen als einen „Progo-nismus“, als Rückentwicklungstendenz verselbständigt wuchernder Zellen, die sich aus der Ente-lechie des Gesamtorganismus gelöst haben.

Wer sich mit der metaphysischen Seite eines Krankheitsproblems auseinanderzusetzen sucht, wird in dem Buch anregende Gedanken finden.

Via triumphalis. Nobelpreisträger im Kampf gegen den Tod. Von Rudolf Erckmann unter Mitarbeit von: Dr. Hellmuth U n g e r, Dr. Gerhard V e n z m e r, Dr. Fritz Kaudewitz, Dr. Hermann Engelhard, Dr. Otto A r m b r u s t e r, Dr. Richard Carstensen, Dr. F. W. S p e m a n n. W.-Andermann-Verlag, München-Wien. 316 Seiten. Preis 98 S.

Der Herausgeber und seine Mitarbeiter stellen in diesem Werk die heroischen Lebensgeschichten von Männern der Wissenschaft dar, die nach zähen Kämpfen für ihr Werk sich durchsetzten und mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden: Robert Koch, Emil von Behring, Paul Ehrlich, Julius von Wagner-Jauregg, Gerhard D o m a g k, Emil Fischer, Karl Landsteiner, Otto Warburg, Adolf Windaus, Adolf Butenandt, Hans. S p e m a n n u. a.

Daß hierbei die Vertreter der reinen Laboratoriumsforschung über die Kliniker überwiegen, kann den nicht wundernehmen, der weiß, daß für die Aera des Positivismus der Begriff der Wissenschaft mit dem der Laboratoriumsforschung nahezu identisch ist. Es handelt sich allerdings um wirkliche Großtaten der Wissenschaft, die von ihren Autoren nur mit heldenhaftem Einsatz ihres ganzen Lebens verwirklicht werden konnten.

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